Agnetendorf

Gerhart Hauptmann in Polen - Reise zu den Wurzeln - Lifestyle & Mode

Auf Spurensuche in Niederschlesien im Jahr seines 150. Geburtstags: Vor 150 Jahren, am 15. November 1862, wurde Gerhart Hauptmann geboren. Genau 50 Jahre später erhielt der bedeutende Schriftsteller den Literatur-Nobelpreis. Sein Leben und Werk sind eng verbunden mit Niederschlesien, wo er geboren wurde und auch 1946 starb. In der heutigen polnischen Woiwodschaft Dolnolaskie findet man zahlreiche Erinnerungen an den berühmten Literaten.

Geboren wurde Gerhart Hauptmann vor 150 Jahren in Ober-Salzbrunn, dem heutigen Kurort Szczawno Zdrój. Sein Geburtshaus, das ehemalige „Hotel zur Krone”, heißt jetzt Korona Piastowska und dient als Kurhaus. Aufgewachsen ist Gerhart Hauptmann hier mit seinem vier Jahre älteren Bruder Carl, der ebenfalls Schriftsteller wurde, sowie mit zwei weiteren Geschwistern. Das ehemalige Hotel liegt gleich neben dem Kurpark mit seiner hölzernen Trink- und Spazierhalle. Der Platz vor dem Gebäude ist dem berühmten Sohn der Stadt gewidmet.

Im Alter von 12 Jahren wechselte Hauptmann vom beschaulichen Kurort in die Großstadt Breslau, wo er die Realschule besuchte. Das im klassizistischen Stil erbaute Gebäude befindet sich in der heutigen Straße ul. Teatralna 6/7 in Wroclaw. Die Schule kann sich rühmen, zwei spätere Nobelpreisträger unterrichtet zu haben, neben Hauptmann auch den Chemiker Fritz Haber. Gerhart Hauptmann gab dort allerdings nur ein kurzes Gastspiel. Nach vier Jahren ging er vorzeitig ab, um eine landwirtschaftliche Ausbildung zu beginnen. Später absolvierte er die Bildhauerklasse an der Breslauer Kunst- und Gewerbeakademie, bevor er sich nach einigen Versuchen in der Bildhauerei ganz dem Schreiben zuwandte.

Obwohl Hauptmann zunächst nach Erkner bei Berlin und dann nach Berlin zieht, bleibt er seiner niederschlesischen Heimat treu. 1892 wird sein bekanntestes Stück veröffentlicht, „Die Weber”. Es bringt ihm zunächst Ärger mit der preußischen Zensur ein, verhilft ihm dann aber zum Durchbruch. Hauptmanns Stück widmet sich den Weberaufständen von 1844 im Eulengebirge, nicht weit entfernt von seinem Geburtsort.

Eindrucksvoll beschreibt Hauptmann darin die Not der schlesischen Weber. Bis heute sind die Zentren des damaligen Aufstands, Bielawa (Langenbielau) und Piechowice (Peterswaldau), von der Textilindustrie geprägt. An die Not der früheren Bewohner erinnert dort aber wenig. Wer einen Eindruck davon bekommen will, unter welchen Bedingungen die Weber früher lebten, muss ein paar Kilometer weiter südlich, in den kleinen Ort Che?msko ?l?skie (Schömberg), reisen. Dort blieb bis heute ein Ensemble alter hölzerner Weberhäuser aus dem 18. Jahrhundert erhalten, die sogenannten „Zwölf Apostel”. In einem der Häuser befindet sich heute ein kleines Webermuseum.

Wer sich weiter auf den Spuren von Gerhart Hauptmann durch Niederschlesien bewegen möchte, sollte westwärts ins Riesengebirge reisen. In Szklarska Poreba (Schreiberhau) erwarb Hauptmann zusammen mit seinem Bruder Carl 1890 ein Bauernhaus. Mit den Hauptmann-Brüdern entwickelte sich der Ort am Fuße des Bergs Reifträger (heute Szrenica) zum schlesischen Worpswede. Immer mehr Künstler und Intellektuelle ließen sich dort nieder oder kamen häufig zu Besuch. Während Gerhart nur bis 1894 in dem gemeinsamen „Schreiber-Häusel” blieb, lebte sein Bruder Carl dort noch bis zu seinem Tod im Jahr 1921. Im „Dom Carla i Gerharta Hauptmannów”, dem Haus von Carl und Gerhart Hauptmann, befindet sich heute ein Museum, das an die beiden berühmten Schriftsteller und die Geschichte der Künstlerkolonie erinnert.

