Berlin

Kristin Otto wurde zur Feuertaufe als Moderatorin in das Rennen geschickt. Den Vergleich mit den „Profis“ bestand sie allemal!

Achtung Sendung: Am 24. März 1990 ab 21.20 Uhr wurde die Sendung „Sport Party“ im II. Programm Deutscher Fernsehfunk als Direktübertragung ausgestrahlt. Nach dem Verlesen der Nachrichten im Studio Adlershof erfolgte die „Schalte in das Hotel „Stadt Berlin“ zu Moderatorin Andrea Horn“, die begrüßte und leitete über zu Kristin Otto.

Kristin Otto grüßte die teilnehmenden Gäste, darunter die USA-Fußball Mannschaft und das IOC-Mitglied Prof. Dr. Willi Daume. Gast war der Fußballtrainer des Jahres Jörg Berger von Eintracht Frankfurt Main, Jürgen Croy Torwartlegende der DDR-Nationalmannschaft sowie weitere Spitzensportler, alles Spitzen Athleten. Walter Eschweiler war damals der populärste Schiedsrichter, auch er kam in der Sendung mit seinen flotten Sprüchen gut an, war er doch eine „rheinische Frohnatur“.

Der souverän agierende Gottfried Weise führte per Zuschaltung ein Gespräch mit Franz Beckenbauer und Gerhard Kohse fragte Willi Daume, „wird es 1992 eine gemeinsame deutsche Olympia Mannschaft in Barcelona geben?“ Willi Daume betonte, „wenn wir ein geeintes Land sind, ein gemeinsames Training der Sportler gestalten, alle sozialen Probleme lösen, werden wir eine Deutsche Mannschaft stellen“.

Wolf Hart „Berliner Zeitung“ schrieb darüber unter „Etwas weniger wäre mehr fürs Ganze“ am folgenden Montag: „Ist das nun „unser“ Sportstudio? Man scheute keine Anstrengung, um interessante Leute heranzuholen“.

Sport Party mit Moderatorin Kristin Otto

Talk & Pop Music aus dem Hotel Stadt Berlin am Alexanderplatz - heute Park Inn Hotel: Spannung und Rasanz, wie beim "Fußballspiel der Prominenten".

Historie & Memoires sind nachgefragte Themen – Erinnern Sie sich noch?

In den Feedback Mails an die ReiseTravel Redaktion lautet oft die Frage:

Wie war das damals, wer machte wann was?

Am 9. November 1989 wurde die „Grenze“, der „Antifaschistische Schutzwall“, die „Mauer“ geöffnet. Ab diesem aufregenden Tag überschlugen sich alle Ereignisse, diese beeinflussten massiv und intensiv, jeden einzelnen Bürger. Am 18. März 1990 fanden in der DDR die ersten freien Wahlen statt.

Ein paar Tage später hatte die neue Internationale Show "Sport Party" im DDR TV ihre Premiere. Eine spannende Zeit. Ein Aufbruch zu neuen Ufern!

ReiseTravel bat den „Macher“, Autor und Regisseur Gerald H. Ueberscher um nähere Informationen: Wie war das damals, im März 1990? 

Berlin ist eine Reise wert und der Alex eine ideale Location?

Ja, der Alexanderplatz Berlin war und ist immer eine gute Adresse im Zentrum von Berlin. Seit 1805 trägt er den Namen von Zar Alexander aus Russland. Im attraktiven Blickpunkt der Fernsehturm und das Hotel „Stadt Berlin“ – heute Park Inn. Mit seinen 37 Etagen und 125 Meter Höhe wurde es am 7. Oktober 1970 eröffnet. Im Hotel nächtigten Künstler aus dem Ausland, die ich oft für die Künstler Agentur betreute, im Saal inszenierte ich als Redakteur und Regisseur Shows und Unterhaltungs-Programme und hier hatte ich „meine“ Frau kennengelernt. Treffpunkt der Szene war die „Mocca Bar“, daneben der „Alex Grill“, hier konnte man gut speisen. Im Hotelrestaurant war die „Rotisserie“ und die hieß nur „Rotte“, eine feine Adresse mit köstlichen Speisen und freundlicher Bedienung. Ich war nicht unbedingt Stammgast, aber oft anzutreffen.

