Stonehege

Der Tourismus Magnet Stonehenge aus der Urzeit in der weiten Graslandschaft von Süd-England ist einen Besuch wert

Kultstätte: Wer sich auf den Weg zu dem Steinzeitmonument im Süden von England macht, dem kommt unweigerlich Mystik und Magie in den Sinn. Da tauchen dann vielleicht auch die berühmten Anfangsszenen des Films von Stanley Kubrik „Odyssee im Weltraum“ wieder auf. Untermalt von der Musik von Richard Strauss „Also sprach Zarathustra“ tanzt eine Gruppe von Vormenschen in der Savanne ängstlich um einen Monolithen, kraftvolle Bläserfanfaren von der Wiege der Menschheit – unheimlich.

Eine Million besuchen die Kultstätte

Stonehenge ReiseTravel.eu

Es fällt dem Besucher sichtlich schwer, sich beim Annähern an die heilige prähistorische Kultstätte noch ein wenig von einer magischen Vorstellung zu bewahren. Denn heute erwartet ihn hier eine vor drei Jahren neu errichtete moderne Besucheranlage, die die jährlich wachsende Masse an Tourismus aufnimmt (pro Jahr knapp eine Million Besucher). Ebenfalls lange vorbei sind die Zeiten, als die neugierigen Besucher auf zwei stark befahrenen Straßen parkten, eine von ihnen wurde vor Jahren schon verlegt. Die Weiten der hügeligen Graslandschaften beherbergen ein unendlich großes Parkplatz-Gelände. Lange Schlangen an den Kassen säumen den Zugangsweg zum knapp drei Kilometer entfernt liegenden Monument, der zu Fuß oder im kostenlosen Shuttlebus zurück zu legen ist. Das englische Veranstalter-Konsortium hat alles im Griff. Der Verein Englisch Heritage wirbt mit kostenlosem Eintritt an historischen Orten um eine Mitgliedschaft – kein Angebot für die vielen England-Touristen. Die lösen die Tickets mit jährlich steigenden Preisen, online-Buchungen sind etwas günstiger. Das Preisschild: Der Erwachsene zahlt 15.50 und Kinder von 5 bis 15 Jahren immerhin noch 9.30 Pfund.

Der Zauber des Steinkreises

Doch selbst der Andrang in der Sommer-Urlaubszeit kann nicht verhindern, dass bei der Annäherung an das Steinzeitmonument die gesamte archäologische Landschaft einen gewissen Zauber entfaltet. Im Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit steht die zentrale Steingruppe, die vor rund 2500 Jahren an diesen Ort transportiert und in Kreis- und Hufeisenform aufgestellt wurde. Ursprünglich existierte hier eine Einfriedung (engl. henge) mit Außenwall und innerem Graben, die in den Jahrhunderten versandeten. In den Forschungen besonders der letzten Jahrzehnte fanden die Wissenschaftler auch eine Avenue, vermutlich angelegt als Prozessionsweg vom Ufer des nahen Flusses Avons in die Einfriedung des Stonehenge sowie eine größere Anzahl kleiner Steine, so genannter Blausteine. Sie stammen aus den Presli-Bergen im Westen von Wales, 250 Kilometer entfernt von Stonehenge. Manche dieser Steine sind bis zu drei Tonnen schwer. Wie transportierten die Menschen damals diese Gesteinsarten über diese Distanz bis hier hinaus auf die Ebene von Salisbury?

Transport von 35 Tonnen in der Steinzeit

Die Hauptgruppe, die insgesamt 17 Steine umfasst, ist mit einem dünnen Plasteband weiträumig abgesperrt. Sie ist das Ziel der Besucher, die sie in einer schier endlosen Prozession umrundet. Die größten Exemplare aus Sandstein wiegen mehr als 35 Tonnen. Dieser Steinkreis wirft eine ganze Reihe von Fragen auf, die die Ehrfurcht und das Erstaunen über die Erbauer steigen lassen. Denn die Archäologen stellten eindeutig fest, dass diese Steine nicht bei der letzten Eiszeit von Gletschern hier abgelegt wurden. Bei anderen Fragen zum Behauen und Aufstellen der Steine schießen viele kühne Theorien und schillernde Erklärungen ins Kraut. Da werden Balkengerüste nachgebaut, um die Decksteine anzuheben und zu platzieren. Diese Stein-Ungetüme sollen mit einfachen hölzernen Schlitten und Rollen durch die Muskelkraft von 200 Menschen transportiert worden sein.

