Kosice | Kosice im Regen |
In Kosice regnet es 3 Tage später. Wenn überhaupt: Die Wetterweisheit stammt noch aus Zeiten der Tschechoslowakei!
Slowakei: Unsere junge Reiseführerin Ivanka Kavulic kennt sie trotzdem: „Erster Tag Prag, zweiter Bratislava und schließlich Kosice“. Die sehenswerte Stadt am Fluss Hornád war 2013 europäische Kulturhauptstadt.
Der Atem dieser Zeit ist auch heute überall spürbar. Von der denkmalgeschützten Altstadt aus hat sich ein traditionsbewusstes Leben mehrerer Völker und Nationalitäten verbreitet: Staatstheater, Haus der Künste, Jüdisches Kulturfestival, Streetart, Pop-Art in memoriam Andy Warhol, dessen Vorfahren aus der Slowakei stammen (Andrej Warhola), Kulturzentrum für Kreative in der alten Tabakfabrik, Museen und Bibliotheken. Fest verankert im aktuellen kulturellen Jahresablauf der mittelalterliche „Tag der Stadt“, die Museen- und Galeriennacht, das Gourmet-Fest oder das Kosicer Weinfest. Hauptsächlich veranstaltet auf der „Hlavna“, dem mit über einem Kilometer längsten Boulevard der Slowakei. Rastislav Trnka, Präsident der Regionalverwaltung, betont dann auch: „Das Jahr der Kulturhauptstadt 2013 war ein wichtiger Meilenstein für Kosice“.
Historie
Košice als zweitgrößte Stadt der Slowakei liegt in der Nähe der ungarischen Grenze. Ihre Ursprünge gehen auf das Mittelalter zurück. Aus dem einstigen Villa Cassa entwickelte sich das lateinische Cassovia, das deutsche Kaschau, das ungarische Kassa und letztendlich das slowakische Košice.
Das 20. Jahrhundert veränderte Košice auf radikalste Weise. 1918 wurde die Stadt Bestandteil der neu gegründeten Tschechoslowakischen Republik, im Jahr 1938 nahm sie für mehr als sechs Jahre Ungarn unter dem Horthy-Regime ein. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges stieg die Anzahl der Einwohner auf mehr als das Doppelte an. 1993 erfolgte die Trennung von Tschechien und die Slowakei wurde ein eigener souveräner Staat und später Mitglied der EU. www.visitkosice.org
Stadterkundung
Markant auf dem Hauptplatz in der City gelegen zwei gotische Kirchen: der riesige Dom der Heiligen Elisabeth und die Michaelskirche aus dem 14.Jahrhundert. Das Bauwerk ist die größte Kirche der Slowakei und östlichste gotische Kathedrale des westlichen Typs in Europa. Endlich ohne Gerüste. Vor der nördlichen Stirnwand der Kirche steht der Urbanturm, ein Glockenturm. Beim Stadtrundgang haben wir die erste Gelegenheit die mittelalterliche Stadtbefestigung von Košice zu sehen. Durch einen Eingang in das Souterrain gelangt der geneigte Tourist zu den rekonstruierten Grundmauern des Unteren Tors, das heute als alternative Galerie und Konzertsaal dient. Beeindruckend auch die historische barocke Pestsäule der unbefleckten Jungfrau Maria. Sie wurde als Dank für die überstandenen Pestepidemien von 1709 und 1710 errichtet. Gelegen gleich hinter dem Staatstheater auf der Hauptstraße mit ihrem historischen und kulturellen Charme. Gewissermaßen das Herz der Stadt.
Hier laden auch zur Einkehr ein die aufwendig sanierten alten Kneipen, Bars und Weinstuben. Wir kamen nicht vorbei am Slavia, am Brauereirestaurant Hostinec (hier wurde jetzt ein neuer Silberschatz entdeckt) und dem Carpano. Einen ganzen Tag verbringen können hätten wir in den zahlreichen Galerien und Museen. So z. B. das Ostslowakische Museum mit dem 11 kg Kosicer Münzengoldschatz, das Ethnografische Museum Humno, das Glasmuseum, das Flugmuseum und weitere.
