Berlin

Auf einer Stufe mit Cannes oder Venedig eine Erfolgsgeschichte

Hollywoodstars in Berlin: 1951 wurden im noch in Trümmern gelegenen Westberlin die internationalen Filmfestspiele Berlinale ins Leben gerufen. Die Idee hatte der US-Offizier Oscar Martay. Er war als Presseoffizier in der damaligen Viersektorenstadt Berlin tätig. Hintergrund war, das isolierte Westberlin als ein „Schaufenster der freien westlichen Welt“ darzustellen. Die USA unterstützten anfangs finanziell die Filmfestspiele. So ließ man oft bekannte deutsche Regisseure und Schauspieler nach Berlin einfliegen und übernahm deren Kosten für Verpflegung und Hotel. Im Nachkriegsdeutschland war so mancher frühere UFA-Star für diese Hilfestellung dankbar. Einmal schonte es den eigenen Geldbeutel für die Zeit der Anwesenheit, anderseits konnten Kontakte geknüpft werden zu Produzenten, anwesenden Theaterintendanten oder Kinobetreibern. Die Kontaktpflege innerhalb der Zunft der Filmschaffenden, darunter zählen auch Berufe wie Kameramann, Tontechniker, Kostümbildner, Filmkomponisten, ist auch heute noch ein gutes Argument, sich in der Zeit der Berlinale sehen zu lassen. Seit 1978 findet die Berlinale im Februar statt, bis 1977 fand sie jährlich immer im Sommer. Der erste Festspielleiter war der Filmhistoriker Alfred Bauer. Er war bei der britischen Militärregierung in Deutschland als Filmberater tätig. An der Vita von Martay und Bauer kann jedermann ersehen, die Berlinale ist ein geistiges Kind der westlichen Siegermächte gewesen. Es dauerte lange, ehe Staaten des „Ostblocks“ Filme und Künstler zur Berlinale entsendeten. Die Stadt Westberlin, die nach Auffassung der UdSSR und anderer Staaten kein Bestandteil der Bundesrepublik Deutschland war, sollte nicht durch deren Filme aufgewertet werden. Es ließ sich im Laufe der Zeit jedoch nicht immer vermeiden, dass es zu politischen Diskussionen kam. So gab es durchaus auch eine Berlinale, wo nur Staaten wie Rumänien und Jugoslawien teilgenommen hatten. Von einer Sensation zu sprechen, war damals nicht angebracht. Erinnert sei daran, auch auf anderen internationalen Ebenen gab es Absagen - sowohl von Ost als auch West. Bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau nahm der Westen nicht teil und boykottierte sie. In Los Angeles 1984 traten bei den Olympischen Spielen keine Ostteams an. So manche Geschichte am Rande der Berlinale ist ebenfalls filmreif. 1980 entstand der DEFA-Film Solo Sunny. Der Film lief bei der Berlinale, Hauptdarstellerin Renate Krößner stellte der internationalen Presse den Film vor.

Das am Anfang der Berlinale nur sehr wenige Staaten teilgenommen haben, lässt sich leicht erklären, wenn man die aktuellen Teilnehmerländer sieht. So konnte 1951 Burkina Faso gar nicht teilnehmen, weil dieser Staat erst 1960 gegründet wurde. Ebenso verhält es sich mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, die erst seit Staatsgründung 1971 in Berlin vertreten sind. Uganda war in diesem Jahr mit Filmen vertreten, 1962 entstand der Staat. Das heute sehr zahlreiche Länder vertreten sind bei der Berlinale, ist auch dem Zerfall der UdSSR geschuldet. Staaten wie Estland, Litauen, Usbekistan, Ukraine, Armenien, Aserbaidschan, Kasachstan und andere präsentieren heute die Filmkunst ihrer noch jungen Nationen. Staaten wie Südsudan, Mazedonien, Montenegro und Kosovo sind relativ jung und auch diese Länder wollen auf der Berlinale unter Beweis stellen, bei ihnen zu Hause gibt es gute Filmemacher und Schauspieler.

