Galizien

Santiago de Compostela, Santo André de Teixido, Muxía und Augas Santas

Wallfahrtsorte bringen innere Kraft und Ruhe: Galicien ist anders, ganz anders als Spanien. Die Galicier sind eher zurückhaltend und spielen statt der Flamencogitarre lieber ein altes keltisches Instrument, den Dudelsack. Die Küsten sind sturmgepeitscht und die Meeresbuchten sind in das Land hineingefräst. Die Galicier sind tief in der Religion verwurzelt, deshalb haben Wallfahrtsorte eine ganz besondere Bedeutung für sie. Der Atlantik bestimmt mit Fisch, Muscheln und Seekrake die Speisekarte.

Santiago de Compostela

Spanien Galicien

Der wohl bekannteste Wallfahrtsort in Galicien, der weltweit bekannt ist, ist Santiago de Compostela.

Manche Pilger humpeln nach langen Wanderungen die letzten Meter bis zur Kathedrale und weinen dort vor Glück oder jubeln vor Freude. Sie sind angekommen an der Kathedrale, in der Apostel Jakobus begraben ist, so sagt die Legende.

Begonnen hat alles mit dem Apostel Jakob, der auf der Iberischen Halbinsel versuchte den christlichen Glauben einzuführen. Da er nicht sehr erfolgreich war ging nach Palästina zurück. Dort wurde er im Jahre 44 nach Christus von Herodes Aggripa enthauptet. Seine Anhänger brachten seinen Leichnam auf einem Schiff nach Galicien zurück um ihn dort zu begraben. Das Grab des Apostels Jakobus versank jedoch in Vergessenheit, bis eines Nachts im Jahre 813 der Einsiedler Pelayo einem Stern am Himmel folgte, der ihn zum Grab des Apostels in einem kleinen Gewölbe führte. Der Bischof Teodomiro von Iria Flavia besuchte ein Jahr später Santiago und bestätigte, dass sich hier das Grab Apostel Jakobus befindet. Eine Basilika wurde über dem Grab gebaut. Seit dieser Zeit kommen die Pilger um die Krypta mit ihrem Reliquienschrein zu bewundern. Santiago de Compostela wurde nach Jerusalem und Rom zum wichtigsten Wallfahrtsort und geistigen Zentrum der katholischen Welt.

Die Pilgermesse in der Kathedrale um zwölf Uhr ist überfüllt, viele müssen stehen. Der feierliche Gesang der Kantorin in der perfekten Akustik der Kathedrale ist ergreifend. Gegen Ende der Messe wird der 54 Kilogramm schwere Botafumeiro, der Weihrauchkessel, als Danksagung an den Apostel Jakob durch das Querschiff geschwungen. Früher hat man Weihrauch zur Geruchsneutralisierung benutzt, da die Pilger oben in der Kirche geschlafen und gekocht haben. Der Bau, der zweitgrößten romanische Kathedrale der Welt, wurde bereits 1075 begonnen und ist ein kunsthistorisches Juwel. Auch die modernen Medien sind in der Kathedrale eingezogen, per SMS kann man elektrische Kerzen anzünden.

Muxía

Vor Muxía fallen einem zuerst die vielen kleinen Zelte auf. Das sind die Zelte der spanischen Pilger, die zum Wallfahrtsfest der Señora da la Barca nach Muxía gekommen sind. Die Kirche liegt fünfzehn Minuten vom Ort entfernt auf einer Landzunge. Hier soll einst Maria mit einem Steinschiff gelandet sein, um dem Apostel Jakob beim Missionieren zu helfen. Riesige Steine aus vorchristlicher Zeit beflügeln die Fantasie. Ein riesiger flacher Stein, der am Ufer liegt und das Segel gewesen sein Soll, kann Wünsche erfüllen, wenn man draufsteigt und den Stein zum Wackeln bringt und daran glaubt.

Dann ist es soweit, der Hügel neben der Kirche füllt sich, es ist schwer einen Platz zu finden. Immer mehr festlich gekleidete Menschen kommen. Um halb eins beginnt die Messe mit der Marienfigur, die ins Freie getragen wird. Weihrauch vermischt sich mit dem Salzgeruch des Meeres. Danach wird in den Restaurants und Pulperias kräftig gefeiert.

Fahrt durch Eukalyptuswälder zu einem kleinen rustikalen Hotel inmitten der Berge. Mittagessen bei Carmen, sie spricht sogar ein bisschen deutsch. Es gibt Navajas, Taschenmessermuscheln und Empanadas mit Tintenfisch gefüllt. Als Hauptgang folgt Cocido, ein Eintopfgericht. Nach Mandeltorte, Flan und einem Café solo geht es weiter. Gut war es, hier könnte man bleiben.