Mitte Dezember 1989 besuchte ich die „Rotte“, auf Wunsch von „Madame“ meiner Tochter, die gern auf einem Barhocker am Tresen vor dem Grill saß und dieser Platz war direkt am Eingang. Die Tür öffnet sich und vor mir steht Wolfgang Reichardt. Bereits seit 1968 waren wir freundschaftlich verbunden. Im Rahmen der Fernsehsendung „Sonderstudio Verfassung“ hatten wir erstmals zusammengearbeitet, später war er Chefreporter des Senders. Oft setzte ich ihm in meine Programme als „Sprecher“ ein. Ein begnadeter Conférencier, immer korrekt gekleidet. Jederzeit war er über meine künstlerischen Aktivitäten bestens informiert, auch aktuell. 

...und das Ergebnis des Gesprächs?

Wolfgang Reichardt war Hauptabteilungsleiter Sport beim DFF in Adlershof: „Ich hätte da etwas. Gern würde ich mit dir kooperieren“ und wir verabredeten uns für die nächsten Tage in Adlershof. Dem folgten weitere Absprachen und ich erhielt vom Deutschen Fernsehfunk einen Vertrag als Redakteur: Am 24. März 1990 wurde die Sendung „Sport Party“ im II. Programm Deutscher Fernsehfunk als Direktübertragung ausgestrahlt.

Beim „Deutschen Fernsehfunk“ hatte sich einiges geändert, nicht nur der Name des Senders, auch hatten sich die Reihen gelichtet, alte „Kader“ waren entlassen, andere bereits bei Sendern in der alten BRD.

In den vergangenen Jahren hatte ich zahlreiche Programme auf der Bühne inszeniert, mittlerweile auch den Machern im „Westen“ intensiv über die Schulter geschaut, was machen die „anders oder besser“, dem war aber nicht unbedingt so.

In die folgenden redaktionellen Gespräche einbezogen wurde der neue Redaktionsleiter Lothar Zoller sowie Horst Sauer als Fernsehregisseur und diesen kannte ich ebenfalls aus dem Jahre 1968, bei der „Aktuellen Kamera“ war er damals 1. Kameramann, hinzu kamen weiteren Fernsehmitarbeiter. Alles Festangestellte ich war „Freier“. 

Und inhaltlich?

Wir wollten etwas „Neues einfach Anderes“ auf den Bildschirm bringen und inhaltlich nicht mehr „so, wie es bisher im alten DDR-Fernsehen war“. So lautete ja auch mein schriftlicher Vertrag und Auftrag. Meine redaktionellen Vorstellungen unterbreitete ich, nannte Namen von eventuellen Mitwirkenden.

Auf Anhieb wurde mein Vorschlag: „Sport Party im DFF“ aufgegriffen. Dem folgte die Frage: Wer moderiert oder tritt als Entertainer auf. Relativ schnell hatten wir uns auf die fachlichen „Interview Moderatoren“ geeinigt, Gottfried Weise und Gerhard Kohse. Beide waren erfahrene Sportreporter und weltoffen. In der Sendung wurden beide „Garanten“ für unseren gemeinsamen Erfolg, allein durch die gekonnt geführten Interviews.

Wer sollte „interviewt“ werden: Bekannte Sportler, breit gefächert und aus unterschiedlichen Sportarten. Persönlichkeiten aus Ost und West, dem Ausland und besonders solche, die etwas „informatives Sagen können“. Diese „Liste“ wurde lang, zu lang und täglich noch länger. 

Wer waren diese Mitwirkenden und wer der Moderator? 

Blieb die Frage, wer führt durch den festlichen Abend, welche Künstler treten auf und das dauerte, bis zur endgültigen Entscheidung. Manche redaktionelle Überlegungen konnten nicht umgesetzt werden, es lag ein simpler Grund vor: Wir lebten in der DDR, verfügten nur über Mark der DDR und die „Stars“ aus dem „Westen“ wollten „richtiges Geld“ in Form von D-Mark. Zum Glück hatte ich einen Sponsor gefunden, Müller Milch. 

