Besancon | Vauban – Baumeister des Sonnenkönigs |
Vauban – Baumeister des Sonnenkönigs
Architekten – nicht nur aus vergangenen Tagen – setzten sich und anderen gerne bleibende Denkmäler: Prestigeobjekte, um ihr Können zu demonstrieren. Aber nur mit einer außergewöhnlichen Gabe gelingt es, auch die Nachwelt mit bedeutenden Zeitzeugen zu beeindrucken. Vauban besaß diese Kunstfertigkeit. Der große Baumeister Sébastien le Prestre de Vauban (1633 bis 1707) stammte aus bürgerlichen Verhältnissen und verdankte seinen Aufstieg dem Eintritt in die französische Armee. Dort konnte er Kenntnisse im Festungsbau erwerben. Aufgrund seiner Verdienste erfolgt 1705 die Aufnahme als Ritter in den exklusiven königlichen Orden „Ordre du Saint-Esprit“.
Je reicher und spendabler der Auftraggeber, desto besser kann der Künstler seine Fähigkeiten entfalten. Allerdings Geld alleine führt zu nichts, Können und Ideenreichtum sind gefragt. Eigenschaften, die Vauban unzweifelhaft besessen haben muss. So könnte man seine für damalige Verhältnisse noch außergewöhnliche Herangehensweise als eine gelungene Symbiose aus Natur und Architektur bezeichnen.
Vauban war im weitesten Sinne ein Überläufer, 1651 begann er seine kämpferische Karriere in der Armee während der Zeit der Fronde. So bezeichnet man die Aufstände und Bürgerkriege, welche Frankreich zwischen 1648 und 1653 heimsuchten. Der französische Adel kämpfte gegen die Krone. Ursache dafür war neben dem schnöden Mammon – der Krieg gegen Spanien und die Habsburger kostete sehr viel Geld – selbstverständlich auch wieder der Kampf um Macht. Der Adel befürchtete, seinen Einfluss zu verlieren.
Sébastien le Prestre de Vauban
1653 geriet Vauban in Gefangenschaft und trat in die königliche Armee über, vermutlich aus Überzeugung. Er besaß die Eigenschaft, Gesichtspunkte immer von beiden Seiten zu betrachten. Dies brachte ihm später auch die Bezeichnung „der Mann, der die Kunst der Belagerung und des Festungsbaus am besten beherrschte“. Er kannte also die Not der Bedrängten ebenso wie die der Angreifer. Bevor er Festungsbauer wurde, leitete er rund 48 Belagerungen. Erfahrung genug, um beurteilen zu können, welche Voraussetzungen für einen guten Festungsbau gegeben sein müssen. Er errichtete über 170 Befestigungsanlagen in Frankreich und den Nachbarländern. Für sie alle galt: „Eine von Vauban befestigte Stadt ist eine unbezwingbare Stadt, eine von Vauban belagerte Stadt, ist eine bezwungene Stadt.“
Vauban praktizierte bereits zu seiner Zeit „moderne Architektur“. Stets zog er die Geländeform und den Standort in seine Planungen mit ein. Immer darauf bedacht, einen einheitlichen Standard einzuhalten. Kurz: Seine Bauten fügten sich harmonisch in die Landschaft ein. Für Vauban sicher eine überwiegend strategische Frage, die angenehme Ästhetik war wohl ein Nebeneffekt. Eine Festung auf dem Berg ist nicht nur schwer einnehmbar, sondern bietet auch einen Genuss für das Auge. Zumindest denjenigen, welche die Burgen heute als Gast besuchen. Ganz anders mögen die zahlreichen Wachtürme und prächtig ausgestatteten Portale auf etwaige herannahende Feinde gewirkt haben. Auch das lag in Vaubans Absicht. In seinen Augen diente eine Festung in erster Linie der Abschreckung.
Die Symbiose zwischen Machtdemonstration, Verteidigung und Pracht war ganz im Sinne seines Auftraggebers. Dies war kein geringerer als der Sonnenkönig. Die dem Klassizismus und Barock angelehnten Bauweisen demonstrierten die Erhabenheit des absolutistischen Herrschers ganz nach seinem Geschmack.
Als Baumeister des Königs reiste Vauban quer durch das Reich, um dessen Verteidigungsanlagen auszubauen und so zur militärischen Vormachtstellung von Ludwig XIV. beizutragen. Während dessen Regierungszeit stand die Außenpolitik im Zeichen der Vorherrschaft Frankreichs in Europa. Der Sonnenkönig besaß eine überaus kriegerische Mentalität. Allerdings - wer nach außen Druck ausübt, muss im Inneren besonders geschützt sein. So schuf Vauban, der bedeutendste Militärarchitekt seiner Zeit, für seinen König den so genannten Eisernen Gürtel, mit dem der seine Grenzen sichern konnte. Ein doppelter Befestigungsgürtel, um die Grenzen im Nordosten des Königreichs zu stabilisieren und die Schwachstellen zu kontrollieren.
Ludwig XIV. (1638 bis 1715) genoss nicht nur seine Autorität, er prägte auch in besonderer Weise die Magie des sprichwörtlichen „Leben wie Gott in Frankreich“, den Lifestyle in Glanz und Glamour. Er förderte die Künste und die Wissenschaften. Den berüchtigten Satz „L`etat c`est moi“ – „Der Staat bin ich“ soll er jedoch niemals gesagt haben.
