Edelka Christiansen | Von der Jungimkerin zur Bienenoma |
„Jungimkerin bedeutet, dass man Anfänger ist, wenn man die Lehrjahre absolviert. Früher nannte man das auch „Imker auf Probe“, sagt Edelka Christiansen!
Der Frühling erwacht im Honigdorf in Seeg: Wenn allmählich die Natur wieder grünt und blüht, beginnt für die Bienen im südlichen Allgäu ein Festtagsschmaus. Auch die Gemeinderätin Edelka Christiansen schwärmt aus, um die Erlebnisimkerei im Dorf für die neue Saison fit zu machen.
Wie ein Dorf im Märchen, liegt Seeg in der Nähe der weltbekannten Königsschlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau. Der Ort ist harmonisch eingebettet im seenreichen, hügeligen Voralpengebiet zwischen Füssen und Marktoberdorf. Das Züchten von Bienen und Gewinnen von Honig hat hier eine lange Tradition. Bereits vor mehr als 100 Jahren gründete Pfarrer F.J. Kolmsperger den ersten hiesigen Imkerverein, der als Grundstein der organisierten Bienenhaltung gilt. Heute macht sich die Gemeinde Seeg als „Honigdorf im Allgäu“ einen Namen. Die Idee war vor fünf Jahren im Tourismusverein geboren worden. Sie fand große Unterstützung durch rund 40 Partner aus Gastronomie, Einzelhandel, Tourismus und Gewerbe. Sie alle unterstützen das Projekt unter anderem, indem sie Seeger Honigspezialitäten anbieten.
Ein Hobby, das was einbringt
Die Gemeinderätin im Dorf, Edelka Christiansen, vergab die Gelder mit für dieses Projekt. Die Bienen hatten sie so fasziniert, dass sie dabei blieb und ihre Ausbildung zur Imkerin absolvierte. Edelka Christiansen schmunzelt. Sie hatte bereits die 60 überschritten. „Jungimkerin bedeutet, dass man Anfänger ist, wenn man die Lehrjahre absolviert. Früher nannte man das auch „Imker auf Probe“, erklärt sie. „Für mich ist es ein erfüllendes Hobby, wo auch ein bisschen was rumkommt, anders als beispielsweise beim Motorrad Fahren. Das ist ja nur für den Spaß. Aber beim Imkern kann man Honig verkaufen.“
Das war schließlich auch das Anliegen des Projektes „Honigdorf Seeg“, das 2013 ins Leben gerufen wurde. In den Nachbardörfern in Pfronten gab es bereits ein Heudorf, in Nesselbach ein Bierdorf. Da fragte sich die Seeger Gemeinde „Was haben wir, was die anderen nicht haben? Und das war halt der Honig. Besonders in der Landwirtschaft werden die Bienen als Bestäuber gebraucht und zusammen mit Kuh und Schwein sind sie die drei wichtigsten Nutztierarten. Ohne die Biene läuft gar nichts in der Gemeinde. Sie bestäubt fast 75 Prozent aller Nutzpflanzen. Ohne die Bienen gäbe es keine Äpfel, Kirschen und Birnen. Selbst bei Raps, der vom Wind bestäubt wird, bringen sie 20 Prozent mehr Ertrag. Die EU förderte das Bienenprojekt, da es die drei wichtigsten Leader-Kriterien erfüllte: „Innovation durch das Alleinstellungsmerkmal „Honigdorf“, Vernetzung möglichst vieler Menschen und nachhaltige Bürgerbeteiligung.“ Dennoch wäre ohne die rund 60 Freiwilligen mit ihren 1.500 Arbeitsstunden der vorgegebene Kostenrahmen von 382.000 Euro undenkbar gewesen“.
Ein Dorf, in dem Milch und Honig fließt
Im Dorf läuten die Glocken der St. Ulrich Kirche. Dazu muhen aufgeregt Kühe unmittelbar am Bienenerlebnispfad. Das laute Schellengeläut ihrer Halsglocken bahnt sich einen eigenen Rhythmus durch das Gelände im schönen Dorfanger, dem Mittelpunkt von Seeg. Wer hier spazieren geht, trifft auf Schritt und Tritt auf Spuren der Biene. In zwölf Wissensstationen können Einheimische und interessierte Besucher viel über die Lebensweise und Bedeutung der kleinen Nutztiere erfahren.