Die „Winners“ waren eine aktuelle super Song Formation, kamen aus dem Westen und sangen ohne Valuta. Ute & Jean aus Halle Saale begeisterten mit dem Hit des Jahres „Lambada“ und Michael Barakowski verzauberte mit seinem Titel „Zeit, die nie vergeht“. Wenige Tage nach unserer Sendung trat er übrigens in der ARD auf: Michael Barakowski war als erster DDR-Sänger am gesamtdeutschen Vorentscheid des Grand Prix d’Eurovision de la Chanson beteiligt und belegte den achten Platz.

Wir wollten die „Sport Party“ weltoffen gestalten, interessant für Zuschauer in Ost und West. Wer könnte der Moderator sein?

Ein absoluter Sportler der Spitzenklasse, ein Vorbild und Idol für ganz Deutschland, einer von uns, eben „unser aller“ Held!

Mein Vorschlag lautete: Kristin Otto als Ansagerin, als „neu entdeckten“ Conférencier einzusetzen. Erstmals hatte ich sie am 4. September 1986 in der Veranstaltung „Sport & Show“ im Felsenbad Landsberg mit Erfolg eingesetzt, das war ein Absolutes Show Event der Spitzenklasse. Und natürlich im "Fußballspiel der Prominenten", wirkte sie mit.  

Kristin Otto war eine erfolgreiche junge Dame, die es verstand die Zuschauer in ihrem Bann zu ziehen. Natürlich erbat ich ihre Mitwirkung in meinen weiteren Programmen, wenn es ihre „freie Zeit“ erlaubte war sie dabei. Die 1966 in Leipzig geborene Kristin Otto gewann 6mal Gold bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul und wurde „Europas Sportlerin des Jahres 1988“. Seit einiger Zeit sammelte sie Erfahrungen bei einem Radiosender in Leipzig, übte sich in ihrer Aussprache und Rhetorik.

Mein Vorschlag erstaunte und überraschte, aber jeder kannte sie, zumindest vom Namen und schon tauchten neue Fragen auf: Kann die das, macht die das, schafft die das!

Kristin Otto wurde engagiert, gebrieft und meisterte ihre Aufgabe mit Bravour. An ihre Seite - als Sport Moderatoren - stellte ich den Entertainer Frank Schöbel, den kannte ich seit 1967, er war oft in meinen Shows, spielte mehrfach im „Fußballspiel mit Prominenten“ mit, eben ein Star. Hinzu kam die sympathische junge Fernsehansagerin Andrea Horn, die machte das Trio komplett und sie bildete nicht nur eine optische Augenweite. 

Eine perfekte Fernsehsendung?

Nach der Sendung registrierte ich: Wir hatten ein buntes Programm produziert und das kam beim Fernsehzuschauer an. Eine perfekt inszenierte Talk & Pop Music Show, eine Mischung aus Sport und Entertainment. Es war eine Livesendung also direkt, keine Aufzeichnung und nichts konnte – hinein oder heraus – geschnitten werden. Jeder Mitwirkende wurde kurz vor der Sendung noch einmal gebrieft, dann rief der Aufnahmeleiter: Achtung Sendung!

Bisher zeichnete der DFF alle Sendungen auf, dem folgte die "Abnahme" durch die Vorgesetzten und dann erst wurde ausgestrahlt. Bei mir lautete das Motto: Life ist live!

Leider waren die Wortpassagen zu lang geraten und Frank Schöbel verpasste seinen ersten Auftritt. Doch die beiden Damen - Kristin Otto und Andrea Horn - meisterten diesen Hänger und Lapsus mit Bravour.

Keine Entschuldigung für eine Panne, aber es war eben eine Zeit des Umbruchs und das betraf alle Mitwirkenden, alle Menschen im Osten überhaupt. Man war mit „seinen“ Gedanken immer wo anders, wie geht es mit mir weiter?

Mein redaktioneller „Sport Party“ Start erfolgte Ende Januar unter der „Regierung Hans Modrow“, der alten DDR und endete am 24. März nach den Neuwahlen zur Volkskammer der DDR vom 18. März mit einer „anderen“, völlig neuen Regierung. Nicht nur am Eingang zum Fernsehsender in der Rudower Chaussee hingen Aufrufe zu Demos, „wehrt euch gegen die Konkurrenten aus dem Westen“, war zu lesen. Keinesfalls stand darauf, wie es weitergehen sollte. Die gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR hatten sich gewandelt und die „Machtverhältnisse“ über Nacht komplett verändert. Das war überall zu spüren, überall. Wie erwähnt, keine Entschuldigung, nur eine Anmerkung. 

