Berlin

In Ermangelung von Alternativen reisten viele in das "sozialistische" Ausland in die Ferien, mit Auto

Letzte Ausfahrt: Urlaub ist immer wichtig. Viele Menschen fuhren in die Berge nach Thüringen oder an die Ostsee, doch dort waren die Hotelzimmer Mangelware. Manche hatten etwas Glück, sie erhielten einen begehrten FDGB Ferienplatz. Andere blieben einfach zu Hause, sie hatten eine Datsche. In Ermangelung anderer Alternativen fuhr mancher ins "sozialistische" Ausland. Mit dem Auto bis nach Bulgarien. Leider war an der Grenze zur Türkei die Reise zu Ende, ins "westliche" Ausland durfte fast keiner. Auch im Sommer ´89 war das so.

Historie & Memoires sind nachgefragte Themen – Erinnern Sie sich noch?

In den Feedback Mails an die ReiseTravel Redaktion lautet oft die Frage:

Wie war das damals, wer machte wann was?

ReiseTravel bat den Autor und Regisseur Gerald H. Ueberscher um Informationen:

Wie war das, mit Ferien, im Sommer ´89?

Ob im Harz oder an der Ostsee, wir hatten keinen FDGB Ferienplatz. Auch war ich seit Jahren nicht mehr deren Mitglied. Seit ein paar Jahren reisten wir per Pkw in das sozialistische Ausland, dies war unsere einzige Möglichkeit, überhaupt. Das hatte Vorteile, in Fragen relativer Unabhängigkeit, war aber auch immer mit höheren Kosten verbunden. Sofort nach getaner Arbeit, Abfahrt in die Ferien. Wir hatten jetzt einen Pkw VW Golf. Alle Vorbereitungen sowie der Verlauf dieser Reise beinhaltete die gleiche „Prozedur wie jedes Jahr - Same procedure as every year“. 

War ein Visa nötig?

Touristische Reisen in das sozialistische Ausland konnten in Form einer Gruppenreise gebucht werden, das erfolgte über und im Reisebüro der DDR. Solchen Reisen wurden im Laufe der Jahre immer begehrenswerter und waren Mangelware. Hatte man solche Reise ergattert, war man registriert und zur Ausreise genügte der Personalausweis. Der Reiseleiter hatte alle Unterlagen und auch das „Visa“ jedes Mitreisenden.

Individuelle Reisen per Zug oder Auto waren nur nach Polen und in die CSSR möglich, der Personalausweis genügte. Ein "normaler" DDR Bürger hatte keinen Reisepass, diesen hatten nur „Reisekader“ und das waren Firmenmitarbeiter oder Reiseleiter im Gruppentourismus.

Grundlage bildete eine Anordnung des Ministerrates der DDR, Beschluss 39/16a/65 „Reisen von Bürgern der DDR in das Ausland“. Staatliche Leiter von Betrieben und Einrichtungen waren für die Auswahl und Bestätigung der „Reisekader“ verantwortlich. Gleichzeitig waren sie verpflichtet, die vorgesehenen Reisekader, dem MfS zur Sicherheitsüberprüfung zu benennen.

Für alle anderen sozialistischen Länder bestand "Visum" Pflicht. Das ist nicht ganz korrekt, zur Ausreise in die befreundeten Bruderländer war kein Visa erforderlich. Der Name Lautetete nur anders: Als DDR Bürger begab man sich zur örtlichen Meldestelle der Volkspolizei und stellte einen „Antrag“ zum Besuch des vorgesehenen Landes. Nach etwa vier Wochen konnte dieser Antrag, wenn er genehmigt wurde, abgeholt werden.

Mit diesem „Visa“ – ein PM 12, ein Blatt Papier und somit offizielles Dokument sowie dem Personalausweis begab man sich zur „Staatsbank der DDR“. Hier konnte Geld getauscht werden.

Leider ergaben sich am Schalter der Bank Probleme: Ein unbegrenzter Umtausch war nicht möglich, auch wenn man beispielsweise ein Millionär war, den ich allerdings nicht kannte.

Die Beträge für den Geldumtausch waren für jedes einzelne sozialistische Land genau festgelegt. Pro Tag und einem Maximum von zehn Tagen, mehr tauschte die Staatsbank nicht, alles wurde ganz genau in den Personalausweis eingetragen, man fügte an der letzten Seite ein weiteres Dokument ein. Fein säuberlich wurde das versiegelt und abgestempelt. Hier waren alle umgetauschten Beträge aufgelistet.