In dem bundesweit einmaligen Pilotprojekt wurden der Bienenerlebnispfad, ein Bienenspielplatz, ein Heimatmuseum sowie eine mit modernen Werkzeugen und Maschinen ausgestattete Erlebnisimkerei samt Schulungs-, und Vortragsräumen installiert. Obendrein ein großes Bienenhaus im Bienengarten der Erlebnisimkerei. Dort kann man die Bienen von April bis Mitte Oktober hautnah kennenlernen. Im Bienenhaus arbeiten zwischen 6 und 9 Bienenvölker. Sie wohnen in einem Bienenstock, in dem es ganz dunkel ist, da die Biene alles mit ihren Fühlern und ihrem Geruchsinn erspürt. Daher kommt auch der bekannte Ausdruck „stockdunkel.“ Emsig bauen die Bienen an ihren Waben. Das aus Bienenwachs errichtete Wabengebilde mit den sechseckigen Zellen dient zur Aufzucht von Larven und zur Lagerung von Honig und Pollen.
Ein Bienenvolk und drei „Berufe“
Arbeiterin, Drohne und Königin, das sind die Mitglieder des Staates. Etwa 30 000 Honigbienen leben im Sommer als Volk in einem Bienenstock zusammen. Damit bei so vielen Einwohnern kein Chaos entsteht, muss jede Biene genau wissen, was sie zu tun hat. Die meisten Bienen in einem Volk sind weibliche Arbeitsbienen. Sie schlüpfen nach 21 Tagen aus einem von der Königin befruchteten Ei. „Zunächst sind sie Putzbienen. Sie säubern sämtliche Zellen, aus denen sie geschlüpft sind. Als eine Art Ammenbiene lernen sie dann die noch jungen Bienen, die Larven zu füttern. Anschließend übernehmen sie die Rolle als Baubiene bei den Bienenwaben. Danach sind sie die Wächterinnen zur Verteidigung des Bienenstocks. Sie lassen nur die Bienen in den Kasten, die den Geruch ihres Volkes haben. Schließlich verbringen die Arbeitsbienen ihr restliches Leben als Sammlerin von Nektar, Pollen und Wasser und als Honigproduzentin“, weiß die Jungimkerin. Pro Bienenvolk gibt es einige Hundert männliche Bienen – die Drohnen. Sie haben nur die einzige Aufgabe in ihrem Leben, die Königin zu begatten. Dazu werden sie von den Arbeiterinnen gefüttert, bis sie nach etwa zwei Wochen geschlechtsreif sind. Sie verlassen den Bienenstock, paaren sich mit der jungen Bienenkönigin auf deren Hochzeitsflug und sterben danach. „Die Königin mischt anschließend die verschiedenen Samen in ihrer Samenblase. Diese Substanz reicht aus, um fünf Jahre lang jeden Tag 2000 Eier zu legen. Das ist die eigentliche Aufgabe der Königin. Sonst braucht sie nichts Weiter zu machen. Sie wird bemuttert, gefüttert, gehegt und gepflegt“, erklärt Edelka Christiansen. In der dunklen Jahreszeit genießen die Bienen ihre Winterruhe, sie kuscheln sich in einer großen Traube im Bienenstock zusammen.
Heimathonig für die Gesundheit
Nicht nur die Imker, sondern alle interessierten Bürger im Ort identifizieren sich mit dem Projekt. Der Bienenzuchtverein Seeg unterstützt mit seinen 55 aktiven Imkern und 600 Bienenvölkern tatkräftig das Honigdorf Seeg. Die Jungimkerin Edelka Christiansen leitet Führungen und gibt Einblicke in das Wunderwerk Biene und deren Lebensräume. Per Internet werden verschiedenste Honige sowie Met, Pollen oder Wabenhonig angeboten, darüber hinaus Honiggebäck und andere Leckereien bis Honigsekt sowie Honigpflegemittel. Honig ist bekanntlich ein altbewährtes Naturprodukt, das schon seit Jahrtausenden von Menschen genutzt wird. In der Erlebnisimkerei werden Pflege-Cremes und Heilsalben aus Honig- und Wachsprodukten hergestellt, Bienenwachs-Kerzen gerollt, gegossen und gezogen. Edelka Christiansen faszinieren besonders die gesundheitlichen Aspekten der Imkerei. „So hilft beispielsweise das Bienenharz Propolis den Menschen gegen Halsschmerzen, Pickel und Bienenstiche. Den Honig machen Hormone und Enzyme zum Naturheil- und Nahrungsmittel. Da brauche ich fast keinen Doktor mehr“, freut sich Edelka Christiansen.
Honigdorf Seeg, Hauptstraße 33, D-87637 Seeg. Füssen Tourismus und Marketing.
Ein Beitrag mit Foto für ReiseTravel von Christel Sperlich
Fernsehjournalistin Christel Sperlich entdeckt gern die ungewöhnlichen Geschichten hinter dem Abenteuer Reisen
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