Dasing

Süddeutsche Karl-May-Festspiele in Dasing

Kampf zwischen Gut und Böse: Apachenhäuptling verliebt sich in Ribanna Dasing. Dass Bayerns Landtagspräsidentin Barbara Stamm kein Kind von Traurigkeit ist, ist hinlänglich bekannt. Dass sie aber auch in furchterregendes Kriegsgeheul der Indianer einfallen kann, ist neu. Bei der After-Show-Party im Saloon der Western-City war die Politikerin jedenfalls eine der eifrigsten Akteure beim Refrain zu „Komm hol das Lasso raus“. Stamm war politischer Ehrengast bei der „Winnetou II“-Premiere der Süddeutschen Karl-May-Festspiele in Dasing.

Die Spiele gehen in die zwölfte Runde. Als Westernsänger Fred Rai 2005 zum ersten Mal Indianer und Cowboys auf seiner Freilichtbühne bei Augsburg aufgaloppieren ließ, dachte keiner daran, dass sich daraus eine Erfolgsstory entwickeln sollte. Selbst der Tod des Intendanten 2015 konnte das Team nicht bremsen. Man ist noch enger zusammengerückt, hat die Verantwortlichkeiten aufgeteilt und zieht fürs große Ziel am gemeinsamen Strang.

Volker Waschk, Ex-Chefredakteur eines Regional-TV-Senders ist jetzt Geschäftsleiter. Tessa Bauer tritt das Erbe Fred Rais an und zeichnet für das wissenschaftlich anerkannte RAI-Reiten verantwortlich. Der Österreicher Peter Görlach ist der Mann für die Bühne. Er führt Regie, schreibt die Drehbücher und choreografiert die Stunts.

Träume und Visionen

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Winnetou (Matthias M.) wird von den Komantschen bedroht. Ribanna (Marina Hohnke) versucht die Wogen zu glätten.

Auch in „Winnetou II“ hat es Görlach einmal mehr verstanden, die Träume und Visionen des sächsischen Reiseschriftstellers Karl May umzusetzen, ohne sich inhaltlich an den berühmten Filmen aus den sechziger Jahren zu orientieren. Sein Winnetou ist näher am Buch, wenngleich es auch ihm weniger auf Detailgenauigkeit ankommt. Damit grenzt er Dasing von anderen Festspielorten ab, die sich meist ganz eng an die Filmvorlagen halten um die Zuschauer, die ihren May noch nie gelesen haben, nicht zu irritieren.

Natürlich kommt bei „Winnetou II“ auch Görlach nicht an der Liebe zwischen dem edlen Apachenhäuptling und Ribanna vorbei. Für ihn ist dies nämlich ein literarischer Schachzug des Jugendautors aus Radebeul. Nämlich den ansonsten über den Dingen stehenden Winnetou auch mal menscheln zu lassen und eine Frau an seiner Seite ins Spiel zu bringen.

Leider verliert Winnetou seine Geliebte auch bei den Süddeutschen. Und zwar auf eine viel dramatischere Weise als im Kinofilm von 1964. In Western-City gibt es keinen Mario Girotti (Terence Hill), der dem Edel-Apachen als Lt. Robert Merril die Liebste ausspannt. Hier wird die Schöne vom Regisseur höchstpersönlich niedergemeuchelt. Und der rasende Winnetou darf einmal mehr zeigen, dass er eigentlich ein gütiger Rächer ist.   

Der Apache wird wieder von Matthias M. gespielt, dem wohl unbestritten besten Winnetou-Darsteller in der deutschsprachigen Festival-Szene. Keiner reicht näher an Über-Winnetou Pierre Brice heran als der Münchner Physiotherapeut. Matthias M. tritt auch als Co-Regisseur auf. Die Rolle seines Blutsbruders Old Shatterhand hat wieder der österreichische Schauspieler Helmut Urban übernommen.

Old Firehand

In der aktuellen Geschichte ist auch der legendäre Westmann Old Firehand dabei, dessen Geschichte hier erzählt wird. Der Scharfschütze und alte Haudegen wird von Graubart Peter Bechtel dargestellt, der die ideale Verkörperung des tiefsinnigen Trappers gibt. Firehand ist der verschollene Ehemann Ribannas (Marina Hohnke).

Natürlich sind auch lustige Kameraden mit von der Partie, wie die treue Seele Sam Hawkens (Michael Englert), Hatschi Ling (Björn Trenner) aus China oder vor allem Senora Gonzilla (Gisela Böhnisch), eine resolute Anführerin der Frauenbewegung „Zucht und Ordnung“. Und auch die Kapuzenmänner vom Ku-Klux-Clan sind dabei, die die Bewohner von Texas in Angst und Schrecken versetzen.  

Waldemar Wichlinski gibt den skrupellosen Emery Forster und Geschäftsführer Volker Waschk den undurchsichtigen Richter Rodriges Gavilano. Natürlich kommt auch die aktuelle Story nicht ohne die üblichen Slapsticks, Explosionen, Zweikämpfe und Schießereien aus.

RAI-Reiten in Western-City – Bildband „Pierre Brice, unvergesslicher Winnetou“ „Western City“ steht längst für wissenschaftlich erforschtes RAI-Reiten, das Psyche und Verhaltensweise der Pferde in den Vordergrund stellt und auf Peitsche, Sporen und Trense verzichtet. Für Fred Rai war das „Harmonie im Sattel.“

Sein Credo: Mit minimalen Hilfen und einer großen Portion Pferdeverstand, sprich Einfühlungsvermögen in Psyche und Verhaltensweise dieser Tiere, könne jedes Pferd ohne Gewalt und ohne Schmerzeinwirkung geführt werden.  

Karl Mays gesammelte Werke gibt es übrigens unter www.karl-may.de auch als Hörbuch im Karl-May-Verlag. Ferner wurde zum Gedenken an Pierre Brice der von Michael Petzel zusammengestellte Bildband „Pierre Brice – Unvergesslicher Winnetou“ mit den schönsten Aufnahmen des Franzosen herausgebracht. www.karlmay-festspiele.de

Ein Beitrag mit Foto für ReiseTravel von Helmut Kunz.

Helmut Kunz ReiseTravel.euUnser Autor wohnt in Weiden.

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