Titlis

Schwankende Attraktion auf 3.020 Meter Höhe ist eine Attraktion

In der Zentralschweiz wurde Europas höchste Hängebrücke auf dem Titlis eröffnet: Der kleine Ort Engelberg im Hochtal, direkt am Fuß des Titlis, einem Dreitausender der Westalpen, ist nicht arm an Attraktionen. Die weite Sicht auf die majestätische Bergwelt hat zunehmend Reisende angezogen. Im Januar 1913 wurde die erste Drahtseilbahn von Engelberg zur Gerschnialp eröffnet, um in den folgenden Jahrzehnten immer weiter das Berg-Panorama zu erobern. Zum hundertjährigen Jubiläum der Bergbahn wurde am Titlis eine Hängebrücke über dem Abgrund eingeweiht.

Auf dem Weg zum Gipfel des Titlis

Titlis Hängebrücke

Mit der Rotair Bahn zum Gipfel: Bereits der Weg zu dem Abenteuer auf dem Gletscherberg ist ein Abenteuer. Von den Parkplätzen in Engelberg führen Gondeln auf den Titlis. Auch jetzt im Mai drängen sich in den Gondeln zwischen den Touristen viele Skifahrer und vor allem junge Leute mit Snowboards. Noch sind unter den Wolken wundervolle Sichten auf Engelberg mit seiner Umgebung zu erhaschen. Doch auf über 2000 Meter Höhe herrscht der Nebel total. Aber die zumeist einheimischen Skifahrer lassen sich die Laune nicht verderben. „Bei dem Wetter haben wir mehr Platz auf den Pisten“ lautet ihr Kommentar.

Nach ungefähr einer halben Stunde Fahrt steht der letzte Abschnitt bis zum Gipfel bevor. Die Besucher legen diese Strecke in der Rotair Bahn zurück, der ersten drehbaren Luftseilbahn der Welt. Während der Fahrt zum Titlis dreht sich der Innenraum der Gondel einmal um die eigene Achse. Als die Endstation erreicht ist, drängen alle Fahrgäste aus der Bergstation Richtung Gletscher. Und nur wenige hundert Meter von der Station entfernt, da wartet die neue Attraktion: eine einhundert Meter lange Hängebrücke aus Metall, die leicht schwankt, wenn sie betreten wird. Sie hat sich den Titel „Höchste Hängebrücke Europas“ erobert. Von ihr blickt der Besucher bei guter Sicht 500 Meter in die Tiefe, jetzt Anfang Mai bei Nebel ist der Nervenkitzel etwas ausgebremst und alles leider in Watte gepackt.

Die einhundert Meter lange Hängebrücke: Europarekord kein Selbstzweck: Im Sommer 2011 habe ich mich an der Südwand abgeseilt und festgestellt, dass die einzige Möglichkeit für einen Rundweg auf dem Titlis künftig nur eine Hängebrücke darstellt“, erzählt Peter Reinle. Er ist Marketingleiter und einer der stellvertretenden Geschäftsführer der Titlis Bergbahnen. Der „Europarekord“ der Brücke war also kein Selbstzweck, sondern ein Puzzleteil für insgesamt mehr Panoramasichten. Die größte Herausforderung stellten beim Bauen auf 3000 Meter Höhe die Wetterverhältnisse dar. Es habe Tage gegeben, so Reinle, da konnten die hoch dotierten Experten der Schweizer Firma Gasser Felstechnik keine Anker in den Felsen setzen, sondern haben erst einmal Schnee geschaufelt.

Recht schwierig gestaltete sich auch der Transport des Materials. Aus Gründen der Ökologie und der Kosten wurde auf den Einsatz von Helikoptern weitgehend verzichtet. Deshalb fuhr nach Betriebsschluss die Bergbahn am Abend und in der Nacht. Die Stahlseile der Brücke halten Felsanker, die neun Meter tief in das Gestein getrieben wurden. „Wir schufen hier ein Bauwerk, das Jahrhunderte halten wird“, ist Reinle überzeugt. Die Belastungsgrenze der Brücke liege bei 300 Tonnen Schnee und einem gleichzeitig tobenden Sturm mit 200 Stundenkilometer. „Den ganzen Winter war unsere Brücke bei stürmischem Wind schneefrei und die höchste Windgeschwindigkeit lag bei 170 Stundenkilometer - also keine Gefahr.“ Außerdem wird bei Sturm ab 100 Stundenkilometer die Brücke gesperrt und auch die Bergbahn stellt den Betrieb ein.

"Rodeln auf dem Gletscher" Marketingleiter Peter Reinle

Der Gang über die Hängebrücke ist im Preis mit inbegriffen, die weitere Fahrt mit dem Sessellift Ice-Flyer kostenpflichtig. Die Sicht an diesem Tag im Mai wird durch einen Nebelvorhang verdeckt und Schneegriesel fällt ohne Unterlass vom Himmel. Doch die Touristen, darunter viele aus Asien, lassen sich nicht davon abhalten, auf dem Gletscher in bunte Snow-tubes zu steigen. Rund 30 Sekunden dauert eine Rutschpartie. Insgesamt machen sich zwei große Gästegruppen auf den Weg hinauf zum Titlis. Das sind zum einen die Touristen aus Übersee, vor allem aus Indien und China, zunehmend auch Brasilien, die auf ihrer Europatour hier Station machen. Und zum anderen kommen viele Schweizer zum Berg, Touristen aus ganz Europa und darunter viele Deutsche.

Die höchstgelegene Hängebrücke in Europa wird sicherlich dazu beitragen, dass der Strom der Touristen zum Gipfel des Titlis anhält. Titlis zählt neben dem Jungfrau-Joch im Berner Land zu den zwei führenden Bergzielen im internationalen Tourismus.

Hobby-Bergsteiger Peter Reinle sind die Visionen nicht ausgegangen. Bis 2020 werden die Bergbahnen Titlis etwa 100 Millionen Franken vor allem in den Berg investieren. Die Zahl der Besucher soll allerdings nicht erhöht werden. www.titlis.ch

Ein Beitrag für ReiseTravel von Ronald Keusch. Fotos: bergbahn titlis

Ronald Keusch  

Unser Autor ist freier Journalist mit dem Schwerpunkt Tourismus, er lebt und arbeitet in Berlin. 
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