Düsseldorf

Wie Übergewicht schon vor der Geburt entsteht

Übergewicht: Kinder übergewichtiger Mütter haben häufig bereits im Grundschulalter einen veränderten Zuckerstoffwechsel, der ihr Körpergewicht beeinflusst und sie im späteren Leben anfällig für Altersdiabetes macht. Die Ursache dafür liegt vermutlich in einer vorgeburtlichen Prägung. Dies zeigt eine Studie aus Ulm. Forscher hatten eine Gruppe von Kindern und ihre Eltern seit deren Schwangerschaft begleitet. Der Studienleiter stellt die Ergebnisse vor. „Ungefähr ein Drittel aller Schwangeren ist heute in Deutschland übergewichtig“, erklärt Prof. Dr. Martin Wabitsch, Leiter der Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm. „Wir erforschen zurzeit, inwieweit sich das auf den heranwachsenden Embryo beziehungsweise Fötus auswirkt.“ Sein Team begleitet eine Gruppe von etwa tausend Kindern, die an der Universitätsfrauenklinik Ulm zur Welt kamen. Neben den Kindern untersuchen die Forscher auch deren Mütter und Väter. Die Studie wird in Kooperation mit den Epidemiologen Prof. Brenner in Heidelberg und Prof. Rothenbacher in Ulm durchgeführt.

Bei einem Gesundheits-Check wurde bei den mittlerweile achtjährigen Kindern auch die Insulin-Konzentration im Blut bestimmt. Das Hormon verteilt nach den Mahlzeiten den Zucker im Körper. „Ein erhöhter Blutwert ist ein erstes Zeichen für eine Stoffwechselstörung, Insulinresistenz genannt“, erläutert Professor Wabitsch: „Bei einer Insulinresistenz steigt der Blutzucker, da die Verteilung auf die Organe gestört ist. Langfristig kann dies zum Alterszucker, dem Typ 2-Diabetes führen.“

Die Ulmer Forscher stellten nun fest, dass einige der achtjährigen Kinder bereits erhöhte Insulinkonzentrationen im Blut hatten. „Es waren 2,3-fach häufiger die gleichen, bei denen wir bereits im Nabelschnurblut erhöhte Insulinwerte nachgewiesen hatten“, berichtet Professor Wabitsch. Der Diabetesexperte vermutet die Ursache deshalb in der vorgeburtlichen Entwicklung der Kinder – und im Stoffwechsel der Mütter. Seine Befragungen ergaben, dass die Mütter von Kindern mit hohem Insulinspiegel häufig schon vor der Schwangerschaft übergewichtig oder fettleibig waren. Eine Beziehung zum Gewicht der Väter ließ sich nicht nachweisen. Der Experte geht deshalb davon aus, dass die Mütter während der Schwangerschaft eine Insulinresistenz hatten, die sie an die Kinder weitergegeben haben.

In der Schwangerschaft gelangt der erhöhte Blutzucker der Mutter über die Plazenta zum Kind. Dessen Bauchspeicheldrüse produziert dann vermehrt Insulin, um den Zucker zu verteilen. Dies erkläre die erhöhten Insulinspiegel im Nabelschnurblut, so der Experte. Doch warum erholen sich die Kinder später nicht von der Störung? Professor Wabitsch nimmt an, dass im Mutterleib eine „Programmierung“ stattgefunden hat. Die Ernährung der Mutter könne zwar die Gene nicht verändern, also keine Mutationen auslösen, sie könne aber beeinflussen, welche Gene später aktiviert werden und welche nicht. Die Forschung kennt eine Reihe von biochemischen Möglichkeiten für diese epigenetischen Veränderungen wie die Methylierung der DNA, die Veränderung der Histone oder die Bildung nicht codierender RNAs. Denkbar sei auch eine dauerhafte Veränderung im Hypothalamus, wo sich das Sättigungszentrum des Gehirns befindet, oder in den Betazellen, die in der Bauchspeicheldrüse das Insulin produzieren. „Auch die Stressantwort des Blutzuckers könnte gestört werden“, vermutet der Experte.

Für die Achtjährigen haben die hohen Insulinwerte unmittelbare Auswirkungen. Der Experte erläutert: „Die Kinder werden schneller hungrig, weil die Wirkung des Hormons auf das Sättigungszentrum vermindert ist.“ Tatsächlich hatten die Kinder mit erhöhten Insulinwerten auch ein erhöhtes Körpergewicht. „Sie geraten damit auf einen Weg, der im Erwachsenenalter zu erhöhten Blutzuckerwerten und einem Altersdiabetes führen kann“, warnt Professor Wabitsch. Der Experte hält es deshalb  für sehr gefährlich, dass immer mehr Schwangere übergewichtig sind. www.medizinkommunikation.org  

Von Anne-Katrin Döbler und Stephanie Priester.

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