Gab es Fernsehkritiken und Rezensionen in den Medien?

Natürlich, jede Menge. Unter der Headline „Lange TV-Party“ schrieb das „Neue Deutschland“ am Montag: „Die Prominenten Palette war bunt und glitzerte, als am Samstagabend der Deutsche Fernsehfunk zu seiner Premiere „Sport-Party“ einlud: Willi Daume, die van de Kerkhof Zwillinge, Ulf Timmermann, Jürgen Croy, Uwe-Jens Mey –, um nur einige zu nennen. Und die Absicht, den Sportenthusiasten abseits des aktuellen Geschehens Unterhaltsames zu servieren, ist mehr als löblich. Schließlich gibt es auf dieser Strecke, einigen Boden gutzumachen. Keine Geringere als die sechsfache „Schwimm-Königin“ von Seoul, Kristin Otto, wurde zu ihrer Feuertaufe im neuen Metier als Moderatorin in das Rennen geschickt. Den Vergleich mit den „Profis“ bestand sie allemal. Insgesamt indes blieben die Adlershofer um einiges von Meisterform entfernt. Oft zu hausbacken waren die Fragen, um die Gäste aus der Reserve zu locken. Ein Glück, dass Schiedsrichter Walter Eschweiler zu den Eingeladenen gehörte“. Das schrieb Volkmar Russek. 

Meine Produktionsleiterin Petra Kießling hatte ich um die Einrichtung eines "Presseraum“ gebeten. Diese Idee war völlig neu, wurde aber aufgegriffen, Journalisten konnten Platz nehmen. Dieser Einladung waren rund 30 Medienvertreter gefolgt, vor allem aus dem Westteil, der noch geteilten Stadt.

Bereits im Januar 1990 hatte ich beim ZDF in Mainz Karl Senne kennengelernt, der war Sport Chef und leitete das „Aktuelle Sportstudio“. Im Gespräch erwähnte ich meine Arbeit als Redakteur der „Sport Party“. Er hegte Interesse und kam am Abend zur Sendung nach Berlin. Nun nahm er, „bitte nur als stiller Beobachter und keine Erwähnung meiner Person“, sehr diskret Platz. Erst in der folgenden After Show Party wurde er „erkannt“.

Karl Senne fragte mich, ob er mit Kristin Otto ein Gespräch führen könnte. Natürlich erfüllte ich diesen Wunsch und stellte beide vor. Zur Verabschiedung sagte Karl Senne: „Kristin Otto bitte kommen sie nächste Woche nach Südtirol, von dort übertragen wir unser Aktuelles Sportstudio“. Ab diesem Termin wurde Kristin Otto eine erfolgreiche TV-Moderatorin beim ZDF.

Kristin Otto gewann 6mal Gold bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul und wurde „Europas Sportlerin des Jahres 1988“.

Kristin Otto im Interview Sportreporter Klaus Jürgen Alde ReiseTravel.eu

Interview nach dem Olympia Sieg mit Sportreporter Klaus Jürgen Alde.

Sport, Show und Politik in der DDR?

Mit Beginn meiner „Sport Veranstaltungen“, Mitte der 70er Jahre, stellte ich als Redakteur und Regisseur immer wieder fest: Die DDR Verantwortlichen möchten keinen Profisport und eine „Vermischung mit Sportlern auf der Unterhaltungsbühne“ kommt nicht infrage.

Beim Verpflichten „bekannter Athleten“ hatte ich oft Probleme und daher meine eigenen Erkenntnisse gewonnen. Die Show "Fußballspiel der Prominenten" fanden Anklang, Sportler waren ständig Gast in der "MUSIKAUKTION" oder bei 775 Jahre Dessau, im Heiratsmarkt und der Vision Zukunft. Leider war so mancher Funktionär ein "Politnik". Also hatte ich zur Sport Party neue "Ideen".  Von Erfolg gekrönt.

Pop & Rock Music in der „Sport Party“

Michael Barakowski (1954-2018) sang seinen größten Hit: „Zeit, die nie vergeht“. Er sprach über seinen Auftritt, als erster DDR Bürger, am „Grand Prix Eurovision de la Chanson“, als Interpret unter den Namen „Kennzeichen D“. Hier belegte er übrigens den achten Platz.

