Zwickau | Zeitreise Zwickau |
Denkmäler der Industrie und Kultur in der Region Zwickau sind einen Besuch wert
Region Zwickau: Die weiten Tal-Auen der Zwickauer Mulde am Eingang zum Erzgebirge können keinen Wintersport bieten mit Loipen und Après Ski in Berg-Hütten. In dieser westsächsischen Region reihen sich auch keine Wellness-Tempel aneinander. Kann eine Landschaft, historisch geprägt und voller Geschichten von Textilfabriken und Steinkohlebergbau für den Urlauber interessant und spannend sein? Und ob!
Die Zeitreise durch die Region sollte am Besten im Bergbau-Museum Oelsnitz beginnen. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts beginnt rund um Oelsnitz die Förderung der Steinkohle, die nach Ausschöpfung der Lagerstätten vor mehr als 40 Jahren beendet wird. Die Museumsbesucher müssen nicht wie die Bergleute noch vor 50 Jahren mit dem Förderkorb bis zu sechshundert Meter hinunter fahren. Sie erleben den 400 Meter langen begehbaren Grubenschacht gleich auf ebener Erde. Realitätsnah für die Sinne wird der Bergbau, wenn das dröhnende Rattern der Abbautechnik und der Fördergeräte den Schacht erfüllt. Und das große Staunen setzt bei den Besuchern spätestens beim Anblick der Zwillingsdampffördermaschine aus dem Jahr 1923 ein, wenn diese größte noch erhaltene Dampfmaschine Sachsens mit ihre 1800 PS auf Touren kommt. www.bergbaumuseum-oelsnitz.de
Schauwerkstatt der Weber
In Hohenstein-Ernstthal nördlich vom Erzgebirge, Jahrhunderte lang die Stadt der Weber, kann man in die textilen Welten der Region eintauchen. Hier ließ die Energie aus der Kohle die Textilmaschinen laufen. In einer alten Textilfabrik in der Nähe des Bahnhofs wurde 1992 das Textil-Museum speziell für Raumtextilien eingerichtet. „Wir verkörpern hier noch das alte Handwerk“ erzählt stolz Thomas Zinke, der selbst von Hause aus gelernter Weber ist. Hier wurde einer ganz großen Tradition der Textilbranche in Sachsen und in ganz Deutschlands ein Denkmal gesetzt. Die stabilen Decken und Wände des alten Fabrikgebäudes ermöglichten es, eine einmalige Schauwerkstatt einzurichten. Sie ist mit sechs Handwebstühlen und acht mechanischen Webstühlen ausgestattet, die noch bis zum Jahr 1990 produzierten.
Das Doppelmuseum in Hohenstein-Ernstthal präsentiert nicht nur mit Stolz die Textiltraditionen, sondern beim Familienbesuch besonders für Väter und Söhne auf einer ganzen Etage den Rennsport. Insgesamt dokumentieren 30 Motorräder die Entwicklung der Rennmaschinen von DKW, BMW, Jawa, Suzuki bis zur MZ. Natürlich darf auch die legendäre Rennstrecke Sachsenring nicht fehlen und die Geschichte aus dem Jahr 1960. Da schaffte Bernhard Eckstein, der Junge aus dem benachbarten Lichtenstein, in Teamarbeit mit Täve Schur, die große Überraschung. Der junge Sachse besiegte die europäischen Spitzenfahrer und wurde Straßen-Radweltmeister. Www.trm-hot.de
Schlösser der Schönburgs in Glauchau
In Glauchau werden Geschichten um das alte sächsisch-thüringische Adelsgeschlecht Schönburg schon aus dem 12. Jahrhundert erzählt. Ein Mordfall in der Familie des Hochadels und in der Folge Gütertrennungen führte dazu, dass die Kreisstadt sogar zwei Renaissance-Schlösser vielfältig nutzen kann, Forder- & Hinterglauchau. Heute stehen die Anlagen für den jährlichen Kultursommer zur Verfügung, in dem Konzerte unterschiedlichster Musikrichtungen stattfinden. Zu den Adressen der Adelsfamilie Schönburg zählt auch das fürstliche Residenzschloss Waldenburg mit herrschaftlicher Ausstattung. Beide Schlösser sind zu einem Wallfahrtsort für Touristen wie Hochzeitspaare aufgestiegen. Aber hier erfährt der Besucher nicht nur historische, sondern auch ganz aktuelle Geschichten um die Adligen. Von der letzten Bewohnerin der Adelsfamilie, Gräfin Frieda von Schönburg, die bis zu ihrem Tode 1940 im Schloss Glauchau lebte, ist der Satz überliefert, dass es ihr ein so lieber Gedanke sei, wenn sie weiß, dass die wertvolle Einrichtung ihrer Familie in einem Museum einen Platz finden würde. Ihre im Ausland lebenden Nachfahren sehen das anders. Dem Stadtkurier Stadt Glauchau (1) vom 10.Juni 2014 ist einer Anfrage im Stadtrat zu entnehmen, dass ungeklärte Ansprüche der Schönburger auf Kunstgegenstände in den Schlössern Glauchau liegen. Viele wertvolle Stücke laufen dann Gefahr, auf internationalen Auktionen in London in der ganzen Welt verstreut zu werden. Gegen diese Bedrohung helfen weder hohe Schlossmauern noch Zugbrücken. Www.glauchau.de - www.waldenburg.de
Holzkunstwerke aus aller Welt
Die Zeitreise durch die Region führt weiter in die zwölf Kilometer westlich von Zwickau gelegene Kleinstadt Lichtenstein. Hier entstanden auf unterschiedlichen Wegen zwei Leuchttürme für Tourismus und Kultur.
