Jüterbog | Reformation in Brandenburg |
Ein langer Weg voller Reformen, aber auch ein Weg mit Hingabe und Leidenschaft
Ökumenische Spurensuche: Der Weg der Christenheit durch die Jahrhunderte wurde immer von einer Botschaft getragen und es war ein Weg voller Reformen, aber auch ein Weg mit Hingabe und Leidenschaft. "Gott wäre nicht Gott, wenn er zu begreifen wäre", schrieb Bernhard von Clairvaux (1090 bis 1153). Das Reformationsgedenkjahr 2017 in Deutschland ist eine Möglichkeit, der Wirkung von Religion auf Staat und Gesellschaft nachzugehen, auch im Bundesland Brandenburg.
Der Beauftragte der Ev. Kirche Berlin Brandenburg schlesische Oberlausitz, Pfarrer Dr. Bernd Krebs, lud ein, zur Spurensuche der Reformation nach Jüterbog. Die mittelalterliche Hauptstadt des Flämings ist Träger des Europäischen Kulturerbesiegels und lädt zu jeder Jahreszeit zu einem Streifzug durch die Vergangenheit ein. Gäste der Stadt besuchen unter anderem den Tetzelkasten in der Nikolaikirche sowie viele andere wertvolle Kunstschätze und Baudenkmäler. Hinzu kommen Kloster Zinna, Mönchenkloster und Liebfrauenkloster. Im Visier der Touristen stehen die drei gut erhaltenen Stadttore, zahlreiche Wehrtürme und das älteste Rathaus im Bundesland Brandenburg. Das damalige Jüterbog war im Mittelalter ein wichtiger Schauplatz der Reformation.
Pfarrer Dr. Bernd Krebs Beauftragter der Ev. Kirche Berlin Brandenburg schlesische Oberlausitz zum Thema: Martin Luther und Brandenburg
Reformation in Brandenburg - Geschichte und die heutige aktuelle Situation: Aufbruch und Beharren, Glaubenstreit und Toleranz, Staatskirchentum "Thron und Altar" und Widerständigkeit gehören zu Kennzeichen der brandenburgischen Reformation und ihrer Wirkung durch die Jahrhunderte hindurch, auch in Jüterbog. "Unsere fünf Kirchen in der Stadt und den Dörfern erzählen unterschiedliche Geschichten aus vergangener Zeit und sind Orte lebendiger Gemeinde. Seien Sie eingeladen, zum Gebet, zur Besichtigung und zur Begegnung", betont Pfarrer Bernhard Gutsche. Zum ersten Mal erwähnt wurde die Nikolaikirche im Jahre 1307, eine gotische Hallenkirche und hier befindet sich der "Tetzelkasten".
Johann Tetzel (1460 bis 1519) war Dominikanermönch und ging als "Ablassprediger" in die Kirchengeschichte ein. "Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer in den Himmel springt" - oder im Original: „Sobald der Gülden im Becken klingt im huy die Seel im Himmel springt“. Dieser Tetzel Satz brachte die Reformation ins Rollen. Als 1507 Papst Julius II. den "Peterserlass" ausrief - er wollte den Petersdom in Rom fertigstellen - hatte dies eine rege Tätigkeit der Ablasshändler zur Folge. Johann Tetzel war einer der Eifrigsten. Man konnte bei ihm Ablass für Sünden schon Verstorbener oder gar Ablass für Sünden, die in der Zukunft noch geschehen würden, erlangen. Tetzels Ablasshandel brachte Martin Luther dazu, 1517 seine 95 Thesen an die Wittenberg Schlosskirche zu schlagen.
Die Predigtstätte von Johann Tetzel war in der St. Hedwig Kirche.
"Unsere Tetzelkapelle befindet sich zwischen dem Pfarrhaus und der Kirche, der Zugang ist von der Kirche aus. Die Kapelle ist nach einem Brand im Jahr 1478 entstanden. Eigentlich war es die damalige Wohnung von Tetel", informiert Pater Anselm O. Praem Pfarrer in Jüterbog und zitiert einen Text aus der Chronik.
In der Chronik und „Tischgesprächen“ heißt es, dass der Dominikanermönch Johann Tetzel seine Ablassbriefe in Jüterbog anbot, weil er nicht über die Grenze nach Wittenberg durfte. Das wurde Martin Luther zum Ärgernis. Als immer mehr seiner Pfarrkinder aus Wittenberg über die Grenze nach Jüterbog gingen, um sich die neuesten Ablass-Briefe zu kaufen, verfasste er seine Thesen gegen den Ablasshandel. Stolz haben die Bürger von Jüterbog seit Jahrhunderten die Zeugnisse jener Ereignisse gezeigt: Tetzels Geldkiste und die Kapelle, in der sich Johann Tetzel damals aufgehalten haben soll. Mit der historischen Figur Tetzel befasst sich eine Fachtagung mit spannenden Vorträgen zum Leben und den Mythen, des Ablasshändlers. Für 2017 werden die Ergebnisse der Tagung in einer großen Sonderausstellung mit dem Thema "Tetzel, Ablass, Fegefeuer" aufbereitet. Dann werden unter anderem Tetzels Gegenthesen in Jüterbog zu sehen sein.
Tetzel, Ablass, Fegefeuer: Tetzel in Jüterbog
Pater Anselm O. Praem - Pfarrer in Jüterbog
Am Rathaus von Jüterbog ist eine Statue des Heiligen Moritz zu sehen, die anzeigte, dass Jüterbog damals zum Machtgebiet des Erzbischofs von Magdeburg gehörte. In dessen Auftrag wurden hier im Frühjahr 1517 die Ablassbriefe verkauft. Originale Ablassbriefe in verschiedenen Ausführungen, je nach Geldbeutel der Käufer, sind heute im Stadtmuseum Jüterbog im Mönchenkloster erhalten und zu sehen.
