Kanaren

Wandern nicht nur für Naturliebhaber in einer bizarren schwarzen Vulkanlandschaft

Schwarz, grün und blau: El Hierro steht für schwarz für die Lava, grün für die Lorbeerbäume und blau für den Atlantik. Der besondere Reiz von El Hierro ist die schwarze Vulkanlandschaft. Die Insel ist die kleinste der sieben kanarischen Inseln und vom Massentourismus völlig unberührt.

Die ganze Landschaft ist schwarz, ist das ein anderer Planet? Das Hotel ist direkt in Lava eingebettet. Wolken ziehen gespenstisch von den über tausend Metern hohen Felswänden in Fetzen ins Tal. Das ist der Norden von El Hierro, der kleinsten der kanarischen Inseln. Auf der Terrasse kann man nach dem Wandern noch die letzten Sonnenstrahlen genießen, bevor es zum Abendessen geht. Wer mag, kann vorher noch die Wandermuskeln in der Sauna entspannen. Die Küche ist kanarisch, grundehrlich und aromatisch. Der Hauptgang ist natürlich Fisch, ein Papageienfisch gegrillt, zu dem man den Wein von der Insel trinkt. Im Hotel sind Wanderer unter sich. Eine Wandergruppe aus der Schweiz ist am Nebentisch, mit der man Tipps austauscht.

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Wandern in schwarzer Natur

Die Straße führt in schwindelerregenden Kurven ganz im Westen von El Hierro zum „Mirador El Lomo Negro“, dem schwarzen Rücken. Aminata, die Fremdenführerin, kommt aus Deutschland und lebt schon seit mehr als dreißig Jahren auf der Insel. Die schwarze Vulkanlandschaft besteht aus Lavafeldern, auf denen von Kratern ausgespuckte große schwarze Steine liegen. Schlackenlava fällt schroff bis zum Meer ab und Stricklava, die an erstarrte Strickwolle für Riesen erinnert, dominiert die Landschaft. Es gibt auf El Hierro mehr als 500 Krater. Die Insel gehört zum Biosphärenreservat der UNESCO. Der westlichste Punkt Europas, ist ein Leuchtturm, der „Faro de Orchilla“. Dieser markierte bis Ende des 19. Jahrhunderts den Nullmeridian, das Ende der Alten Welt. Der Südwesten ist rau und nicht besiedelt. Es gibt kein einziges Dorf, keine Häuser und keinen Menschen weit und breit. In der Oase der Abgeschiedenheit hört man nur das Rauschen des Windes. Das Handy hat auch keinen Empfang und verstärkt damit die Einsamkeit. Die Tabaiba, das Wolfsmilchgewächs, dessen Milch lähmt das Herz. Wenn die Bimbaches, die Ureinwohner, der Familie zur Last gefallen sind, weil sie zu alt waren, so haben sie die Wolfsmilch eingenommen. Die Ureinwohner von El Hierro so wird vermutet waren Berber aus Nordafrika.

Der fotogenste Baum der Insel

Der Rundwanderweg „El Sabinar“ beginnt am gleichnamigen Parkplatz und führt zum „Mirador el Basco“. Die Aussichtsterrasse ist gesperrt, da sie durch Erderschütterungen baufällig geworden ist. Ein paar Rebhühner fliegen erschreckt davon und der Wind treibt immer wieder Wolkenfetzen vor sich her. Einzelne Wacholderbäume stehen eingesprenkelt in der Landschaft, sie sind durch die Kraft der Fallwinde zum Meer gebeugt. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Bäume auch oft mehrmals von der Kraft des Windes gedreht. Da steht er, der „El Sabinar“, der zerzauste und vom Wind gekrümmte Wachholderbaum. Er ist der fotogenste Baum der Insel. Sein Alter wird auf etwa 500 Jahre geschätzt. An der dem Wind zugewandten Seite sieht der immergrüne Wachholder allerdings vertrocknet aus, nur an der dem Wind abgewandten Seite ist der Baum grün.