Gerhart Hauptmann zog es weiter in das nahe gelegene Bergdorf Agnetendorf, das heutige Jagniatków. Für sich und seine zweite Frau Margarete Marschall ließ er sich hier eine prachtvolle Jugendstilvilla erbauen, das „Haus Wiesenstein”. Seit 1901 war dort sein bevorzugter Wohnsitz, immer wieder zog er sich aus dem Berliner Trubel dorthin zurück und traf sich auch mit Künstlern und Politikern. Ein Schutzbrief der Roten Armee erlaubte es ihm, auch nach dem Kriegsende dort wohnen zu bleiben. Am 6. Juni 1946 starb er in seiner niederschlesischen Villa, ein Sonderzug brachte seine Witwe mit dem Sarg und großen Teilen der Einrichtung nach Deutschland, Hauptmann wurde später auf der Insel Hiddensee beerdigt.

Die „Villa Wiesenstein” war lange Jahre ein Kindergarten, bevor hier 2001 nach umfangreicher Renovierung ein Museum für Gerhart Hauptmann eröffnet wurde. Neben den Museen in seinem Wohnhaus in Erkner und seinem Ferienhaus auf Hiddensee befindet sich hier die wichtigste Erinnerungsstätte für den ehemaligen Nobelpreisträger. Zu sehen ist dort die berühmte Paradieshalle, die von dem schlesischen Maler Maximilian Avenarius mit Szenen aus dem Leben und Werk von Hauptmann gestaltet wurde. Außerdem gibt es hier Ausstellungen zur Geschichte des Hauses sowie zum Leben und Werk von Gerhart Hauptmann. Im Jubiläumsjahr des Schriftstellers plant das Museum mehrere Sonderveranstaltungen.

Museum im Haus von Carl und Gerhart Hauptmann in Szklarska Poreba, www.domhauptmannow.pl - Museum Gerhart-Hauptmann-Haus in Jagniatków www.muzeum-dgh.pl 

Polnisches Fremdenverkehrsamt, Kurfürstendamm 71, D-10709 Berlin, Tel.: 030 / 21 00 92-0, info.de@polen.travel - www.polen.travel   

Von Klaus Klöppel

Buchtipp: ReiseTravel empfiehlt  

„Die Weltgeschichte ist aus­gerutscht“, so äußerte sich der Literaturnobelpreisträger Gerhart Hauptmann immer wieder über das, was sich in den letzten zwei Jahren seines Lebens um ihn herum ab­spielte. Was er sah, war das brennende Dresden, Heimatvertriebene, gequälte Seelen auf allen Seiten.

Gerhart Hauptmann

Der Zweite Weltkrieg war be­endet: die Irrungen und Wir­rungen um Grenzverläufe begannen. In jenen Tagen begleitete Gerhart Pohl den Dramatiker Hauptmann und beschreibt in seinen nun wieder veröffentlichten Erinne­rungen eindrucksvoll die letzten Tage eines der größten Dramatiker des 20. Jahrhun­derts.

So erfuhr der sowjetische Kommandant Oberst Smirnow von Hauptmanns Anwesenheit in Agnetendorf und dieser stellte ihn sofort unter den Schutz der sowjetischen Besatzungsmacht. Weniger positiv verliefen die Gespräche mit der polnischen Administration. Es folgten Übergriffe polnischer Beutesucher und Plünderer. Eine positive Rolle spielte der Präsident des Berliner Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, Johannes R. Becher. Nach seinem Tode am 06. Juni 1946 wurde Hauptmann auf die Insel Hiddensee überführt und dort bestattet.

Trotz seiner tragischen Aussa­ge enthält Pohls Buch über die letzten Tage Gerhart Hauptmanns auch einige Hoffnungsschimmer.

Gerhart Hauptmann wurde am 15. November 1862 in Schlesien geboren, widmete sich nach kurzem Bildhauerstudium ganz dem Schreiben. Die Werke „Bahnwärter Thiel“ (1888) und „Die Weber“ (1892) verhalfen ihm zum Durchbruch. Der Nobelpreisträger lebte abwechselnd in Italien, auf Hiddensee oder im schlesischen Agnetendorf, wo er seine letzten Jahre verbrachte und schließ­lich am 6. Juni 1946 verstarb.

Der Autor Gerhart Pohl, geboren am 09. Juli 1902 in Trachtenberg, war sowohl Schriftsteller als auch Verlagslektor. Er begleitete Hauptmann viele Jahre und war bis zuletzt sein persönlicher Mitarbeiter. Gerhart Pohl bekannte ein­mal, für ihn sei Gerhart Hauptmann das Erlebnis seines Lebens ge­wesen. Pohls Werk erschien nach 1945 im Lettner Verlag.  

Bin ich noch in meinem Haus? - Gerhart Pohl - Plöttner Verlag 

Bin ich noch in meinem Haus? Die letzten Tage Gerhart Hauptmanns Von Gerhart Pohl, Plöttner Verlag, ISBN 978-3-86211-044-5, www.ploettner-verlag.de

Das Buch kostet im Buchhandel 17,90 Euro.  

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