Der „Staat“ war über alles informiert: Der „Genosse vom Zoll“ an der Grenze wusste über „welche Zahlungsmittel“ wir verfügten!

Allerdings durfte jeder Bürger 300 Mark in bar mitnehmen, mit dem Hintergrund, pro Land können 100 Mark umgetauscht werden. Zur Transitreise durch die CSSR erhielt jeder von der Staatsbank einen Coupon und konnte dort pro Person 32 Mark umtauschen. Leider musste man den Betrag von der Gesamtsumme 300 Mark abziehen.

Arbeit und Ferien?

Ja, das war bei mir so. Am Freitag 7. Juli 1989 fuhren wir voll beladen ab unserer Wohnung und trafen 15 Uhr im Hotel „Lubin“ Bautzen ein. Das Hotel steht im Zentrum der Stadt, hier habe ich oft übernachtet und hatte aktuell ein Doppelzimmer gebucht. Meine beiden Frauen machten sich einen „schönen“ Abend und ich fuhr zur Arbeit. Die Veranstaltung „Sehnsucht nach Dir“ Heiratsmarkt in Bautzen begann 20 Uhr.

Auch dieser „Heiratsmarkt“ verlief in bester Harmonie und am Ende haben sich wieder ein paar Paare gefunden. Als Stargast hatte ich meinem Freund Wolfgang Behrendt eingeladen. Als 1. Olympiasieger der DDR war er nicht nur ein guter Boxer, er spielte auch ausgezeichnet Trompete und hatte immer ein paar flotte Sprüche auf Lager.

Alle Gäste waren in bester Stimmung und Feierlaune, ein super Abend. Siegfried Kubsch war Inhaber der Bar „Rendezvous“ und mit dem stand ich im guten Einvernehmen. Der letzte Gast verließ gegen 2 Uhr nachts die Bar und ich fuhr ins Hotel. Noch ein kurzes Duschbad und ab ging die große Reise in Richtung Grenzübergang. Reisen bildet, sagte Goethe und wir wollten auch immer etwas erleben.

Aus Bautzen kommend fuhren wir dieses Jahr in Seifhennersdorf über die Grenze in Richtung Prag. Da die „Passage“ früh um vier Uhr erfolgte, hatten wir etwas Glück, keiner vom Zoll durchsuchte unser Auto.

Bei jedem „Prag Transit“ fuhren wir in langsamer Fahrt am Parlament und Nationalmuseum vorbei, quasi über den Wenzelplatz. Unser erster Stop erfolgte immer in Breclav Lundenburg. Hier fuhr die Eisenbahn und hatte einen Abzweig nach Österreich.

Nein, wir wollten nicht in das westliche Ausland. Im Bahnhofsgebäude war eine CSSR Staatsbank und hier tauschten wir unseren Coupon von 32 Mark in Kronen um. Solche Art Wechselstuben kannten wir auch in den anderen Ländern. Bei Ankunft wurden diese Stellen zuerst aufgesucht.

Wir waren „Bittsteller“, traten immer mehr als höflich auf und waren von der Gnade der Mitarbeiter abhängig. Wir hatten Erfahrungen, alles klappte, auch mit den Talons für Benzin in der Sowjetunion und später in Rumänien. 

Vom Bahnhof Breclav weiter bis zum Stadtrand Bratislava. „Volltanken“ stand auf dem Programm: „Bis Rumänien muss der Sprit reichen“. Von der Tanke in das Hotel „Bratislava“, hier bezogen wir das Zimmer.

Familie Kurtin kannten wir seit Sommer 1975 und wir standen im engen Kontakt. Hier hatten wir unsere „Sparkasse“ eingerichtet. Bei unserer Ankunft „griffen“ wir in die Kasse und holten Geld und zur Rückreise „füllten“ wir die Kasse mit unseren Restbeträgen. Wegen der Zollkontrollen an der DDR Grenze deponierten wir bei Kurtins alle Zahlungsmittel. Möglichst keinerlei Geld mit über die Grenze nehmen, der DDR Zoll war einfach furchtbar. Wir führten natürlich „illegal“ Mark mit, wir wollten ja unsere Ferien gestalten.

Bratislava war das Ziel?