Beim intensiven Stadtbummel zu entdecken gilt es auch die orthodoxe Synagoge an der Puškinova Straße, eine von drei noch existierenden steinernen Synagogen. Traurig verlief die Geschichte der Kaschauer Juden. War vor dem Weltkrieg ein Viertel der 60.000 Einwohner zählenden Stadt jüdisch, so überlebten nur 2.000 bis 3.000 den Holocaust. Heute bilden etwas mehr als 250 registrierte Gläubige die zweitgrößte slowakische Gemeinde, der Rabbi reist einmal pro Woche aus Budapest an. Košice war eine Drehscheibe für die Bahntransporte der ungarischen Juden nach Auschwitz. Die orthodoxe Synagoge, die zu kommunistischen Zeiten eine Lagerhalle war, wird heute als Museum genutzt.
Multikulturell aber ist Kosice schon lange nicht mehr. Da wären noch die Roma, die aber aus dem Zentrum vertrieben wurden und nun in teilweise ruinengleichen Plattenbauten am Rande der Stadt leben. Seit Langem laboriert man in der Verwaltung daran herum, wie mit den Roma umzugehen sei, von denen die meisten nicht in die Mehrheitsgesellschaft integriert sein wollen und doch von Sozialhilfe leben. Die obere Slowakei ist eines ihrer Stammländer. Der sozialistische Versuch hat es über 40 Jahre nicht geschafft, die Minderheit einzubeziehen. Auch jetzt sieht es nicht besser aus. Zumindest wird diskutiert, die Zuwendungen jetzt wöchentlich statt pro Monat zu verteilen. Denn meist sind die Großfamilien schon nach 10 Tagen wieder pleite.
Stadt der Universitäten
In Kosice gibt es mehrere Hochschulen und Universitäten, darunter die TU, die Veterinärmedizinische Uni und die Pavol-Jozef-Šafárik-Universität. Letztere – die Alte Universität - geht zurück auf das Jahr 1660 und war eine Gründung des Kaisers Leopold I. Alle Bildungseinrichtungen haben einen anerkannten internationalen Ruf und es werden immer mehr ausländische Studenten immatrikuliert. Leider besteht aktuell noch die Tendenz, dass die jungen Absolventen nach Westeuropa und vor allem Deutschland abwandern. Vor allem dem Gelde wegen. Mit der zunehmenden Entwicklung von Kosice zum IT-Zentrum (ca.15.000 Arbeitsplätze) und der Schaffung einer Smartregion gibt es aber jetzt auch eine Gegenbewegung.
Blick in die Region
Wem bei längerem Aufenthalt die Stadt zu eng wird, der hat viele Chancen, die einladenden Sehenswürdigkeiten und Ausflugsziele in der Region zu besuchen. Da sind vor allem der Nationalpark Slowakisches Paradies (herrliche Wanderziele) www.slovenskyraj.eu mit dem Zentrum Cingov und Spisska, zahlreiche Höhlen, darunter die Domica mit Bootsfahrt oder die Weingüter Tokaj in Veľká Tŕňa. Sie liegen an der Tokaier Weinstraße und laden Kenner zur Verkostung von bis zu 10 Sorten ein.
Über den Tokaier Wein sagt man mit Recht, dass er „der König der Weine und der Wein der Könige ist“, weil er in der Vergangenheit an keinem königlichen Hof in Europa fehlen konnte. Inzwischen macht ein international fixiertes Projekt der Region von sich reden: „18 x UNESCO aus Kosice bis 100 Minuten“. Kennenlernen werden die Besucher 18 atemberaubende UNESCO-Welterbestätten, die innerhalb der Ostslowakei in weniger als 2 Stunden Autofahrt zu erreichen sind. Dazu gehören u. a. wunderschöne Klammen und Canyons des Slowakischen Karstes, die Zipser Burg - die flächenmäßig größte Burganlage in Mitteleuropa oder sechs geheimnisvolle Tropfsteinhöhlen (#KOSICEREGION). 2019 wird für Kosice ein besonderes Jahr. Hier tobt im Mai die 83. Eishockey-Weltmeisterschaft. Um den Titel spielen dann 16 Nationalmannschaften, auch in der Hauptstadt Bratislava. Das schicke Fanzentrum in Kosice war früher eine biedere Militäreinrichtung. Konversion der besseren Art. 12 Prozent aller Touristenhighlights konnte ich in kurzer Zeit halbwegs erleben. Grund genug, die fehlenden Orte in den nächsten Jahren zu erkunden.
ReiseTravel Service
Anreise: Direktflug Düsseldorf, München, Wien, ab Berlin per Flixbus oder Bahn.
Kosice-Turizmus, Hlauna 6, 04001 Kosice, +421 (0) 907722470, www.visitkosice.org Herr Miloslav Klima.
Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Günter Knackfuß. Freier Journalist.
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