Bad Wörishofen

Nur noch 40 Prozent der Erwachsenen haben gesunde Füße

Reise zur Kur: „Wer nicht täglich etwas Zeit für seine Gesundheit aufbringt, muss eines Tages sehr viel Zeit für die Krankheit opfern“, mahnte schon Sebastian Kneipp. Seine Lehre ist bis heute genauso einfach wie wirkungsvoll. Ihm gelang es das umzusetzen, was heute Ganzheitlichkeit genannt wird: der Mensch im harmonischen Gleichgewicht. Fünf Säulen stehen dafür. Wasser, Bewegung, Kräuter, Ernährung und die äußere und innere Ordnung. In Europa ist Sebastian Kneipps Heilmethode die einzige ganzheitliche Naturheilkunde.

Pitsch Patsch im Matsch - ein Kindheitstraum wird wach: Mit sichtbarem Vergnügen sinken Erwachsene wie Kinder mit ihren Füßen tief hinein in den weichen Schlamm. „Voll eklig“ oder auch „kuhl“, rufen die Kinder. Eine körnige matschige Masse gleitet durch ihre Zehen. Ein wohltuendes Beinpeeling. Das Matsch-Labyrinth, einer der insgesamt 23 Stationen des anderthalb Kilometer langen Barfußpfades im großen Kurgarten von Bad Wörishofen. Beim 1. Deutschen und 4. Bayrischen Barfuß Wandertag, trafen sich unzählige Füße, kleine und große, liefen über Wiesen, Bäche, über Sandstrand, feine Kiesel, grobe Kiesel, Katzenkopfpflaster, entlang einer Fichtenzapfengrube, über gehäckseltem Schilf oder durch Sumpfgebiete.  „Geht barfuß und ohne Hut“, riet Kneipp. Denn das natürlichste und einfachste Abhärtungsmittel bleibe das Barfußgehen. Es sei ein gesundes Training für die Fußmuskulatur, rege den Kreislauf an, die Balance sowie das Immun- und Nervensystem und wirke wie eine Reflexzonenmassage. Im Allgäuer Bad Wörishofen ist Barfußlaufen die neue Trendsportart.

„Nur noch 40 Prozent der Erwachsenen habe gesunde Füße“, gibt der Therapeut vom Kurhaus Sebastianeum, Joachim Bohmhammel zu Bedenken. „Wir geben uns ein Leben lang Mühe, krank zu werden“, sagt er und ist überzeugt, dass junge Menschen aufgrund von Bewegungs- und natürlichen Reizmangel mit 50 oder 60 Jahren weit mehr Verschleiß in den Gelenkstrukturen haben werden als die heutige Altersgruppe. Deshalb könne die Kneippkur gar nicht früh genug beginnen. Er empfiehlt sogar Eltern, ihre Säuglinge behutsam nach dem warmen Bad mit etwas kühlerem, temperiertem Wasser abzuhärten. Da sie noch nicht so vielen Umweltfaktoren ausgeliefert sind, könnten sie die Reize feinfühliger und viel schneller verarbeiten als Erwachsene. Nicht selten werde diese Methode auch bei Schreibabys angewandt. Durch das etwas kühlere Wasser erfolgt die körpereigene Rückerwärmung, dies beruhige und mache müde.

Wasser - Gesundheit aus der Natur: Bereits im antiken Rom hieß das Prinzip „Sanus per aquam“. Neben Fiebersenkung und Immunstärkung stimuliert das kalte Wasser ebenso die Atmung. Mit warmen Güssen beispielsweise wird die Durchblutung gefördert, der Blutdruck gesenkt und die Muskeln entspannt. Wasser kann auch Schmerzzustände, Schlafstörungen und Kreislaufbeschwerden im wahrsten Sinne des Wortes wegwaschen. Wechsel aus Kälte- und Wärmereizen sind eine der ältesten Behandlungsformen der Medizin. Über 120 unterschiedliche Kneipp Anwendungen sind heute bekannt.

Es heißt „mit Wärme ausheilen und mit Kälte abhärten“. Bei warmen Wasser öffnen sich die Poren und die Muskeln erwärmen sich. Das kalte Wasser hingegen schließt die Poren und der Körper produziert selbst Eigenwärme und fördert sie effektiv dahin, wo sie gebraucht wird.

Der kalte Gesichtsguss beispielsweise durchblutet die Haut im gesamten Gesicht und härtet Stirn, Kiefer und Nebenhöhlen ab.  Zudem wird die Haut geglättet, sodass kleine Fältchen gemindert werden. Ein sogenannter Schönheitsguss. Alle Kaltanwendungen wirken sich auch auf die Psyche aus. Und wenn es mir hier innen gut geht, strahlt das auf außen ab. Deshalb heißt es auch: Schönheit kommt von innen.

Kneipp - das ist Bad Wörishofen

Nur 70 Kilometer westlich von München gelegen, liegt Bad Wörishofen. Er gilt als Geburtsort der weltbekannten Kneipp’schen Naturheilmethode. Hier lebte und wirkte Sebastian Kneipp, der 1855 als Beichtvater des Dominikanerinnenklosters nach Bad Wörishofen kam, bis zu seinem Tode. Als er an Lungentuberkulose erkrankte, die damals als unheilbar galt, entdeckte er zufällig das Buch „Unterricht von Kraft und Wirkung des frischen Wassers in die Leiber der Menschen insbesondere der Kranken“. Der schlesische Arzt Johann Siegmund Hahn schrieb es 1738. Kneipp befolgte die Anweisungen, nahm mehrfache Kurzbäder in der winterlich kalten Donau und wurde tatsächlich wieder gesund. Während seines Theologiestudiums bildete er sich in der Wassertherapie fort und behandelte erstmals erkrankte Kommilitonen mit seinen Wasseranwendungen. Später heilt er erfolgreich Menschen, die an Lungenproblemen, an Gicht und Cholera erkrankt waren. Die Erkenntnis, dass Wasser eine Quelle wohltuender Kraft sei, sprach sich schnell herum und galt damals als revolutionär. Manche mögen heute mit einem kalten Schauer im Nacken an Kneipp denken, doch ist die Wirksamkeit des Wassers längst wissenschaftlich nachgewiesen und anerkannt.