Die Weiterfahrt führt immer an der zerklüfteten Todesküste entlang nach Cabo Fisterra oder Cabo Finesterre, dem Ende der Welt, wie es schon die Römer nannten. Vom Leuchtturm blickt man über eine karge Natur auf den offenen Atlantik. Für viele Jakobspilger ist erst das Kap das endgültige Ziel ihrer Reise. Schwarze Brandstellen zeigen, dass Pilger ihre Kleidung verbrannt haben, obwohl es verboten ist, aber es ist Tradition. Umweltfreundlich ist es auch nicht, da die heutige Wanderkleidung aus Kunstfasern besteht. Auf der Weiterfahrt gibt es noch eine galicische Besonderheit zu sehen. Das ist ein überdimensionaler Maisspeicher auf Stelzen, die hórreos sind ein Wahrzeichen Galiciens. Sie waren einst Wohlstandssymbol, manche sind prächtig wie kleine Kirche gebaut. Der längste hórreos der Welt steht in Carnota. Der Mais wurde hier unerreichbar für Mäuse gelagert. Nur einen Steinwurf weiter liegt Muros, ist ein verträumtes Fischerdorf in der südgalicischen Meeresbucht. Bei einem Eis in einem Café in der denkmalgeschützten Altstadt kann man die Beschaulichkeit und Ruhe genießen oder man schlendert zum Hafen. Im Meer sind die schwarzen rechteckigen Holzinseln akkurat im Wasser aufgereiht. An deren zwölf Meter langen Seilen wachsen Miesmuscheln. In dem mineralhaltigen und sauerstoffreichen Meerwasser gedeihen auch Austern, Jakobsmuscheln, Herz- und Venusmuscheln. Nur die begehrten Entenmuscheln gedeihen ausschließlich an scharfkantigen Klippen. Die Arbeit ist so gefährlich, dass die Strömung hie und da auch mal einen Muschelsammler mit sich nimmt.

Santo André de Teixido: Die Klippen von Vixía de Hebeira im Norden Galiciens sind mit 612 Metern Höhe, die höchsten in Europa. Frei lebende Pferde laufen scheu davon. Riesige Windräder drehen sich unermüdlich neben dem kleinen alten Leuchtturm, der heute nicht mehr in Betrieb ist. In den Zeiten der Piraterie wurde das Licht am Leuchtturm gelöscht, um dann die umherirrenden Schiffe leichter überfallen zu können.

Ein paar Kilometer vor den Klippen entfernt liegt erhaben an der Küste der Wallfahrtsort Santo André de Teixido. Er ist ein magischer Flecken Erde, der schon in vorchristlicher Zeit ein mystischer Ort war. Santo André war der wichtigste Wallfahrtsort Spaniens, bevor der Jakobsweg so bedeutend wurde. Christentum und alte heidnische Bräuche bestehen hier von alters her nebeneinander. Die kleine Kirche geht der Legende nach auf den Apostel Andreas zurück. Jesus soll dem Apostel Andreas an die Nordwestküste Galiciens geschickt haben, um den christlichen Glauben zu verbreiten. In Santo André de Teixido muss jeder einmal im Leben gewesen sein, so sagt ein galicisches Sprichwort. Es heißt, wer zu Lebzeiten nicht nach Santo André kommt, der muss es als Toter tun. Es gibt heute noch Pilger, die die Seele eines Toten mitnehmen, dafür kauft er im Bus zwei Tickets. Andernfalls müssen die umherirrenden Seelen Tiergestalten annehmen. Der Platz für die Kirche Santo André de Teixido könnte nicht schöner sein. Sie thront auf einem Hügel über dem Meer an der Steilküste.

Im Ort werden neben Brotfiguren in grellen Farben auch Liebeskräuter angeboten. Wer Liebeskummer hat, der kauft eine Blume aus Brotteig und streut Liebeskräuter in die Tasche eines Angebeteten und kann hoffen, dass die Liebe Einzug hält. Über eine Treppe geht es ein paar Stufen abwärts zu einer Quelle. Wer ein Stück Brot ins Wasser wirft, das von der Strömung mitgenommen wird und nicht untergeht, dem wird ein Wunsch erfüllt, erklärt eine spanische Nonne, die auch gerade die Quelle besucht.

Am nordwestlichen Zipfel Galiziens liegt A Coruña. Der alte Leuchtturm Torre de Hércules weist mit einer Höhe von 60 Metern den Weg. Er wurde schon in Römischer Zeit gebaut und ist heute noch in Betrieb. Es macht Spaß durch die verwinkelte Altstadt zu bummeln. Ein Haus gehört dem Begründer der Modekette Zara, die es zu Weltruhm gebracht hat. An den zwei großen Stadtständen vor dem Hotel sieht man hartgesottene Schwimmer und unermüdliche Wellenreiter auf die optimale Welle warten.

