Indersdorf

Augustiner Chorherren Museum und die verlorenen Kinder vom Kloster in Indersdorf

Kloster Indersdorf: Das Gebiet des Marktes Indersdorf ist seit Tausenden von Jahren von Menschen bewohnt. Schon im Jahre 972 wurde Indersdorf das erste Mal urkundlich erwähnt. Den Kelten folgten die Römer und danach kamen die Bajuwaren. Der Klostergründer Otto V. von Wittelsbach zog im Jahre 1110 mit dem römisch deutschen König Heinrich V. zu dessen Kaiserkrönung nach Rom. Da dort die beiden an der Gefangennahme des Papstes Paschalis II. beteiligt waren, wurden beide mit dem Kirchenbann belegt. Der neu gewählte Papst Calixtus II. teilte Otto V. in einer Bulle mit, dass er bereit sei, den Bann zu lösen, wenn dieser ein Kloster gründen würde. Otto V. stimmte zu und gründete 1120 das Sühnekloster in Indersdorf bei Dachau. Als Standort wählte er die bereits 1096 errichtete Nikolauskapelle, die zur Urzelle des Klosters wurde. Nach der Ordensgemeinschaft der Augustiner Chorherren kamen 1856 die Barmherzigen Schwestern und errichteten eine Bewahranstalt für arme und verwaiste Kinder im Kloster ein.

Kloster Indersdorf by ReiseTravel.eu

Die Barmherzigen Schwestern mussten weichen

1938 mussten die Schwestern den Nationalsozialisten weichen. Hinter den Klostermauern, in der Nähe des Wasserturmes, wurde im Jahr 1944 eine „Kinderbaracke“ für Säuglinge ausländischer Zwangsarbeiterinnen aus der Umgebung errichtet. Hier lebten vor allem Kinder sowjetischer und polnischer Zwangsarbeiterinnen.

Augustiner Chorherren Museum und die Sonderausstellung „Zurück ins Leben“

Ein einmaliges Museum, das sich der der Geschichte und dem Wirken der Augustiner Chorherren beschäftigt, wurde 2014 im historischen Schneiderturm im Kloster Indersdorf eröffnet. Wertvolle liturgische Exponate und prachtvolle Messgewänder sind ausgestellt. Die Sonderausstellung „Zurück ins Leben“ zeigt eine besondere Geschichte: Im Sommer 1945 öffneten in Markt Indersdorf die Vereinten Nationen (UNRRA) das erste Auffanglager für Kinder ohne Eltern, Überlebende von Konzentrationslagern, Kinder von Zwangsarbeiterinnen, die Opfer des Krieges und des Nationalsozialismus waren.

Happy End für verlorene Kinder

Für über 1000 junge Überlebende des Krieges wurde hier eine erste beschützende Umgebung geschaffen, bevor sie in ihre Heimatländer zurückkehrten oder nach Israel, USA, Polen oder England auswanderten. Greta Fischer war eine israelische Pädagogin und Sozialarbeiterin österreichisch-jüdischer Herkunft vom Team der Vereinten Nationen, die im Kloster Indersdorf Hilfe leistete und vor allem den Kindern, die Unglaubliches durchgemacht hatten, zuhörte und Nestwärme gab. Von der Psychoanalytikerin Anna Freud erlernte sie die traumatherapeutische Arbeit mit Kindern. Das Essen stand für die Kinder an erster Stelle. Sie wurden mit Kleidung und Schuhen ausgerüstet. Ärztliche Versorgung, Schulunterricht, handwerkliche Kurse und Sportunterricht halfen den Kindern wieder zurück ins Leben. Die Angehörigen der Kinder wurden gesucht, viele wurden gefunden und es gab oft ein Happy End.