In der Festung Besançon
Dennoch – er duldete keinen Widerspruch. So hatte Vauban den Ruf loyal, pflichtbewusst und ein getreuer Diener des Königs zu sein. Später erkannte er viele Ungerechtigkeiten und setzte sich für eine Reformierung des französischen Steuersystems ein. Sein Vorschlag diesbezüglich wurde dann auch 1707 ohne Genehmigung veröffentlicht und sogleich vom Geheimrat des Königs verurteilt, konfisziert und vernichtet. Noch im selben Jahr verstarb der Baumeister des Königs bedacht mit dessen Worten „ich verliere einen Mann, der mir und dem Staat sehr ergeben war“.
Zu den Glanzstücken des Meisters Vauban zählt zweifelsohne die Festung in Besançon, welche seit 2008 neben elf anderen seiner Bauten Unesco-Weltkulturerbe ist. Die Zitadelle wurde von 1668 bis 1683 errichtet und gilt als Meisterwerk Vaubans. Noch heute überragt die Anlage auf einer Fläche von 11 Hektar einhundert Meter die Altstadt. Mit der Zitadelle, der Stadtmauer, Fort Griffon, diversen Stadttoren und weiteren kleineren Forts ist sie ein Wahrzeichen der gesamten Region Franche-Comte.
Mit der Aufnahme der zwölf französischen Festungsanlagen wird nun das herausragende Werk des Baukünstlers gebührend gewürdigt. Die Städte mit den Hauptwerken Vaubans haben sich zu einem Verband zusammengeschlossen, der nun für die Erhaltung, Verwaltung und Förderung dieses einzigartigen architektonischen, städtebaulichen und landschaftlichen Erbes verantwortlich zeichnet. Der Verband mit dem Namen „Reseau des Sites Majeurs de Vauban“ unterstützt darüber hinaus auch Forschungs-, Bildungs– und Austauschprogramme auf internationaler Ebene.
Reseau des Sites Majeurs de Vauban 2, Rue Megevand, F-25034 Besancon cedex, www.sites-vauban.org
Comite Regional du Tourisme de Franche-Comte, F-25044 Besançon Cedex, kostenfreie Hotline 00800 2006 2010, www.franche-comte.org
Buchtipp: ReiseTravel empfiehlt
Die Befestigungsanlagen von Vauban sind UNESCO-Weltkulturerbe: Vauban errichtete bzw. modernisierte in Frankreich und den Nachbarländern über 170 Befestigungsanlagen. Als unermüdlicher Diener des Königs setzte er sich für eine Optimierung der bastionierten Befestigungsanlage ein und versuchte, einen einheitlichen Standard für militärische Bauwerke zu entwickeln, ohne dabei jemals auf ein vorgefertigtes Modell zurückzugreifen. Sein Ausgangspunkt war dabei der Standort. Er untersuchte die Räume, die Geländeform, den strategischen Wert bzw. die Bedeutung des Standorts als Verteidigungsstützpunkt und bezog die zugehörigen Menschen, ihr Wissen und die Baumaterialien in seine Planung mit ein. Sein Streben nach Schönheit und Ästhetik macht die Festungsanlagen dabei zu etwas Besonderem. Zwischen Klassizismus und Barock versuchte Vauban stets, die Macht des Sonnenkönigs zu zeigen und versah die dem Feind zugewandten Bereiche der Anlagen - Giebelfelder über den Portalen, Wachtürme und Kirchen - mit Verzierungen.
Am 7. Juli 2008 beschloss das Weltkulturerbe-Komitee, die Werke von Vauban in die Liste des Welterbes aufzunehmen: Die zwölf französischen Befestigungsanlagen des berühmten Baumeisters gelten nicht nur als seine authentischsten Werke, sondern sind gleichzeitig auch die am besten erhaltenen Anlagen.
Zusammen liefern sie einen repräsentativen Überblick über die Verteidigungskonzepte, die geografische Lage - Ebene, Meeresufer, Gebirge, die Typologie der Anlagen - Fort, Befestigungsgürtel, Zitadelle, die Umgestaltung von bereits vorhandenen Anlagen und die Schöpfungen ex-nihilo. Auch die Ansätze hinsichtlich der Förderung und Verwaltung sowie die landschaftlichen Merkmale der Standorte sind beispielhaft.
Die zwölf Hauptwerke zählen künftig zu den renommiertesten und bekanntesten Kultur- und Naturdenkmälern weltweit. Mit der Aufnahme der Werke von Vauban in das Weltkulturerbe wird der außergewöhnliche allgemeine Wert dieses Kulturerbes international anerkannt. Gleichzeitig verpflichtet diese Auszeichnung dazu, diese Anlagen zu erhalten und sie auch zukünftigen Generationen bekannt zu machen.
Die Städte, in denen sich die Hauptwerke Vaubans befinden, haben sich in einem Verband zusammengeschlossen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, sich für die Erhaltung, Verwaltung und Förderung dieses einzigartigen architektonischen, städtebaulichen und landschaftlichen Erbes einzusetzen und entsprechende Aktionen zu koordinieren. Der Verband mit dem Namen „Reseau des Sites Majeurs de Vauban“ unterstützt und entwickelt darüber hinaus auch Forschungs-, Bildung und Austauschprogramme auf internationaler Ebene.
Eine Karte und die Liste mit den Vauban-Werken befindet sich in der Umschlagklappe am Ende des Buchs.
Die Zitadelle von Besançon - Die Befestigungsanlagen von Vauban, von Marie-Héléne Bloch, Reseau des Sites Majeurs de Vauban, 2, rue Megevand, F-25034 Besançon cedex, www.sites-vauban.org
Das Buch ist vor Ort erhältlich und kostet 10 Euro.
Ein Beitrag für ReiseTravel von Sabine Erl.
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