Die moderne Kneipp-Stadt im Allgäu 

Die Kurstadt Bad Wörishofen bietet ihren Gesundheitsgästen die Hydrotherapie zur Prävention und Linderung wie etwa von Bluthochdruck, Muskelbeschwerden und Atembeschwerden mit über 90 Fachärzten - zur Prävention und Rehabilitation von Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankungen, Nervenleiden, Stoffwechselstörungen sowie rheumatischen und degenerativen Leiden. Verschiedenste Anwendungen finden sowohl in den spezialisierten Kneipp-Häusern als auch unter freiem Himmel in den liebevoll in und um den Kurort angelegten Kneipp-Anlagen statt. Beim Spaziergang auf den Barfuß- und Waldwanderwegen oder durch den Kurpark mit Rosen- und Heilkräuter-, Duft- und Aromagärten ist die Natur des Allgäus zu spüren.

Im Garten des Kneipp-Museums steht ein Brunnen mit Gießschlauch, im Eichwald treten die Gäste im Storchenschritt im Wasserbecken und auf dem idyllischen Kneipp-Waldweg befindet sich ein „Naturkneipptretbecken“ im Wörthbach. Und das reine Kneipp-Naturerlebnis erhalten die Gesundheitsbewussten beim morgendlichen Tau- oder Schneetreten. Gewusst wie, lässt sich die in Bad Wörishofen erlernte Hydrotherapie einfach zuhause und unterwegs jederzeit anwenden.

Und jede Anwendung sei zudem auch eine Zuwendung an den Menschen, meint Schwester Irmgard aus dem Sebastianeum. Bereits über 50 Jahre arbeitet sie in der Einrichtung. „Es ist schön zu erleben, wie Menschen von der Kneipp Kur in ihrer Ganzheitlichkeit überzeugt werden. Jede Anwendung sei auch eine Zuwendung an den Menschen, sagt sie. Die Nonne arbeitet schon über 50 Jahre im Kurhaus und schwört selbst auf Wechsel und Kaltgüsse. „Es kommen Menschen, die verunsichert sind, Orientierungshilfe suchen in ihren Entscheidungen innerhalb der Ehe, im Beruf oder in Glaubensfragen.“ Erst als ich Ordnung in die Seele brachte, sind die Menschen gesundet, war Kneipps Heilmotto. Das seelische Gleichgewicht wieder herstellen, war ihm genauso wichtig wie das körperliche Wohlbefinden. Immer wieder erinnerte Sebastian Kneipp: „Vergesst mir die Seele nicht.

Kneipp- und Gesundheitsresort SEBASTIANEUM, Kneippstraße 8, D-86825 Bad Wörishofen.

ReiseTravel Fact: „Da es sehr förderlich für die Gesundheit ist, habe ich beschlossen, GLÜCKLICH zu sein“, sagte Voltaire.

Abends - Kalte Fußgüsse beruhigen. Nehmen die Hitze raus. Grundsätzlich nicht mit kalten Füßen noch kalte Reize aufnehmen. Immer erst anwärmen und nach und nach das Wasser kälter werden lassen.

Nachmittags - Kalte Armbäder. Anregend. Ersetzen die Tasse Kaffee. Auch hier nie mit kaltem Oberkörper ins kalte Wasser

Güsse immer herzfern beginnen. Den linken Arm mit einem dünnen Strahl abgießen. Durch einen dünnem Strahl zieht sich das warme wie kalte Wasser wie ein Mantel über die Haut.

Bei kaltem Wasser nicht den Atem anhalten. Wenn man durch den kalten Reiz die Luft anhält, entsteht ein Druck im Herzen. Um den Druck des Herzens aber zu entlasten, sollte man bewusst ein und ausatmen.

Danach Wasser am Körper nur abstreifen. Und danach hinein in den Bademantel.

Anfangs beginnen mit temperiertem Wasser. Dann kalt. Beim kalten Wasser produziert der Körper seine Eigenwärme. Dadurch wird der ganze Körper aktiviert. Wechselgüsse sind ein Gefäßtraining, regulieren den Blutdruck und verbessern den Hormonhaushalt. Der Stoffwechsel wird angeregt.

Barfuß Gehen auch zu Hause. Der Fuß bekommt Luft, die Muskulatur kann besser arbeiten. Bester Schutz des Immunsystems.

Bei Blasenschwäche: Unbedingt vor den Kniegüssen oder vor dem Barfußlaufen den Körper anwärmen und dann erst mit kaltem Wasser reizen. Durch Barfuß Gehen wird die Blase aktiviert, weil die Reflexzonen angesprochen werden und die mit der Blase in Verbindung stehen.

Ein Beitrag für ReiseTravel von Christel Sperlich

Christel SperlichFernsehjournalistin Christel Sperlich entdeckt gern die ungewöhnlichen Geschichten hinter dem Abenteuer Reisen.

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