Berlin | Endstation Bornholmer Brücke |
Endstation Bornholmer Brücke
Es ist nichts Außergewöhnliches eine Brücke zu überqueren: Sofern sich nicht ein geschichtsträchtiges Ereignis dahinter verbirgt. Vor nicht allzu langer Zeit – relativ gesehen - war es ganz und gar nicht selbstverständlich, die Bornholmer Brücke in Berlin zu überschreiten. Geschichten über den Mauerfall, das Leben in der ehemaligen DDR; Bände wurden gefüllt mit den Ereignissen von vor zwanzig Jahren. Örtlichkeiten an denen die Geschichte erahnt werden kann entstanden zu Hauff. Was macht also explizit dieses Teil aus Eisen so besonders interessant. Die Rede ist von der Brücke in der Bornholmer Straße in Berlin.
Efeu wächst über die Zeugen der Vergangenheit – hier die Mauer an der Bösebrücke: Zunächst einmal handelt es sich um die erste Nickelstahlbrücke Berlins. Die Bösebrücke, wie ihr eigentlicher Name lautet, verbindet die Ortsteile Prenzlauer Berg und Gesundbrunnen. Unter ihr liegt seit 1935 die S-Bahn – Station Bornholmer Straße. Erbaut wurde die Stahlkonstruktion bereits 1913. Ihre Taufe erlebte sie während des ersten Weltkrieges unter dem Namen Hindenburgbrücke, der damals Generalfeldmarschall war. Hindenburg sollte 1933 als Reichspräsident der Weimarer Republik eine verhängnisvolle Entscheidung treffen. Er ernannte Adolf Hitler zum Reichskanzler. Trotz vermehrter Bombenabwürfe in den Jahren um 1944, also während des zweiten Weltkrieges, blieb die Brücke weiterhin funktionsfähig. Später wurde sie nach dem Widerstandskämpfer Wilhelm Böse benannt. Böse war während der faschistischen Diktatur am Aufbau der Widerstandsorganisation um Robert Uhrig und John Sieg beteiligt und Mitorganisator bei der Herstellung und dem Vertrieb der „Roten Fahne“. 1942 wurde er von der Gestapo verhaftet. Das Todesurteil wurde 1944 vollstreckt.
Bis 1961 erfüllte die Bösebrücke ihre Aufgabe - bevor sie mit der Errichtung der Berliner Mauer nur noch von wenigen Personen passiert werden konnte. Sie gehörte Sektor mäßig bis auf 30 Meter zu Ost-Berlin. Der Bahnhof Bornholmer Straße wurde fast 40 Jahre lang nur noch durchfahren. Er zählte während dieser Zeit zu den so genannten „Geisterbahnhöfen“. Eine Haltestelle ohne Halt, an der die Züge nur noch verbeibrausten.
Demnächst wird an der Brücke auf der ehemals Ost-Seite eine neue Gedenkstätte eröffnet. Mit Informationstafeln und Hintergründen.
Der Übergang Bornholmer Straße ist keineswegs irgendeine Grenze. Es handelt sich um den ersten Grenzübergang, der in der Nacht vom 09. auf den 10. November 1989 eröffnet wurde. Plötzlich musste das Gestänge dem Gewicht von mehreren hundert Personen gleichzeitig standhalten. Am Grenzübergang Bornholmer Straße wurde der Fall der gesamten Berliner Mauer eingeläutet. Kurz nachdem Günter Schabowski in einer Pressekonferenz gegen 19.00 Uhr die Reisefreiheit für die DDR-Bürger verkündete. Die Meldung „ab sofort“ war der Startschuss für eine Ausreisewelle in den Westen, die nicht mehr aufzuhalten war. Mittlerweile wuchs die Menschenmenge auf 20.000 Menschen. Gegen 23.30 Uhr wurde die Grenze vollkommen geöffnet.
Wie eine perfekt inszenierte Filmkulisse zeigt sich die S-Bahn-Station Bornholmer Straße: Heute überqueren die Menschen den historischen Ort als wäre es nie anders gewesen. Als hätte es die vierzig Jahre Endstation gar nicht gegeben. Längst schon hindern keine Schranken mehr den Übergang. Der ehemalige Grenzübergang, das Tor zum Westen, ist heute Teil des Stadtringes. Die S-Bahn-Station ist wieder in Betrieb, die Straßenbahnen fahren nicht nur. Sie halten auch wieder. An einer Station, an der die Schriftzüge noch an „alte Zeiten“ erinnern. Sie wurden nämlich nicht ausgewechselt. Damals weil die Haltestelle nicht befahren wurde und es ohnehin keiner zur Kenntnis genommen hätte. Und heute vielleicht, weil sich darin in Stück Nostalgie wieder finden lässt. Oder Ostalgie wie manche es nennen mögen.
Ein Beitrag für ReiseTravel von Sabine Erl.
Unsere Redakteurin Sabine Erl zeichnet bei ReiseTravel für die Redaktion Lifestyle verantwortlich.
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