Bologna

Entdeckungen im Savio-Tal der Emilia Romagna

Das authentische Italien ohne große Pilgerströme von Touristen gibt es noch. Dazu gehört die norditalienische Region Emilia Romagna, die sich von den Apenninen bis zum Fluss Po im Norden erstreckt. Eine große Zahl der Urlauber macht Naturtourismus im Po-Delta, unternimmt Kulturtrips nach Bologna und Ravenna und bevölkert vor allem die Strände an der Adriaküste. Aber schon knapp zwei Dutzend Kilometer von der Küste entfernt warten im Savio-Tal Orte und pittoreske Landschaften, die sich wie in einer Perlenkette aneinanderreihen.

Savio Tal Emilia Romagna Norditalien

Wandern im Wald des Wohlfühlens

Beginnen wir die Entdeckungsreise in dem kleinen Provinzstädtchen Bagno di Romagna. Wie in anderen Thermal-Orten der Region haben sich die Hotels hier auf Wellness spezialisiert und bieten vielfältige SPA-Anwendungen. Seit diesem Sommer steht Forest Bathing auf dem Programm. Dahinter verbirgt sich ein neu eröffneter Wanderweg des Wohlfühlens durch den Wald. Die Grundlage für diesen Weg ist der seit 20 Jahren hier eingerichtete Naturpark. In diesem Wald des Wohlseins wird der Wanderer nicht allein gelassen, sondern ein Dutzend aufgestellte Pfähle mit Informationen spornen an und motivieren, die unzähligen Bäume, die Zypressen, Zedern, Linden, Eichen, Fichten und Schwarzkiefern bewusst wahrzunehmen. Ein spannendender Pfad des Wohlfühlens, gesponsert vom Zeitgeist, der mit diesem Beispiel wirklich für Ausspannen und für Harmonie sorgen kann. 

Der Triumph des Dionysos

Die nächste Station der Perlenkette ist das alte und hübsche Apenninen Berg-Dorf Sarsina mit 2.000 Einwohnern auf den Hügeln der Romagna – die älteste Stadt im Savio-Tal. Hier befindet sich das Nationale Archäologische Museum der Stadt, eines der wichtigsten Museen dieser Art in Norditalien. Faszinierend sind der Reichtum und die Verschiedenheit der Fundstücke. Zu den Glanzlichtern zählt die Fachwelt das Mosaik „Der Triumph des Dionysos“ und das imposante 13 Meter hohe Grabdenkmal „Mausoleum von Rufus“. Die zahlreich versammelten Statuen erzählen die Geschichte von Sarsina von prähistorischer Zeit bis zur Spätantike. Es finden sich Reliquien aus der griechischen Welt, aus dem alten Umbrien, der römischen Zeit bis hin zu östlichen Gottheiten.

Bagno di Romagna

Elvis Moro spielt und baut Gitarren

Von der Bewahrung von Kultur und Historie Umbriens und des alten Roms bis hin zur Bewahrung der italienischen Tradition des Musikinstrumenten-Baus: Ganz in der Nähe von Sarsina liegt die auf einem Hügel angelegte und im Mittelalter befestigte kleine Ortschaft Calbano. Hier befindet sich das Domizil von Elvis Moro und seiner Familie. Der Musiker Moro hat sich darauf spezialisiert, nicht nur Gitarre zu spielen, sondern auch die Instrumente zu bauen. Aber nicht schlechthin Gitarren, sondern italienische Gitarren wie sie vor Jahrhunderten hergestellt wurden. Dazu gehört es beispielsweise, Klebstoffe von tierischem Ursprung, besondere Harze für Farben und einen speziellen Lack zu verwenden sowie lange Trocknungszeiten einzuhalten. Die Quelle des Autodidakten sind antike Bücher. Etwa 400 Arbeitsstunden veranschlagt er für die Herstellung eines Instruments. Und er meint, dass er der Einzige im Land für solche Gitarren sei. Recht standesgemäß ist der Ort seiner Werkstatt. Die Sandsteinblöcke und rötlichen Ziegelsteine aus römischer Zeit sind unter den grauen Steinen des Mittelalters noch an einigen Stellen erkennbar. Das hat schon etwas von historischem Atem. Ein Besuch der Hügelspitze Calbano lohnt in jedem Fall, auch wenn die Werkstatt von Elvis verschlossen ist. https://www.lachitarraitaliana.com  