Einen Weg beschritten der erfolgreiche langjährige Siemens Manager Peter Daetz und seine Frau Helene. Daetz folgte dem Ruf der Sächsischen Landesregierung, und leitete als Geschäftsführer das Kommunale Wirtschaftsentwicklungs- und Fortbildungszentrum in Flöha. Als der Manager, der viele Jahre in Indonesien, Persien und Japan verbrachte, in den Ruhestand ging, „überfiel ihn beim Gedanken an Segeltörns und Golfturniere das Grauen; dafür war er sich zu schade.“ („Die Welt“ 8.8. 2003) Er wollte selbst mit seiner Frau in gemeinnütziger Arbeit Kultur, Tourismus und die Bildung fördern. Sie gründeten eine Stiftung und bauten von 1997 bis 2001 eine einmalige Ausstellung der Holzbildhauerkunst auf. Das Daetz-Centrum umfasst insgesamt 550 Exponate aus fünf Kontinenten. Die Kunstwerke, die zu großen Teilen erst in Auftrag gegeben wurden und in den letzten 20 Jahren entstanden sind, machen eine unvergleichliche Entdeckungstour möglich, lassen den Besucher unterschiedlichste Welt-Kultur erleben. Fast eine halbe Million Besucher haben bisher diese Welt der Holzkunst bestaunt. Www.daetz-centrum.de
Weltreisen in Lichtenstein
Ein ganz anderer Weg wurde nach der Wende in einem familienfreundlichen Landschaftspark in Lichtenstein eingeschlagen. Hier standen im Jahr 1997 einige Dutzend arbeitslose Frauen und Männer, die sich für den Auftrag einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme(ABM) begeistern konnten. Denn da ging es darum, den Park auf einer Fläche von fünf Hektar mit kleinen Modellen aus der großen Welt von der Antike bis heute ein bisschen aufzuhübschen. Alle Beteiligten, darunter auch Schweißer, Maurer, ein Lehrmeister aus der Metallbranche und ein Hobby-Modellbauer nahmen diese ABM sehr ernst. In diesem Sommer feierte nun die Miniwelt Lichtenstein ihr 15jähriges Bestehen. Seit der Eröffnung machten mehr als 1,6 Millionen Besucher die kleine Weltreise durch den Park, der mittlerweile einige Superlative aufweist. Mehr als 100 Monumente (!) wurden mit den Original-Materialien im Maßstab 1: 25 gebaut. Der Eifelturm hat demnach eine Höhe von 12 Metern und das höchste Modell ist der Berliner Fernsehturm mit 14,60 Metern.
„In unserer Miniwelt sind 26 Länder und 11 Hauptstädte vertreten und bisher verbauten wir etwa eine Million Steine“, sagt die frühere Zootechnikerin und ehemalige ABM-Kraft Claudia Schmidt, heute Leiterin des Marketing.“Mit dem Neubau einer modernen Projektionskuppel im Jahr 2007 haben wir neben der Miniwelt das digitale Sternen-Theater 'Minikosmos' eröffnet. Seit diesem Zeitpunkt empfangen wir die Besucher durchgehend das ganze Jahr“, so Claudia Schmidt. Das Team um den gedanklichen Vater dieses Parks und geschäftsführenden Gesellschafter Werner Schmitt hat sich ein weiteres Ziel gesetzt: Sie visieren in der Zukunft an, bis zu 150 Modelle im Park auszustellen. Www.miniwelt.de - www.planetarium-lichtenstein.de
Romantik pur im Jagdhaus Waldidyll
Wem der bisherige Weg durch die Zwickauer Region zu unromantisch angelegt ist, der sollte sich auf den Weg nach Hartenstein machen. Denn hier steht mitten im Wald das Jagdhaus Waldidyll, dass zu Recht in die Reihe der Romantik-Hotels in Deutschland aufgenommen wurde. Das mehrstöckige Haus wurde vor mehr als 80 Jahren als Erholungsheim für die Bergarbeiter aus der Region gebaut und diente viele Jahrzehnte als Erholungsheim des FDGB. Im Sommer 1993 erwarben Frau Hertha Sellmair und ihre Tochter Andrea Kahl von der Treuhand in Berlin das Anwesen. Die Hotelierfrauen aus Bayern eröffneten nach umfangreichem Ausbau im Jahr 1997 das Hotel, das heute in 24 Zimmern und vier Suiten seine Gäste empfängt. Schon einige Jahre später gewann das erste Romantik-Hotel im Erzgebirge Preise als beliebtestes Hotel in Sachsen und ihre Hotelküche erhielt gute Bewertungen im Guide Michelin und im Feinschmecker.
„Sehr beliebt sind bei den Gästen unsere ganzjährigen Arrangements, die auch die Nutzung des Sauna- und Fitnesshauses in unserer Gartenanlage einschließen“,sagt Managerin Andrea Kahl. Die Titel der Arrangements wie „Die kurze Verschnaufpause“ oder „Romantik pur“ seien Programm. Vom Standort des Jagdhauses in Hartenstein führen kurze Wege nach Zwickau ins Max Pechstein Museum und zu den Glauchauer Schlössern, nach Hohenstein-Ernstthal zu Webstühlen und dem Sachsenring und nach Lichtenstein zur Holzkunst und der Miniwelt, wo überall auf Neugierige spannende Geschichten warten. Www.romantikhotel-waldidyll.de
Ein Beitrag für ReiseTravel mit Fotos von Ronald Keusch.
Unser Autor ist freier Journalist mit dem Schwerpunkt Tourismus, er lebt und arbeitet in Berlin. Sehr geehrte ReiseTravel User, bitte schreiben Sie uns Ihre Meinung, senden uns Ihre Fragen oder Wünsche. Vielen Dank. Ihr ReiseTravel Team: feedback@reisetravel.eu
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