Das Heiligtum der Insel

In der „Santuario de Nuestra Señora de los Reyes“ steht die Madonna, das Inselheiligtum. Hirten sahen im Jahre 1546, dass ein florentinisches Schiff schon mehrere Tage während eines Sturms in Seenot war. Sie ruderten zum Schiff um zu helfen und gaben der Besatzung Lebensmittel. Als Dank erhielten sie eine florentinische Madonna, die sie in einer Höhle aufstellten. Schon als die Hirten zurückruderten legte sich der Sturm. Als im Jahre 1643 eine lange Dürre herrschte, erinnerten sie sich an ihre Madonna und trugen sie nach Valverde. Als sie die Madonna über die Schwelle der Kirche trugen, fing es an zu regnen. Etwa 100 Jahre später in einer Dürreperiode erinnerte sich die nächste Generation der Hirten an das Wunder das die Madonna vollbracht hatte, und trugen sie wieder nach Valverde und wieder regnete es. Seitdem wird alle vier Jahre die Madonna in einer großen Prozession, der „bajada“, nach Valverde getragen. Heute kommen zur „bajada“ mehrere Tausend Einheimische, auch die, die ausgewandert sind. So ist die „bajada“ auch gleichzeitig ein großes Familienfest. Nach einer Woche in der Kirche in Valverde wird die Madonna wieder zurückgetragen. Die „subida“ wird nur noch von den Einheimischen gefeiert. Obwohl die Kapelle so abgelegen ist kommen immer viele Besucher. Der Rückweg führt am höchsten Berg der Insel, dem Malpaso mit 1501 Metern vorbei. Um zum Gipfel zu gehen braucht man keine bergsteigerischen Fähigkeiten. Der Weg zieht sich nur leicht ansteigend zum Gipfel.

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Feigen für alle

„Higos para todos“, Feigen für alle. Nein, das ist kein Supermarkt der Feigen verschenkt. In einem Hain stehen viele Feigenbäume, hier darf jeder Feigen ernten und essen, aber nicht in Behältern einsammeln und mitnehmen. Ein paar Kilometer weiter liegt der kleine Fischerort La Restinga, er ist der südlichste Ort der Insel. Eine Strandpromenade begrenzt den Hafen, in dem viele Fischerboote dümpeln. Das Restaurant „El Refugio“ ist ein typisches kleines Restaurant, versteckt in der zweiten Reihe. Juan Manuel, der Besitzer, wird nur kurz Manolo genannt. Er hat das Restaurant von seinem Vater übernommen und ist stolz darauf, dass es ein Familienbetrieb ist. Sein Bruder ist Fischer, er fährt jeden Tag raus und sorgt für fangfrischen Fisch. Dolores, die Schwester der beiden, arbeitet in der Küche. Als Vorspeise werden „papas con mojo“, Kartoffeln mit einer scharfen Soße und „queso con miel“, Käse mit Honig der Insel serviert. Dann folgt eine große Fischplatte mit gegrillten Papageienfisch, Zackenbarsch, Gelbflossentunfisch und Barrakuda. Das Restaurant hat Auszeichnungen für seine Kanarische Küche erhalten. „Ich liebe die Insel und die Natur, ich könnte nirgendwo anders leben“, erklärt Manolo. Er hat zwei Söhne, die fünfzehn und zehn Jahre alt sind. Seit dem Vulkanausbruch 2011 ist der Tourismus zurückgegangen. Manolo hofft, dass es in den nächsten Jahren langsam wieder aufwärtsgeht. Dann geht es noch zu einem Abstecher zum „Mirador de los Peña“, er steht auf dem ältesten Teil der Insel. Für César Manrique, den bekannten Künstler von Lanzarote, war es der ideale Ort um hier ein Restaurant bauen zu lassen. Hoch oben auf einem Steilhang überragt das Restaurant aus Glas und Lavasteinen den El Golfo, den Norden der Insel. Auf der Terrasse des Restaurants huschen Eidechsen mit kleinen blauen Punkten davon. Edles Design, eine gute Küche und der gigantische Blick aus der Vogelperspektive sind die perfekte Kombination. Die Fahrt geht weiter zum Mirador de las Playas mit Blick auf den Parador mit Stränden in einer Bucht der Ruhe.