Heute sind die Filmfestspiele in Berlin auf Augenhöhe mit den Filmfestspielen von Cannes und Venedig angesiedelt. Internationale Hollywood Größen trifft der Filmfreund auf jeder Berlinale. So waren unter anderem Nicole Kidman, Stellan Skarsgard, James Franco, Wim Wenders, Beach Boy Brian Wilson, David Oyelowo und Ava DuVernay in Berlin.

Bei der Berlinale gibt es mehrere Sektionen. Ganz ober angesiedelt ist der Wettbewerb. In dieser Kategorie werden pro Berlinale etwa 20 Filme gezeigt, insgesamt laufen auf der gesamten Berlinale in weiteren Kategorien wie Forum, Panorama, Shorts, Generation und Berlinale Special rund 400 Filme. Nur ein Streifen, der im Programm Wettbewerb gezeigt wird, kann die höchste Auszeichnung, den Goldenen Bären gewinnen. Das ist eine Statue aus Metall, die seit Beginn der Berlinale von der Gießerei Noack in Charlottenburg gegossen werden. Geehrt werden auch der beste Schauspieler und die Schauspielerin. So werden Preise der Offiziellen Jury als auch von unabhängigen Jurys vergeben. Zu Ehren des Gründers wird jährlich der Alfred-Bauer-Preis vergeben für ein Werk, das neue Perspektiven eröffnet. Die Offizielle Jury besteht aus Filmschaffenden aus aller Welt, auch Schriftsteller waren dort schon vertreten. Zu jeder Berlinale wird eine neue Jury gebildet. In diesem Jahr leitete die Jury der US-Regisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent Darren Aronofsky. Sein Amt ist von großer Wichtigkeit. Bei Stimmengleichheit innerhalb der Jury zählt die Stimme des Vorsitzenden doppelt. Es sei auch angemerkt, es geht innerhalb der Jury so zu wie im Konklave bei einer Papstwahl. Es wird niemals mitgeteilt, wie viele Stimmen der Sieger des Goldenen Bären erhielt und welches Werk auf Rang zwei und drei kam. Es ist selbstredend auch Ehrensache, kein Jurymitglied äußert sich in der Öffentlichkeit und erst nicht in den Medien über einen Film. Bewertet wird hinter einer dicht verschlossenen Tür der Berlinale. Wer als Filmemacher oder Schauspieler von sich behaupten kann, in einem Film der Berlinale mitgewirkt zu haben, gilt in seiner Zunft schon als geadelt. Auf einem Thron sitzt der Künstler oder Produzent, wenn er den so sehr begehrten Bären der Berlinale in seinen Händen halten darf. www.berlinale.de

Kann ein Filmproduzent sein Werk auf der Berlinale platzieren, gibt das einen Riesenschub. Ein Regisseur eines senegalesischen Werkes konnte auf der Berlinale berichten, keine Bank der Welt wollte ihm anfangs einen Kredit geben. Als er nachweisen konnte, sein Film werde bei der Berlinale aufgeführt werden, ging er wieder zu einer Bank in Frankreich um einen Kredit zu erbitten. Er nannte dort erneut eine Summe. Der Bankdirektor persönlich bediente den Herrn Berlinale-Regisseur beim zweiten Besuch. Er forderte ihn auf, nicht so bescheiden zu sein und 200.000 Euro mehr als die Wunschsumme zu beantragen. „Ihr Film wird doch bei den internationalen Filmfestspielen gezeigt, das ist doch für uns eine sehr gute Bürgschaft“, teilte der Banker dem verdutzten Regisseur mit.

Ein Beitrag für ReiseTravel von Volker T. Neef.  

Volker T. Neef ReiseTravel.euUnser Autor berichtet aus der Bundeshauptstadt und ist in Berlin wohnhaft.

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