„Sport Party“ TV Sender DDR II aus dem Hotel Stadt Berlin Alexanderplatz: 

Michael Barakowski machte sich vor allem mit der Band „Perl“ und mit den „Smokings“ einen Namen. Sein größter Hit: „Zeit, die nie vergeht". Zum Konzert Auftritt in der legendären MUSIKAUKTION "rockten" die Zuschauer.

Zur Live Sendung war Karl-Heinz „Charly“ Neumann vom FC Schalke 04 anwesend und heftete den Interpreten einen Sticker an sein Jackett. Viel Extra Applaus.

Karl-Heinz „Charly“ Neumann (1931-2008) war Gastronom und gelernter Bäcker. Bekannt war er als Mannschaftsbetreuer des FC Schalke 04. Bilder des weinenden Charly Neumann bei den Bundesligaabstiegen in den 1980er Jahren versinnbildlichten den damaligen Niedergang des Traditionsklubs. Seit den 1990er Jahren verkörperte er nach außen nostalgisch das „alte“ Schalke der Glückaufkampfbahn-Ära und erzeugte weiter Stoff für zahlreiche Anekdoten. Danach war Charly Neumann Mitglied des Ehrenpräsidiums vom FC Schalke 04. Zur legendären „Sport Party“ mit Kristin Otto des DDR TV war er Gast.

Ute & Jean begeisterten mit dem Hit des Jahres 1989 „Lambada“

Ute & Jean. Ute Tauscher (1962) und Jean Löffler (1949). Die gelernte Verkäuferin Ute wuchs in Rostock auf und sang in verschiedenen Gruppen. Jan, der in Belgien geborene und ab 1951 in Halle lebende Lehrer für Physik und Polytechnik, hatte Schlagerproduktionen vorzuweisen. Mit "Halt mich" schafften sie 1984/85 den Durchbruch. Zwei Entertainer par excellence. Ihre Auftritte im Heiratsmarkt ein Genuss.

Sensation:

Willi Daume erstmals im DDR Fernsehen?!

Willi Daume (1913 bis 1996) war eine öffentliche Persönlichkeit. Er war Teilnehmer der Olympischen Spiele von 1936 in Berlin, aktuell Sportfunktionär und in der Bundesrepublik. Präsident des NOK – Nationales Olympisches Komitees. Als Vorsitzender der IOC-Zulassungskommission hatte er Einfluss auf die Vergabe der Olympischen Spiele an die Bewerberstädte.

In den vergangenen Jahren wurde Willi Daume in den DDR-Medien immer zu den „Bonner Ultras“ zählend bezeichnet und er war in der NSDAP als aktives Mitglied. Im Prinzip galt er als „Feind der DDR“. Mein Ehrgeiz entflammte, ich wollte Willi Daume in der „Sport Party“ einsetzen und unterbreite meinen Vorschlag.

Erstaunte Blicke: „Der kommt nie“, bis hin zu „den bitte nicht“ waren die Meinungen. Wolfgang Reichardt sagte: „Mach es!“

Über Ulli Meier, ein früherer Sportchef, erhielt ich die Telefonnummer. Obwohl die Grenze offen war, telefonieren war nicht einfach, direkte Verbindungen waren technisch kompliziert.

In der Bernauer Straße, in Westberlin, hatte die Telekom Telefonzellen aufgestellt und mit einer Telefonkarte konnte man von hier aus relativ gut Gespräche führen.

Nun begann mein Part, mit der Anfrage: Willi Daume als Interviewgast in der Sendung „Sport Party“ Deutscher Fernsehfunk in (Ost) Berlin einzusetzen.

Solche Anfragen waren für mich keineswegs neu. Jeden Mitwirkenden musste ich ja immer kontaktieren, den redaktionellen Inhalt abklären und den exakten Termin festlegen. Normale berufliche Arbeit. Für mich war das hier doch etwas anders, eine so populäre Persönlichkeit des öffentlichen politischen Lebens. Daume war oft im „West-TV“ zusehen und dann auch noch in den „Osten“ einladen, in deren Medien er bisher nur „negativ“ eingestuft wurde.