Wolken-Wanderung

Der Start der Wanderung ist der Parkplatz „Cruce de la Llanía“. Von hier geht es auf einem Laub bedeckten Weg durch einen Wald mit Baumheide- und Gagelbäumen. Wolken wabern zwischen den Bäumen. Eine alte Zisterne taucht auf, die „Fuente El Lomo“, die schon lange nicht mehr benutzt wird. Die Spanier hatten den Zisternenbau auf die Kanarischen Inseln gebracht. Aminata kennt die Gegend wie ihre Westentasche und führt durch wegloses Gelände über Moos und an großen Flächen mit blühenden Vergissmeinnichtfeldern entlang. Nur kleine Bäche fehlen zum Paradies. Zum Abschluss der Wanderung gibt es noch einen kurzen Aufstieg zum „Mirador La Llanía“, wieder zu einem grandiosen Weitblick auf die Bucht von El Golfo. Dann geht es per Auto in die Hauptstadt Valverde. In der Hauptstraße findet man kleine Geschäfte, Cafés und Restaurants, die Atmosphäre ist sehr beschaulich. Auf einem terrassierten Platz erhebt sich die schwarz-weiße „Iglesia de la Concepción“, die Festungskirche, sie war die letzte Zufluchtsstätte vor den Piraten. Mit kräftigen Farben im originell eingerichteten Restaurant „El Secreto“ ist die Speisekarte auch ungewöhnlich. So gibt es zur spanischen Küche kleine asiatische Ergänzungen.

Schwarze Wanderung

Die Wanderung startet bei El Tamaduste und führt nach ein paar Schritten zum kleinsten Hotel der Welt „Punta Grande“, es hat nur drei Doppelzimmer und liegt direkt auf einer Mole am Meer. Hier beginnt der mit Holzplanken ausgebaute Küstenweg durch eine bizarre Welt aus Lavafeldern und Schlacke an steilen Klippen entlang. Hohe Wellen brechen sich an den schwarzen Steilwänden, die von Basaltsäulen geformt sind. Immer wieder gibt es kleine Aussichtspunkte mit Stühlen und einem Sonnendach. Der Höhepunkt des Tages führt über Stufen hinab ans Meer zum natürlichen Badebecken „La Maceta“. Hier kann man herrlich im Meerwasser schwimmen. Die Wassertemperatur hat im Sommer angenehme 23 Grad. Hin und wieder kommen Spritzer der Gischt von der tosenden See über die abgrenzende Mauer. Am Nachmittag ziehen Wolken fast geisterhaft von den hohen Bergen ins Tal und verbreiten eine mystische Stimmung.

Der alte Heilige Baum, der Stinklorbeer

Der „Garoé“ war der heilige Baum der Ureinwohner, der Bimbaches. Er ist das Wahrzeichen der Kanareninsel El Hierro. Im Wappen hat der Baum Wolken in seiner Krone. Der Garoé ist in den Bergen dem Nordost-Passat-Wind ausgesetzt. Mit seinen Nadeln fängt er aus den tief hängenden Wolken Luftfeuchtigkeit auf. Er hat den Ureinwohnern, den Bimbaches, das Überleben gesichert, da er auch in Dürrezeiten noch Wasser liefern konnte. Er soll sogar sehr viele Liter Wasser pro Tag abgeregnet haben. Aus Überlieferungen geht hervor, dass er in einem selbst erschaffenen Tümpel stand. Der Baum der Urzeit wurde 1610 bei einem Sturm entwurzelt. 1945 wurde ein neuer Stinklorbeerbaum gepflanzt, er steht in einer Felsnische und hat inzwischen schon eine stattliche Größe erreicht. Er kondensiert Wasser und bei dichtem Nebel regnet es vom Baum. Doch das Trinkwasser für die Insel kommt heute zum größten Teil aus einem unterirdischen See im Gebirge und zusätzlich gibt es noch Entsalzungsanlagen.

ReiseTravel Fact: El Hierro ist ein Eldorado für Naturliebhaber und Wanderer. Die Insel ist noch ursprünglich, so als ob hier die Zeit stehen geblieben ist. Touristenhochburgen und große Hotelkästen sucht man hier vergebens. Das Einkommen der Insel kommt durch den Anbau von Bananen und Ananas, die auf das Festland Spaniens und nach Deutschland exportiert werden. Der Tourismus ist nur ein kleiner Prozentsatz. Den größten Anteil der Urlauber machen die Spanier vom Festland aus, die zumeist im August kommen. Engländer und Deutsche kommen hauptsächlich zum Wandern nach El Hierro.

ReiseTravel Service

Spanisches Fremdenverkehrsamt www.spain.info

https://www.wikinger-reisen.de/reisefinder.php?land%5B%5D=KAN&hin=&rueck=&region%5B%5D=El+Hierro&verfuegbarkeit%5B%5D=alle

Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Gabi Dräger.

Gabi Draeger ReiseTravel.euUnsere Autorin Gabi Dräger zeichnet bei ReiseTravel verantwortlich für die Redaktion Reise. Ihr Thema sind die Berge. Sie lebt und arbeitet in München. gabi@reisetravel.eu

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