Das Buch „Zurück ins Leben“

Anna Andlauer, Lehrerin und Historikerin, macht heute die Führungen in der Sonderausstellung „Zurück ins Leben“ im Augustiner Chorherren Museum. Sie hat über das erste internationale Kinderzentrum der US-Zone im Kloster Indersdorf geforscht und eine Fotoausstellung zusammengestellt, die auch in New York und in Israel gezeigt wurde. Beeindruckend sind die Kinderfotos aus der damaligen Zeit. Zusätzlich schrieb Anna Andlauer das Buch „Zurück ins Leben“ über die geretteten Kinder und organisiert Treffen der ehemaligen "Kinder aus Kloster Indersdorf". Für ihre Arbeit wurde Anna Andlauer die Landkreis-Verdienstmedaille verliehen. Sie bringt Zeitzeugen mit der jungen Generation zusammen und forscht unermüdlich in der Vergangenheit der verlorenen Kinder. Anna Andlauer ist es gelungen, in ihrem Buch „Zurück ins Leben“ Details zu sammeln und Schicksale zu rekonstruieren. Grundlage dafür waren die Aufzeichnungen von Greta Fischer und zahlreiche Fotoaufnahmen aus der damaligen Zeit. Eindrucksvoll schildert sie den Alltag, Konflikte und Überforderungen der Klosterschwestern und Pädagogen mit dem Schmerz der Kinder.

Rückblick per Film

2009 wurde filmisch dokumentiert, wie diese Kinder von Indersdorf, die über die halbe Welt verstreut waren, erstmals wieder in Indersdorf zusammenkamen und die Personen trafen, die ihnen damals geholfen hatten. Die Kinder von damals waren inzwischen schon in die Jahre gekommen und zum Teil in ihrem Leben erfolgreich geworden. In einem weiteren Film, aus dem Jahr 2018, erzählen damals betroffene Kinder von den letzten Kriegstagen, ihrer Zeit in dem Kloster und von ihrer Rückkehr in die Heimat bzw. Übersiedelung in andere Länder.

Die Barmherzigen Schwestern kamen zurück

1948 kamen die Barmherzigen Schwestern zurück und gründeten einen Kindergarten, eine Hauswirtschafts- und eine Realschule. 1987 erwarb die Erzdiözese München und Freising die Gebäude und brachte die Erzbischöfliche Fachoberschule Vinzenz von Paul unter. 1995 verließen die Barmherzigen Schwestern wegen Nachwuchsmangels das Kloster. 

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In der Klosterkirche die Pracht des Rokokos genießen

Die Klosterkirche wurde 1128 geweiht. Nach einem Klosterbrand musste sie neu errichtet werden. Im 15. Jahrhundert wurde sie gotisch gestaltet und im 18. Jahrhundert erhielt die Kirche ihre reich verzierte Rokokoausstattung.

Tortenparadies „Friedel‘s am Kloster“

„Friedel‘s am Kloster“ ist ein Tortenparadies der Superlative. Schon die Namen der Torten zergehen auf der Zunge: Waldbeer-Zitronentorte, Schokoladen-Birnentorte, Mandarinen-Quarksahne, Aprikosen-Windbeuteltorte, Pina-Colada-Torte mit Ananas, Kokos und Rum, Kirschkastenkuchen, Käsekuchen, Nusssahne und Bienenstich. Eine andere Spezialität sind heiße Maronen und passend dazu kann man ein Glas Glühwein trinken. Zum erfrischenden Bier, zum Kaffee, zu kalten Erfrischungsgetränken, zu heißem Tee, zu alkoholischen Getränken, zu leckerem Milchshake und zu guten Weinen gibt es Fisch, Schnitzel, Nudeln, Baguette, Pommes frites, Käse, Sandwiches, Currywurst, Suppe oder Burger. Alles gibt es bei „Friedel’s am Kloster“ auch für To-Go.

ReiseTravel Service

Tourismus Indersdorf www.tourismus-dachauer-land.de - Augustiner Chorherren Museum www.augustiner-chorherren-museum.de - Heimatverein Indersdorf www.heimat-verein-indersdorf.de - Friedel‘s am Kloster  www.friedels-am-kloster.eatbu.com

Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Gabi Dräger.

Gabi Draeger by ReiseTravel.euUnsere Autorin Gabi Dräger zeichnet bei ReiseTravel verantwortlich für die Redaktion Reise. Ihr Thema sind die Berge. Sie lebt und arbeitet in München. gabi@reisetravel.eu

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