Sicherheitshalber hatte ich mir eine „Abhak-Liste“ gefertigt, in einer Telefonzelle sollte man keine Frage vergessen. Ich sprach mit der Sekretärin und trug mein Anliegen vor.

Naturgemäß rufen bei so einem „wichtigen Mann“, einer Persönlichkeit des politischen Lebens, zahlreiche Menschen an, und wenn diese beim „Angerufenen“ nicht bekannt sind, kann es etwas schwierig werden, man wird nicht „verbunden“. Auch hier war es so.

Interessiert zeigte sich die Sekretärin und wollte „nach Prüfung meiner Anfrage“ meine Telefonnummer haben. Völlig normal.

Doch musste ich erst die komplizierte Prozedur meines Anrufes, von einer Telefonzelle in Westberlin, erläutern. „In gut einer Stunde bin ich in meinem Büro in Ostberlin erreichbar“, informierte ich.

Zwei Stunden später klingelte mein Telefon, die Sekretärin sagte: „Ganz schön kompliziert“, damit meinte sie die Telefonverbindung.

Eigentlich hatten wir im ersten Telefonat alles besprochen, sie wollte sich nur „Rückversichern“, schließlich stand der Präsident im „politischen Mittelpunkt“ und sie wollte auf Nummer sicher gehen.

Wir besprachen weitere Details. Aus Erfahrung stellte ich auch gleich praktische Fragen, die normalerweise das Besetzungsbüro erledigt: Willi Daume reist mit dem Flieger nach Berlin Tegel, der Deutsche Fernsehfunk holt ab, Übernachtung im Hotel „Stadt Berlin“ und am nächsten Tag erfolgt sein Rücktransport nach Tegel. Kosten jeglicher Art entstehen nicht, das Fernsehen sendet einen Vertrag.

Das Ergebnis meines Telefonates meldete ich, der Vertrag wurde gesendet und über die Grafik ein A4 Schild beschrieben „Herr Professor“ für die Abholung in Tegel.

Während der beiden Telefonate sagte mir mein „Bauchgefühl“ der Professor steht neben dem Telefon und hört mit, er bestätigte mir zur Sendung meine Ansicht. Ich lag also richtig.

Willi Daume sendete den erhaltenen Vertrag nicht zurück, jedoch bedankte er sich für den Brief vom 6. März 1990: „Telefonisch habe ich Herrn Ueberscher bereits meine Zusage gegeben“. Und fährt per Telefax fort: „Selbstverständlich stehe ich ihnen zur Beantwortung jedweder Art von Fragen zur Verfügung.

Da das Problem „Olympia Berlin“ im Mittelpunkt stehen soll, so wäre ich dankbar, wenn dieses Thema im weitesten Sinne aufgefasst werden könnte. Ich glaube, dass diese Gesichtspunkte im Augenblick von besonderer Bedeutung sind, aber, wie gesagt, sie sind in der Fragestellung vollständig frei. Mit guten Grüßen Willi Daume, NOK Präsident“.

Ein kluger und weitsichtig denkender Mann.

Es folgte ein nochmaliges Telefonat und wir vereinbarten, am Gate steht eine junge Frau, holt sie ab und hat ein Schild „Herr Professor“ in der Hand.

Die Maschine landete in Tegel, Brigitte, meine Frau, holte Willi Daume ab und begleitete ihm in das Hotel „Stadt Berlin“. Beide verstanden sich auf Anhieb. Willi Daume zeigte sich erfreut, nun auch seinen „Telefonpartner persönlich zu treffen“.

Prof. Dr. Willi Daume in der DDR?

Es war eine politische Sensation. Ja, es war Neuland und von Erfolg gekrönt. Da zur Sendung ein „Pressecenter“ eingerichtet und dieses stark frequentiert war, sprach mich der Journalist Volker Kluge an. Dieser war Sportredakteur bei der Zeitung „Junge Welt“ und wollte ein Interview mit Willi Daume führen. Das besprach ich mit dem Präsidenten Willi Daume, ich kannte seinen Terminplan und wir einigten uns.

Am nächsten Tag um 12 Uhr „Pressekonferenz mit Prof. Willi Daume, NOK Präsident Deutschland“ im Haus der „Berliner Zeitung“ am Alexanderplatz, so verständigten wir uns.