Augas Santas: Fahrt nach Ourense zu dem kleinen Dorf Taboadela, einem ganz besonderen Wallfahrtsort. Wo heute die romanische Kirche steht, hat sich das Martyrium zugetragen. Santa Mariña von Augas Santas oder Mariña von Ourense ist eine spanische Heilige, sie wird als eine von neun Schwestern verehrt. Sie lebte im Jahre 119 bis 139 nach Christus, was sogar schriftlich bewiesen ist. Realität und Legende vermischen sich, es existieren verschiedene Versionen.

Calsia, die Frau des römischen Gouverneurs Lucius Castelius Severus von Gallaecia und Lusitania brachte bei einer einzigen Geburt neun Töchter zur Welt. Sie hatte Angst, dass ihr Mann sie der Untreue bezichtigen würde, und gab dem Diener Sila den Auftrag alle Mädchen im Fluss zu ertränken. Der Diener, der bereits Christ war, hatte Mitleid und gab die Mädchen zu verschiedenen Familien, wo sie christlich erzogen wurden. Bewiesen wieder ist, dass sie vom Bischof St. Ovidius getauft wurden. Als die Mädchen zwanzig Jahre alt waren, wurden sie, weil sie Christinnen waren, vor den römischen Gouverneur gebracht. Der erkannte seine Töchter und befahl ihnen, dem Christentum abzuschwören und versprach ihnen ein Leben in Luxus. Doch die Mädchen weigerten sich. Sie wurden verbrannt, doch das Feuer konnte ihnen nichts anhaben. Daraufhin wurden sie geköpft, eine Quelle entstand an dem Platz, an dem sie enthauptet wurden. Die Quelle wird seitdem Augas Santas, Heiliges Wasser, genannt.

Eine andere Version besagt, das Mariña einen reichen Heiden heiraten sollte. Sie weigerte sich, da sie Christin geworden war. Zur Strafe wurde sie verbrannt aber das Feuer konnte ihr nichts anhaben. Daraufhin wurde sie geköpft. Eine Quelle entstand an der Stelle, an der ihr Kopf aufschlug. Die Überreste der Heiligen werden in der Kirche Santa Mariña aufbewahrt. Niemand darf seitdem mehr in der Kirche bestattet werden.

Zurück in Santiago de Compostela gibt man sich in den Straßencafés und Restaurants wieder den irdischen Gelüsten hin. Doch eine nie gefühlte innere Kraft und Ruhe macht sich bemerkbar. Kommt das durch die vier Wallfahrtsorte?

ReiseTravel Fact: Nach Galizien fährt man nicht für einen Bade- oder Strandurlaub, sondern wegen der vielfältigen Natur und Kultur. Die Strände am Atlantik sind wahre Traumstrände aber das Wasser ist zu kalt.

Wichtig ist, in Galizien kann man gut essen. Der Atlantik bestimmt mit Fisch, Muscheln und Seekrake die Speisekarte. Wer Oktopus, Muscheln und Fisch mag, kommt hier voll auf seine Kosten. Eine Spezialität sind Entenmuscheln. Eine Tapas-Tour ist sowieso der Klassiker.

Dass nächste Heiliges Jahr ist im Jahre 2021.

Spanisches Tourismusamt www.spain.info - www.spanien-reisemagazin.de

Veranstalter: www.pilgerreisen.de, www.biblische-reisen.de

Klima: Mildes Klima, durchschnittlich 12 Grad im Winter und 24 Grad im Sommer. Absolut moderat, nicht zu heiß und nicht zu kalt. Klimaanlagen sind absoluter Luxus.

Paradore: www.parador.es - Landhäuser: www.turgalicia.es - Ferienhäuser: www.atraveo.de -

www.feline-holidays.de/

Restaurant O Dezaseis, Rúa de San Pedro, 16 www.dezaseis.com Kellerlokal mit rustikaler Einrichtung. Es gibt Empanadas mit Tunfisch gefüllt. Böllerschüsse knallen durch den Abend. Schießerei? Weit gefehlt, ein Fest wird in der Nähe gefeiert.

Übernachten im Nonnenkloster in Santiage Compostela, Hotel AC Palacio del Carmen www.ac-hotels.com

Restaurant San Clemente, www.restauranteanciemente.com

Restaurant Cantina Rio Covés, Nogueriosa, www.riocoves.com am Rio Covés

Hotel Meliá Maria Pita liegt direkt am Stadtstrand in Coruña, www.media.com

Restaurante A Fabrica de Vilanova in Allariz

www.afabricadevilanova.com

Restaurant Hotel Rústico Fontequeiroso Muxía, www.casafontequeiroso.com

Ein Beitrag für ReiseTravel von Gabi Dräger.

Gabi Dräger ReiseTravel
 

Unsere Autorin Gabi Dräger zeichnet bei ReiseTravel verantwortlich für die Redaktion Hotels & Restaurants. Ihr Thema sind die Berge. Sie lebt und arbeitet in München.

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