Gastronomie: So mancher touristische Besucher ist auch heute auf der Suche nach einem "gut bürgerlichen" Restaurant. Fündig geworden und eine solide Adresse sind die Tetzelstuben, direkt am Eingang in die Altstadt, quasi an der Stadtmauer. Vor dem Eingang steht die "Luthereiche". Schnell taucht die Frage auf: Gab's bei Luthers schon Kartoffeln?
"Unser Turm kann bestiegen werden", meint der Wirt der Tetzelstuben - Heilig Geist Platz 2, D-14913 Jüterbog, www.tetzelstuben.de
Das einstige Franziskanerkloster - heute Mönchenkloster, spielte im Verlauf des Reformationsgeschehens eine relevante Rolle: Hier entbrannte der berühmte "Kanzelstreit" mit Thomas Müntzer, und auch der Begriff "Lutheraner" - ursprünglich als Schimpfwort gemeint, wurde in Jüterbog geprägt.
Das Kloster Zinna - Coena S. Mariae - ist ein Haus der Zisterzienser, das 1170 durch den Erzbischof von Magdeburg gegründet wurde, informiert Pfarrerin Ramona Rohnstock im ReiseTravel Gespräch.
1764 gründete Friedrich der Große auf dem Klostergebiet eine Stadt, die den Namen Kloster Zinna trug und ihn als Ortsteil von Jüterbog weiterhin trägt. Der Monarch siedelte Handwerker an, um die Region wirtschaftlich zu beleben.
In der Neuen Abtei, einem Backsteinbau, befindet sich das Heimatmuseum mit einem Model der Klosteranlage um das Jahr 1170. Gut erläutert wird die Klostergeschichte sowie die Entwicklung der damaligen Weberkolonie, der Aufzucht von Seidenraupen. Auf kurze Distanz, befindet sich die "Manufaktur" - eine Art Museum und hier kann der Besucher die traditionelle Weber Techniken bestaunen und Handwebern bei der Arbeit zu Sehen.
Klosterbruder: Im alten Siechenhaus, neben dem Museum wird der "Zinnaer Klosterbruder" gebraut, ein Kräuterlikör, der wie Balsam durch die Kehle rinnt. Der wohltuende typische Geruch weist den Besuchern den Weg ins Haus. Beim Rundgang werden Einblicke in das Herstellungsverfahren und die Tradition des Kräuterlikörs vermittelt.
Denn: Mitte des 18. Jahrhunderts entdeckte Johann Christian Falckenthal das Rezept und 1759 wurde die Firma gegründet. Die Rezeptur für den Zinnaer Klosterbruder beinhaltet 26 verschieden Zutaten. "Im Klosterkeller lagert die Essenz mehrere Wochen auf Eichenholz", informiert die Verkäuferin. In der Nachbarstadt Luckenwalde produzierte das damalige Familienunternehmen auch "Falckner Whisky". Damals kostete eine Flasche "Falckner" 27 DDR Mark, war zu Erfahren. Heute gehört die Marke Zinnaer Klosterbruder einem Unternehmen mit Sitz in Holland.
In Kloster Zinna werden also geschichtsbegeisterte Ausflügler und Touristen jede Menge Eindrücke geboten. "In den Sommermonaten finden unsere Gottesdienste in der historischen Klosterkirche statt. Im Winter nutzen wir das warme Konversenhaus neben der Kirche", betont Pfarrerin Ramona Rohnstock.
Ev. Kirchengemeinde Kloster Zinna, Am Kloster 4, D-14913 Jüterbog, 03372-43 21 76, buero@kircheklosterzinna.de -www.kloster-zinna.com
Klostermuseum Kloster Zinna - Am Kloster 6, D-14913 Jüterbog OT Kloster Zinna.
ReiseTravel Fact: Die Reformation in Brandenburg steht 2017 auf der Agenda, übrigens in ganz Deutschland. Ein langer Weg voller Reformen, aber auch ein Weg mit Hingabe und Leidenschaft und eine Ökumenische Spurensuche führt zu nachhaltigen Erlebnissen. Diverse Programme und facettenreiche Veranstaltungen stehen fest im Plan, nicht nur Gottesdienste. Die Ev. Kirche Berlin Brandenburg schlesische Oberlausitz kooperiert mit Thüringen: Land der Reformation. Eine Reise nach Jüterbog - und nach Brandenburg überhaupt, führt in die Geschichte der Reformation, in deutsche Kulturgeschichte und dem heutigen Alltag. Es ist eine aufgeschlossene - moderne mittelalterliche - Stadt mit etwa 12.000 Einwohnern und die ist zu jeder Jahreszeit eine Reise wert.
ReiseTravel Service
Evangelische Kirche Berlin Brandenburg schlesische Oberlausitz, Georgenkirchstraße 69, D-10249 Berlin, 030-24344121, info@ekbo.de - www.ekbo.de
Anreise: Mit der Bahn ab Berlin oder Leipzig via Lutherstadt Wittenberg. Vom Bahnhof Jüterbog fährt ein Linienbus in das Stadtzentrum.
Hotels und Restaurants aller Preisgruppen laden ein. Ein bis zwei Tage sollte der Aufenthalt schon dauern, es gibt wirklich sehr viel zu Sehen. www.jueterbog.de
Der "Flaeming Skate" lockt alle Inline Skater zur sportlichen Betätigung, mit einem Rundkurs von etwa 100 km. www.flaeming-skate.de
Buchtipp: Die Bibel ist das meistgelesene Buch der Welt. Ist sie antik, modern oder doch in „Mode“? Einmal darin lesen.
Ein Beitrag für ReiseTravel von Gerald H. Ueberscher.
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