Nein! Unser Fahrzeug wurde ab Bratislava etwas leichter. Mitgebracht hatten wir „Mona“ Kaffee, den gab es hier nicht, ebenso andere Produkte. In Budapest lieferten wir immer „Flexible Badebecken“ ab, das waren Schwimmbecken mit vier Metern im Durchmesser. Dem folgte in Bukarest eine Abzugshaube für die Umluft am Herd. In Bulgarien wurden Zelte für Camping gewünscht. Freunde und Bekannte in diesen Ländern hatten uns immer eine lange Liste aufgeschrieben, bereits im Frühjahr wurden diese Waren gekauft. Bei DDR Zollkontrollen konnten wir das deklarieren, wird für den Urlaub benötigt. Die „Lieferung der Ware und der Erhalt des Geldes“ nahm den ersten Platz ein. Erst dann konnte der richtige Urlaub beginnen.

Bratislava kannten wir sehr gut, eine interessante Stadt, mit großer Vergangenheit. Kurtins hatten uns ihr altes Pressburg intensiv gezeigt. Auf der Donau hatten wir auch eine Reise nach Budapest unternommen, auf einem Tragflächenboot und überhaupt wir hatten die ganze CSSR bereist.

Nur eine Nacht blieben wir diesmal in Pressburg, am Morgen ging es weiter nach Budapest. Die Grenzkontrollen waren hier etwas leichter, wir waren „nur im Transit“.

Budapest, Bukarest, Bulgarien?

Der Batthyany ter im Zentrum von Budapest war seit Jahren unser Ziel, es gab einen „sicheren“ Parkplatz sowie eine Markthalle mit allen Köstlichkeiten. Ungarn war ein gutes Reiseland, fast jedes Dorf kannten wir im Land und immer trafen wir auf freundliche hilfsbereite Menschen. Ungarn war der Inbegriff der Freiheit mit freien Menschen und es war für uns das Klein Paris. Da ich viele Freunde hatte und auch hinter die Kulissen schaute, stellte ich fest, auch hier ist nicht alles rosig. 

Im Sommer 1989 saßen wir gegen zehn Uhr an der Donau. Gegenüber das Parlament, die Sonne stand hoch im Zenit, hier konnte man für unsere Verhältnisse, Leben wie Gott in Frankreich. Wir hatten uns mit Lebensmitteln für die weitere Reise eingedeckt, eine Kiste Coca Cola für die Tochter gekauft und im Kaufhaus „Skala“ die Preise geprüft. Auf der Rückfahrt wollten wir einkaufen.

Der Grenzübergang Nadlac nach Rumänien war immer stark frequentiert. Mindestgens vierzig Mal hatten wir diese Stelle passiert, in beiden Richtungen. Diverse Erfahrungen und das weitere Reiseziel besagten, zwei Stunden vor Einbruch der Dunkelheit an der Grenze sein. Dann eine Stunde Kontrolle einplanen und eine weitere Stunde bis zum vorgesehenen Etappenziel.

Im rumänischen Nadlac gab es zwei Spuren für Pkw. Auch immer die gleiche Prozedur. Ich fahre in die Spur, Brigitte hält alle Reiseunterlagen zur Kontrolle bereit, Henriette sitzt hinten und hält an der Heckscheibe das „DDR“ Kennzeichen fest. Natürlich hätte ich das auch anschrauben können, sie hatte aber eine „Aufgabe“, so meine Art der Erziehung und das machte sie sehr gut.

Nun steige ich aus und öffne den Kofferraum und Motorhaube, obwohl bisher keiner gefragt hat. Oft kam eine „wichtige rumänische Genossin“, aber auf alle Fälle wurde immer die gleiche Frage gestellt und die mehrfach wiederholt: „Waffen, Pistolen“. Wir hatten diese nicht, woher auch. Freundlich und untertänig lautete meine Antwort „Nein!“. Weiterfahren.

Aktuell fuhren wir 1989 nach Bukarest zum Treffen mit einer befreundeten Familie, eine Umlufthaube für den Kochherd hatten wir im Gepäck.

Von Bukarest nach Russe an der Donau fährt man eine gute Stunde. Straße und Donaubrücke kannten wir bestens und natürlich fast jedes Schlagloch. Diesmal hatten wir eine Adresse in Russe als Ziel und holten uns bulgarische Lewa ab.