 Leider gelangt der Betrachter aufgrund der Absperrungen nicht mehr in den Innenkreis des Steinzirkels, um im Detail die Bearbeitung der Steine zu bewundern.

Geldmaschine der Neuzeit

Stonehenge ReiseTravel.eu

Ebenfalls gibt es auch noch eine Reihe von Fragezeichen, warum Stonehenge in der Bronzezeit, weit entfernt von Siedlungsorten, mit so viel Aufwand gebaut wurde. Welche Rolle spielte die Wintersonnenwende oder der Glaube an die Heilkraft bestimmter Steine? Oder ist es nur ein Platz für die Feier von Jahreszeiten und ein heiliger Ort von Feuerbestattungen?

In einschlägigen Reisebüchern wird empfohlen, in dem gemütlichen Stonehenge-Café über diese Rätsel nachzudenken und zu diskutieren. Doch im August 2016 ist dieses Café nicht mehr zu finden und an seine Stelle ist ein riesiges Selbstbedienungs-Restaurant mit Plastiktischen und Plastikstühlen getreten, in dem in Schlangen zu saftigen Preisen Pasta auf Plaste-Tellern und Kaffee in Pappbechern erstanden werden kann. Sicher ist auch der prähistorische, rätselhafte Steinzirkel im Restaurant mit den großen Glasfronten ein Gesprächs-Thema. Nach dem Besuch ist es allerdings für die Touristen kein Geheimnis mehr, dass sich Stonehenge, das Wunder der Urzeit in eine Geldmaschine der Neuzeit verwandelt hat. 

Ein Beitrag für ReiseTravel mit Fotos von Ronald Keusch.

Ronald Keusch ReiseTravel.euUnser Autor ist freier Journalist mit dem Schwerpunkt Tourismus, er lebt und arbeitet in Berlin. 
Sehr geehrte ReiseTravel User, bitte schreiben Sie uns Ihre Meinung, senden uns Ihre Fragen oder Wünsche. Vielen Dank. Ihr ReiseTravel Team: feedback@reisetravel.eu

 

 

ReiseTravel aktuell:

Groningen

Das Wattenmeer ist eine einmalige Landschaft von herber Schönheit. Es bildet den amphibischen Saum zwischen dem Festland und der Nordsee an der...

Samarkand

Tourismushauptstadt: Ein Besuch der berühmten Stadt ist ein unvergessliches Erlebnis und versetzt den Besucher in längst vergangene Zeiten....

Berlin

Soundtrack des Lebens: In erster Linie ist es natürlich der Super-Hit von GERD CHRISTIAN, dem Originalinterpreten dieser wunderbaren...

Prof.Dr.Klaus Kocks

Prof. Dr. Klaus Kocks - Logbuch Unser Autor Prof. Dr. Klaus Kocks ist Kommunikationsberater (Cato der Ältere) von Beruf & Autor aus...

Würchwitz

Der Würchwitzer Milbenkäse - Mellnkase - ist eine Spezialität aus dem Burgenlandkreis von Sachsen-Anhalt: Seit über 500 Jahren...

Berlin

Meir Adoni: Nach seinen preisgekrönten Restaurants in Tel Aviv und New York eröffnete der renommierte Sternekoch Meir Adoni mit Layla sein...

Paris

Nur noch unter Strom: 1996 machte er als erster erfolgreicher Kompaktvan auf dem europäischen Markt Automobilgeschichte. Seither sind 28 Jahre...

Michigan

Eine Modellvariante des Ford Mustangs entwickeln, die es mit den besten europäischen Sportwagen aufnehmen kann? Vor dieser Aufgabe standen 2021...

Merida

Erneuerer des Tourismus: Tourismusregionen, Reiseveranstalter und Hoteliers offerierten die Vielfalt ihrer Angebote sowie touristische Offerten, den...

Samarkand

Samarkand ist quasi ein Mittelpunkt der Seidenstraße: Einst Hauptstadt von Timurs Reich und eine der ältesten Städte weltweit...

ReiseTravel Suche

nach oben