Professor Willi Daume hatte Brigitte und mich zu 9.30 Uhr zum gemeinsamen Frühstück eingeladen. Im lockeren Gespräch sprachen wir über „sportliche Themen und meine Sport Spektakel“ in der Vergangenheit und ich erhielt eine Einladung zur nächsten NOK-Tagung, die ich dankend annahm. Wir trafen uns in der Folgezeit noch mehrmals zu weiteren Veranstaltungen.

Nun bereitete ich mich auf das „Ereignis“ Pressekonferenz vor. Ein politisches Event und in dieser Form war für mich völlig neu. Deren Ankündigung erfolgte erst in der Nacht, auch kannte ich die ganze Branche „Journalismus“ noch nicht und ich hatte nur mit einer Handvoll Leute gerechnet.

Volker Kluge hatte gute Arbeit geleistet. Gekommen waren etwa 30 Journalisten, viele aus Westberlin.

„Der NOK-Präsident in der geteilten Stadt und dazu noch in Ostberlin“, war deren Grundtenor und „was sagt er zu Olympischen Spielen in Berlin“. Wir hatten uns über den Ablauf und die Prozedur verständigt, ich begrüßte, stellte Prof. Willi Daume NOK Präsident Deutschland vor und übergab das Wort an Volker Kluge. Dieser führte ein Gespräch von 20 Minuten, dann konnten Fragen gestellt werden.

Die Pressekonferenz wurde ein Erfolg und war für Prof. Willi Daume der „erste Auftritt vor Journalisten in der DDR“. Für diese „erstmalige Gelegenheit bedanke ich mich, lieber Herr Ueberscher, besonders herzlich“.

Alle kurzfristig gekommenen Journalisten stellten facettenreiche Fragen. Am Ende überreichte ich allen meine Visitenkarte, mit der Bitte um „Zusendung eines Belegexemplares“.

In den nächsten Tagen und Wochen, erhielt ich zahlreiche Zeitungen, schaute mir den Bericht über Willi Daume an, faltete die einzelnen Zeitungen und verstaute diese in meinem Archiv. Erst 20 Jahre später nahm ich mir diese „Zeitdokumente“ vor, las dann aber die komplette Zeitung, dabei erlangte ich „besondere“ Eindrücke mit „tiefen“ Einblicken, auch über die damaligen Redakteure.

Es war die Zeit der Wende im Jahr 1990 oder der Umbruch, ein Aufbruch. Je nach Sichtweise! 

Willi Daume, NOK Deutschland, Olympische Spiele, Berlin, Sportparty,

„Sport Party“ TV Sendung aus dem Hotel Stadt Berlin Alexanderplatz

Spitzensportler – Wer war dabei?

Jürgen Croy Jahrgang 1946 war ein populärer Fußballspieler. Als Torwart schrieb er Geschichte. Mit 94 A-Länderspielen ist Croy Rekordtorwart der DDR-Nationalmannschaft und mit der DDR-Olympiaauswahl gewann er 1976 die Goldmedaille. Er wurde dreimal zum DDR-Fußballer des Jahres gewählt. In den Showveranstaltungen „Fußballspiel mit Prominenten“ war er dabei. Er zählt zu den besten Torhütern der Welt. Beim historischen Sieg der DDR über die BRD bei der WM 1974 „hatt er seine Handschuhe“ im Spiel. Jürgen Croy lebt für den Fußball und seine Heimat Zwickau, der er geblieben ist.

Die Fragen stellte der Sportreporter Gottfried Weise:

Jürgen Croy zählte neben Sepp Maier, Dino Zoff und Ronnie Hellström zu den weltbesten Torhütern. Bis heute blieb er seiner Heimat Zwickau treu.

Walter Eschweiler deutscher Fußballschiedsrichter trat als Gast in der DDR TV Sendung „Sport Party“ mit Kristin Otto im März 1990 in Berlin auf.

Gottfried Weise stellte diesen „Schiri“ den Zuschauern vor: Walter Eschweiler (20.09.1935) pfiff mehrfach Europapokalspiele und leitete Partien zur Fußball Weltmeisterschaft. Zur WM 1982 leitete er als Schiedsrichter am 18. Juni die Partie Italien – Peru (1:1). Während der Begegnung wurde er vom peruanischen Spieler José Velásquez versehentlich umgerannt. Eschweiler fiel nach hinten und verlor dabei seine Pfeife und die Karten. Er ließ sich dann kurz behandeln und pfiff schließlich das Spiel zu Ende.