In Russe hatten wir Freunde, vom Künstler bis zum MIG Piloten und oft waren wir zu Festen, Hochzeiten oder Geburtstag, auch wurden wir an das Schwarze Meer eingeladen. Ob Sofia, Melnik oder Plovdiv, wir hatten im Laufe der Jahre fast das ganze Land bereist. Die Sängerin Magdalena kam aus Russe und wir wohnten in Berlin im gleichen Haus.

Dieses Jahr fuhren wir, nach dem „Geldabholen“, sofort weiter nach Nessebar, wir hatten einen festen Termin, im Hotel für zehn Tage ein Dreibettzimmer gebucht. Das hatten wir bereits zweimal auf diese Art gemacht, im Hotel nächtigen und im Restaurant von fleißigen Menschen umsorgt werden.

Die Buchung war immer schwierig. Brigittes Bekannte im Reisebüro der DDR war uns behilflich, allerdings wurde immer ein „Tip“ fällig. Nach der Ankunft ging es zur Rezeption, Henriette bleibt „wachsam“ im Auto. Für Zimmer war Brigitte verantwortlich, die sah sich alles an und wir zogen ein. Vorerst noch nicht. Meine Frau ist nicht nur sehr sauber sie hat einen Reinigungsfimmel. Obwohl das Zimmer sauber war, wurde erst geputzt und dann zogen wir ein. Ein idealer Parkplatz mit Blickkontakt vom Hotelzimmer wurde gefunden und das Auto blieb für zehn Tage stehen. Am Schwarzen Meer waren das gute Tage.

Im Sommer ´89 war manches anders?

Gleich hinter Russe und der weiteren Fahrt ans Schwarze Meer, stellten wir fest: Das Land hat sich verändert, zum Negativen. Bulgarien war im Sommer 1989 anders geworden. Zahlreiche Straßensperren und Polizeikontrollen. Bulgarien schob seine Mitbewohner in die Türkei ab, das waren muslimische Menschen und vor allem zahlreiche Zigeuner.

Gebucht hatten wir Zimmer mit Frühstück. Wir waren DDR Bürger und verfügten über keine Devisen. An der Rezeption erhielten wir Talons und liefen tagtäglich 500 Meter in eine Kantine zum Frühstück. Zum Glück wurde hier Deutsch gesprochen, es waren alles Hotelgäste und ebenfalls aus der DDR.

In den „richtigen“ Hotels wohnten die „Bundis“ aus der BRD. Man kommt mit diesen ins Gespräch und stellt fest, alles „super reiche“ Leute. Eine Woche komplett kostete pro Person 300 D-Mark mit Vollpension und Flug. Viele dieser Gäste führten sich wirklich wie die superreichen auf. Reden wir nicht darüber. Bulgarien war für uns schlechter geworden.

Auch die schönsten Ferien gehen zu Ende. Abfahren in Richtung Berlin, das sind rund 2.000 km Landstraßen durch drei Länder und deren Zollkontrollen. Vor der Abreise war Tanken angesagt und das war immer genau von Brigitte finanziell kalkuliert. Voll Tanken, um möglichst bis Bratislava zu kommen.

Über Geld spricht man nicht, leider war es immer ein Jonglieren mit dem Geld. Nach zwei Stunden Fahrt erreichten wir die Brücke in Russe und hier fuhren über die Donau.

Weiter auf kürzestem Weg in Richtung Arad an die Grenze. Rumänien hatte uns immer sehr gastfreundlich aufgenommen, doch auch hier hatte sich 1989 vieles zum Schlechten geändert.

In Sibiu Hermannstadt wollten wir beim Bäcker Brot kaufen, dafür waren jetzt Lebensmittelkarten erforderlich. In einem Land, wo früher Milch und Honig flossen, war Brot nun plötzlich Mangelware. Bei Vorlage des ausländischen Personalausweises erhielten wir natürlich Brot, doch die zahlreichen Menschen in der langen Warteschlange begehrten auf. Mit dem Treibstoff verhielt es sich ähnlich, enorm lange Warteschlangen an den Tankstellen. Talons musste man bei der Staatsbank in den großen Städten kaufen. Die Menschen wurden tätlich. Auf schnellem Weg fuhren wir nach Nadlac und über die Grenze nach Ungarn.