Winzerin Elisa Baraghini

Weinprobe bei Winzerin Elisa

Weiter führt die Tour in die kleine Gemeinde Mercato Saraceno, den jüngsten Ort im Tal, entstanden aus einem kleinen Markt- und Handelsplatz. Die Bürgermeisterin Monica Rossi ist sehr stolz, dass es ihre Gemeinde geschafft hat, in diesem Jahr als „Stadt des Weines“ ausgezeichnet zu werden. Eine berühmte Sorte der Region ist der Vino Famoso, eine Weißwein-Rebsorte mit dezentem Muskatton. Auf den Hügeln der Stadt liegen die Weinberge. Im Nordwesten befindet sich das Castello und Weingut Montesasso von der Besitzerin Elisa Baraghini. Die junge Winzerin ist sehr stolz, dass sie einen florierenden ökologischen Weinanbau betreibt, ohne Einsatz von Chemie und Maschinen. Ihre Jahresproduktion liegt bei 7.000 Flaschen. Bei einer Weinprobe werden drei Jahrgänge der Marke „Rapsodya“ verkostet, in denen der Besucher die Wärme der Sommer in der Emilia Romagna schmecken kann. Winzerin Elisa ist auch gern Gastgeberin, lächelt sie, ihr Weingut hat Quartiere für Touristen.

Die berühmte Bibliothek von Cesena

Das Finale der Perlenkette durch das Savio-Tal ist die Stadt Cesena mit knapp 100.000 Einwohnern am Fuß des Gebirgszugs der Apenninen. Auch hier müssen die Gäste selbst in der Hochsaison kaum befürchten, dass sich in der mittelalterlichen Stadt die Touristen drängen. Der Besucher hat ausreichend Platz und Muße, ausgiebig die wunderbaren Sehenswürdigkeiten in Augenschein zu nehmen.

Da ist zuallererst die Biblioteca Malatestiana, der ein großer internationaler Ruf vorauseilt. Manche Experten zählen sie zu den berühmtesten Bibliotheken Italiens, ja ganz Europas. Und das völlig zu Recht. Sie ist die älteste bürgerlich-städtische Bibliothek in Europa. Ihr Konzept geht auf das 15. Jahrhundert zurück, als eine Sammlung hochwertiger Bücher des ehemaligen Klosters der Franziskaner durch einen exzellenten privilegierten Leseraum mit Schreibpulten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Ein spezifisches klassisches Merkmal sind der Lichteinfall und die Farben. Für natürliches Licht sorgen große runde Fenster. Und die dominierenden Farben sind das Rot der Ziegel, das Weiß der Säulen und das Grün der überspannenden Decke des Raums. Rot – Weiß – Grün, die Nationalfarben des späteren Italiens. Insgesamt hat die Bibliothek einen Buchbestand von 400.000 Exemplaren, darunter auch hunderte wertvolle Manuskripte und Bücher griechischer und römischer Herkunft, die an 58 Lesetischen studiert werden können. Wem kommt beim Betrachten dieser alten Buch-Schätze nicht eine Erinnerung an den Film „Der Name der Rose“, der mit Sean Connery in einer mittelalterlichen Abtei mit einer großen Bibliothek sehr alter Schriften spielt. Bekannt ist auch das Eingangsportal mit der Abbildung eines Elefanten, des Symbols der Bibliothek, wo der Spruch verewigt, ist: „Der indische Elefant fürchtet keine Mücke.“

Einen eleganten Kontrast zur Renaissance Bibliothek liefert Kunst aus der Gegenwart an der Rückseite der Piazza del Popolo. Es sind die „Equilibristi“, Kunstwerke aus Bronze von dem Künstler Leonardo Lucchi. Sie zeigen die Schönheit und Magie des Zirkus. Aber mancher Besucher sieht darin auch ein Stück Lebensgefühl der Italiener. Darauf deuten auch weitere Statuen an Plätzen und Straßen von Cesena.