"Schiedsrichter ans Telefon":

Walter Eschweiler: Auf die Frage, was ist die wich­tigste Eigen­schaft eines Schieds­rich­ters, sagte er: „Gelas­sen­heit. Ein Schieds­richter muss auch in größter Hektik abso­lute Ruhe aus­strahlen. Das ist das Wich­tigste. Und Mensch­lich­keit. Man darf sich als Schieds­richter nicht so tie­risch ernst nehmen. Der Schieds­richter ist dazu da, den Regeln Gel­tung zu ver­schaffen, in vernünftiger, mensch­li­cher Form. Das geht schon los, wenn man sich das erste Mal im Kabi­nen­gang sieht und begrüßt. Sei­ner­zeit gab es beim DFB die strikte Marsch­route: Bei Anpfiff müssen die Tri­kots in der Hose und die Stutzen nach oben gezogen sein. Na, und dann kam ein Mann wie Paul Breitner… der lang­haa­rige Rebell, der 68er… Ich habe zu ihm gesagt: ​„Paul, tun Sie mir den Gefallen, ste­cken Sie es bitte rein, nur zum Anpfiff. Danach darf wieder alles sein wie vorher.“ Das hat geklappt. Eine Sache der Ein­stel­lung. Ich hatte natür­lich noch den Vor­teil, als Rhein­länder die Situa­tion mit einem netten, freund­li­chen Wort ent­krampfen zu können. Die Zuschauer sind wirk­lich nicht gekommen, um den Schieds­richter zu sehen. Sie wollen das Spiel sehen“.

Ulf Timmermann (Jahrgang 1962) ein Leichtathlet aus Berlin wurde 1988 Olympiasieger im Kugelstoßen. Nur dem US-Amerikaner Randy Barnes gelang es, die Kugel auf über 23 Meter zu stoßen.

Die Fragen stellte TV Sportreporter Gerhard Kohse

Ulf Timmermann brach im Laufe seiner Karriere mehrmals den Weltrekord. Erstmals 1985 mit 22,62 Metern. Am 22. Mai 1988 mit 23,06 Meter als erster Mensch über 23 Meter. Er war bei der Eröffnungsfeier in Seoul Fahnenträger der DDR Mannschaft.

Lange Party Nacht: Die Prominenten-Palette war bunt und glitzerte, als am Sonnabendabend der Deutsche Fernsehfunk zu seiner Premieren „Sport Party“ einlud, darunter die The Winners:

Partytime: „Die Absicht, den Sportenthusiasten abseits des aktuellen Geschehens, Unterhaltsames zu servieren, ist mehr als löblich“, schrieb die Presse.

Am Ende der "Sport Party" war alles paletti - oder?

Mit der „Sport Party“ beschritten wir Neuland, in einer bewegten Zeit. Leider hatte mir noch so mancher alte „Kader“ reingeredet, doch die Sendung war gut, wir setzten Maßstäbe. Am Ende der Live Übertragung bat Andrea Horn, alle Zuschauer ihre Uhren umzustellen, die Sommerzeit hatte begonnen. Ein Glück, zwischenzeitlich hatten sich die „gesellschaftlichen“ Verhältnisse grundlegend verändert. Alle Gespräche über weitere „Folgen“ der Sendung folgten, mit Terminen für das laufende Jahr 1990.

Fernsehen erweckt Aufmerksamkeit und die hatte ich mit der „Sport Party“ erreicht. Auch hatte ich wieder Sponsoren wie Müller Milch, Quelle Versandhaus und die Zeitschrift "Funk Uhr" vom Axel Springer Verlag gewinnen können. Ende Mai 1990 wurden die Gespräche allerdings eingestellt, zahlreiche Mitarbeiter waren entlassen oder bereits in anderen Sendern tätig. Auch der Deutsche Fernsehfunk wurde „abgewickelt“, damals ein hässliches Wort für die beginnende Arbeitslosigkeit. Alle Menschen in Ostdeutschland waren nun auf dem Weg zur Deutschen Einheit.  

Vielen Dank für das Gespräch und die Informationen!

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