Wie im Paradies, stellten wir sofort fest. Am nächsten Tag waren wir in Budapest zum „Abarbeiten unserer Einkaufsliste“. Mein üblicher Espresso folgte und weiter nach Bratislava. Doch auch in Budapest war so manches anders geworden. Viele Fahrzeuge mit DDR-Kennzeichen standen in den Straßen und diese waren nicht geparkt, sie waren „herrenlos“. 

Probleme?

Im Auto Radio hörten wir vom Sender Ö 3 Meldungen über Botschaftsbesetzungen in Budapest. Wir wollten vorbeifahren einmal sehen, was geschieht. Weit kamen wir nicht, die Polizei hatte alles großräumig abgesperrt. Also weiter. An der Autobahnabfahrt Györ ein mächtiger Stau. Unmengen ungarischer Polizisten kontrollierten, hier ist die Abfahrt nach Sopron und dann in Richtung Österreich.

Am Abend waren wir im Hotel Bratislava und am nächsten Morgen bei den Kurtins. Vorher hatten wir „voll“ getankt, der Sprit musste bis Dresden reichen. Da es Sonntag war, hatte die Tanke an der Grenze in Zinnwald geschlossen. In früheren Jahren waren wir auch mehrfach über Zittau eingereist. Da lag am Sonntag die nächste Tankstelle in Görlitz und dann erst wieder in Berlin. Tanken war immer ein relevanter Aspekt.

Ein zweites Frühstück bei den Kurtins und dort sahen wir Fernsehen, TV Wien informierte über die Botschaftsbesetzungen und alle Varianten der Flüchtlinge. Das sah gar nicht gut aus.

Auf der Rückreise fuhren wir in Prag immer oben „über den Wenzelplatz“, diesmal bogen wir ab und durch das Zentrum. Den Straßenverlauf kannte ich, war ich doch zigmal in der Moldaustadt gewesen. Viele Freunde hatte ich besucht und auch hier gearbeitet.  

Der Sender Wien hatte richtig informiert, auf den Straßen standen zahlreiche Autos mit DDR Kennzeichen, alle waren leer und verlassen. Autos waren Mangelware, einfach nur einsteigen und Wegfahren, wäre bestimmt möglich gewesen. Doch in Prag patrouillierten ganze Hundertschaften an tschechischen Polizisten und kontrollierten alle DDR Fahrzeuge. Die Prager Bürger interessierten sich nicht für die Menschen aus der DDR, hier ging das Leben „normal“ weiter. Diese Botschaftsflüchtlinge und die Menschen davor waren für sie nur einfach „lästig“.

Nun waren wir wieder einmal in Teplice eingekehrt, wurden im Restaurant bewirtet und wir sprachen über die Eindrücke der Reise und im Besonderem über Budapest und Prag.

Die Zeiten hatten sich verändert. Wo soll das alles noch hinführen, waren meine Überlegungen. Dann fuhren wir weiter. Die Rückreise über den Grenzübergang Zinnwald war immer mit intensivsten Kontrollen verbunden und zahlreiche Fragen wurden gestellt. Systematisch wurde das Auto penibel untersucht.

Auch wir hatten "manches" an Bord. Alles lag offen aber etwas abgedeckt hinten. Henriette erfüllte zur Einreise vorbildlich ihre Aufgabe und hielt das „DDR" Schild hoch, drückte es an die hintere Scheibe. Nur ein paar wenige Fahrzeuge vor uns, langsame Fahrt, Ausweise zeigen, winken zur Weiterfahrt zum Zoll. Schauen, Blicken, bis zum Stoppschild, keiner da, Gas geben und ab. Glück gehabt, keine nervtötende Kontrolle!  

Bei der Ausfahrt aus dem Kontrollbereich schauten wir nach links zur Ausreise in Richtung Prag. Hier kontrollierten zahlreiche Zöllner, die Warteschlange war unendlich lang und auf der Fahrt bis Dresden kamen uns immer mehr Fahrzeuge entgegen.

Die Tanke in Dresden lag im Zentrum, volltanken und man konnte zum Glück mit Scheck bezahlen, über „Bares“ verfügten wir nicht mehr. Unserem staubigen VW Golf war anzusehen, wir kommen aus dem Urlaub. Mehrere Leute fragten, wie die Zoll Kontrollen sind. Ich gab Antworten.

Ende der Reise?

Am Sonntag 6. August 1989 waren wir wieder in unserer Wohnung. Natürlich war auch alles „Ausladen“ bestens organisiert und immer fuhr ich dann in den „Waschbär“ an der Jannowitzbrücke, Volltanken und Autowäsche. Eine kurze Verschnaufpause: Wie war unser diesjähriger Urlaub?