Ritterspiele am Masini-Brunnen

Die Piazza del Popolo ist zweifellos der bedeutendste pittoreske Platz der Stadt. Hier steht ein architektonisches Juwel, der Masini-Brunnen aus istrischem Stein geschlagen. Er wurde im 16. Jahrhundert errichtet und ist zu Füßen der Festungsmauern angelegt. Der Brunnen wie die Festung Rocca Malatestiana bilden das Zentrum der Stadt. Burg, Bibliothek und Kathedrale verdanken ihre Existenz der italienischen Adelsfamilie Malatesta, die im 14. und 15. Jahrhundert die Stadt beherrschte.

In diesem September fanden wieder Ritterspiele statt und das Gedränge war groß, da fielen die wenigen Touristen kaum ins Gewicht. Die Festung mit ihren Wehrtürmen und Mauern liegt auf dem Gipfel des Hügels Garampo. Nicht allein die Festungsmauern sind sehenswert, sondern auch die Aussichten. Zumindest die Küste der Adria ist zu sehen und bei Fernsicht-Wetter sogar Kroatien. Der wohl berühmteste Besucher war Leonardo da Vinci. Er hatte von der damals herrschenden Adelsfamilie Borgia den Auftrag, die Festungsanlagen der eroberten Städte in der Romagna zu inspizieren. Dazu fertigte er einige Handzeichnungen an, die heute in Museen in Paris aufbewahrt werden.

Abtei Santa Maria del Monte mit Ex-voto-Sammlung

Der Weg von der Festung führt in den Abendstunden wieder über eine lange Treppe zurück auf die Piazza del Popolo und den hell angestrahlten Masini-Brunnen. Tagsüber bietet das Zentrum mit der gotischen Kathedrale Giovanni Battista und den vielen kleinen Verkaufsläden in der Altstadt das Vergnügen des Bummelns. Wie auch in anderen europäischen Städten muss der Besucher auch in Cesena eine nicht geringe Zahl von geschlossenen Läden registrieren. Die Krise macht auch um die Region Emilia Romagna keinen Bogen.

Auf den Hügeln der Stadt unter dem Pass Speziano liegt auf 135 Metern Höhe die Abtei Santa Maria del Monte, eine weitere historische Sehenswürdigkeit der Stadt, deren Anfänge auf das 11. Jahrhundert zugehen. Das Innere der Basilika besteht aus dem Kirchenschiff mit vier Kapellen auf jeder Seite, die mit hochwertig künstlerischen Werken bestückt sind. Ein bemerkenswertes Erbe der Abtei ist eine Sammlung von Votivtafeln mit 690 Stücken. Sie besteht aus kleinen Gemälden aus dem Jahr 1400, die Gebete und Wünsche darstellen, mit denen die Stadt Cesene und ihre Bewohner Schutz suchten. Diese historischen Votivbilder wurden nun noch ergänzt mit gegenwärtigen aktuellen Wünschen, man findet Bitten um Schutz vor Unfällen oder Krankheiten. Votivbilder mit der Schutzsuche vor Pleiten und dem Konkurs der kleinen Ladenbesitzer sind bisher noch nicht zu entdecken.

Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Ronald Keusch.

Ronald KeuschUnser Autor ist freier Journalist mit dem Schwerpunkt Tourismus, er lebt und arbeitet in Berlin. (Die Reise wurde organisiert von der italienischen Handelskammer für Deutschland ITKAM)  
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