Unsere einhellige Meinung, sehr schön und verbunden mit zahlreichen neuen Eindrücken. Also nächstes Jahr wieder, die gleiche „Prozedur wie jedes Jahr - Same procedure as every year“.

Am 7. August stürzten wir uns wieder in die Arbeit. Wir begaben uns beide zur Meldestelle der Volkspolizei, stellten einen neuen Antrag: Reise in das Ausland nach Ungarn, Rumänien, Bulgarien verbunden mit „Transit durch die Sowjetunion“ via Polen. Wir hatten zwar keinerlei Termin oder Planungen angestellt, aber: Was man hat, hat man! 

Politik im Sommer ´89?

Wenn ich die Zahlen richtig in Erinnerung habe, haben seit 1949 der Gründung der DDR bis zum August 1989 drei Millionen Bürger das Land verlassen. Rund 16 Millionen Menschen sind allerdings geblieben.

Sehr intensiv verfolgte ich die aktuelle Nachrichtenlage im Fernsehen. Zwischen 19.00 und 20.15 Uhr auf drei Sendern. Zwischen den Zeilen sollte man schon das Richtige erkennen und das konnte ich als "gelernter DDR Bürger" ganz gut.

In der Nachrichtensendung „Aktuellen Kamera“ im DDR Fernsehen wurde Genosse Erich Honecker zitiert. Honecker war Vorsitzender des Staatsrates der DDR und 1. Sekretär des Politbüros des ZK der SED, somit war er der „Erste“ Mann im Staat, er war unser „Landesvater“ und der sagte zu den Flüchtlingen: „Wir weinen ihnen keine Träne nach!“

Spätestens jetzt hatte er jeglichen Rückhalt in der Bevölkerung verloren. Einfach ganz verloren, die politische Situation begann zu Eskalieren. Allerdings war es nicht ganz so: Diensteifrige Genossen hielten die Fahne weiter hoch, machten einfach weiter.

Über das Reisebüro der DDR waren auch Reisen in andere Länder erhältlich. Jugoslawien, Vietnam, China und Vietnam, aber auch Schweden, Finnland oder Österreich wurden offeriert. Kataloge oder „etwas Schriftliches“ war nicht erhältlich. Diese Reisen wurden „vergeben“ und ich kannte Kollegen, die solche Touren gemacht hatten. Reisen in diese Länder waren vergleichsweise sehr teuer.

Am 5. September 1989 schrieb ich einen Brief an den Magistrat von Berlin, Stadtrat für Kultur, Dr. Christian Hartenhauer. In allen Fragen meiner beruflichen Zulassung war der Stadtrat mein direkter Ansprechpartner. Mein „Antrag auf Touristenreise in das Ausland“ lautete: „Hiermit bitte ich Sie um Unterstützung für eine Auslandstouristenreise, gemeinsam mit meiner Frau, nach Kuba, Österreich, Korea, o. Ä.“, so mein Brief.

Da ich das Leben in der DDR gut kannte, hatte ich mich auf eine längere Wartezeit eingestellt und auch eine Ablehnung fest eingeplant. Unbedingt wollte ich ein Gespräch, um festzustellen, wie meine persönliche Lage einzuschätzen war. Wie geht es nun weiter?

Erstaunt war ich über die schnelle Antwort. Die Abteilung Kultur Referat „Kader“ sendete mir eine „verbindliche Vormerkkarte“ für eine Reise nach Kuba. Die Karte füllte ich aus und gab diese am 7. November 1989 persönlich ab. „Wir planen Sie fest ein, bereits im Januar 1990 geht es los“, lautete die Antwort. War das möglich, hatte sich etwa doch etwas verändert?

Am 9. November 1989 wurde die Grenze geöffnet, die Mauer war gefallen! 

Vielen Dank für das Gespräch und die Informationen!

Sehr geehrte ReiseTravel User, wir wünschen Ihnen beim Lesen viel Freude. Natürlich verbunden mit der Bitte: Historie & Memoires – Erinnern Sie sich? Wenn ja, so hoffen wir, schreiben Sie uns: Ihre eigenen Erinnerungen. Gern werden wir diese veröffentlichen. Vielen Dank.

Ein Betrag für ReiseTravel von Su Kramer. 

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