Berlin

Sonderausstellung des Museums für Vor- und Frühgeschichte. Staatliche Museen zu Berlin: Im Jubiläumsjahr zum 200. Geburtstag des Archäologen Heinrich Schliemann (1822-1890) soll die Ausstellung „Schliemanns Welten“ dessen vielschichtiges Wirken beleuchten

Schliemanns Welten: Am 6. Januar 2022 jährte sich der Geburtstag des Archäologen und Berliner Ehrenbürgers Heinrich Schliemann zum 200. Mal. Aus diesem Anlass widmet das Museum für Vor- und Frühgeschichte dem bekanntesten deutschen Archäologen eine große Sonderausstellung. Mit rund 700 Objekten – darunter viele internationale Leihgaben – steht neben spektakulären Ausgrabungsfunden auch erstmals der „unbekannte“ Schliemann vor seiner Hinwendung zur Archäologie im Fokus einer Ausstellung, die sich anhand aktueller Forschungsergebnisse auch kritisch mit den archäologischen Methoden seiner Zeit auseinandersetzt.

Vor der Eröffnung:

Schliemanns Welten

Schliemanns Welten - Schatz des Priamos

Bekannt als Entdecker von Troja war Heinrich Schliemann (1822-1890) vieles mehr: Geschäftsmann, Kosmopolit und Schriftsteller. Sein global ausgreifendes Leben voller Tatkraft, Risikofreude und Abenteuer gleicht einer ruhelosen Odyssee auf dem Weg zu seiner wahren Passion, der Archäologie, der er sich erst mit Anfang 40 widmete. Die Sonderausstellung auf der Museumsinsel Berlin nähert sich der schillernden wie umstrittenen Persönlichkeit in zwei Kapiteln: Während sich der Ausstellungsteil in der James-Simon-Galerie rein biografisch mit der ersten Lebenshälfte Heinrich Schliemanns befasst und Einblicke in die Lebenswelt des 19. Jahrhunderts gibt, steht im Neuen Museum mit spektakulären Funden der Königsgräber in Mykene und der Trojanischen Sammlung Schliemanns archäologisches Schaffen im Zentrum.

Am 6. Januar 1822 geboren und aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen in Mecklenburg, beschließt Schliemann mit 19 Jahren nach Amerika auszuwandern. Weil das Schiff bereits in der Nordsee sinkt, bleibt er in Amsterdam und fasst Fuß bei einer Handelsagentur. Wegen besserer Aufstiegsmöglichkeiten lernt Schliemann u. a. Russisch, sodass er schon 1846 als Agent einer eigens eröffneten Dependance nach St. Petersburg gesandt wird. Schliemann nimmt aus geschäftlichen Gründen die russische Staatsbürgerschaft an und eröffnet schon bald ein eigenes, höchst erfolgreiches Kontor mit Kolonialwaren. Nachdem Schliemann von 1850 bis 1851 im legendären Goldrausch Kaliforniens seinen Besitz verdoppeln kann, beginnt Mitte der 1850er-Jahre eine Zeit des verstärkten Reisens: Mit der Bahn, dem Schiff, in Kutschen und auf Reittieren entdeckt der nun über 30-jährige Europa, den Orient, dann Indien, China und Japan. Gerade Letztere beeindrucken ihn dermaßen, dass er bereits auf der Rückfahrt über den Pazifik ein Buch schreibt und 1867 unter dem Titel „La Chine et le Japon au temps présent“ auf eigene Kosten publiziert.

Zurück in Europa widmet sich Heinrich Schliemann verstärkt den Wissenschaften, besucht Vorlesungen an der Sorbonne in Paris, folgt den Spuren Homers durch Griechenland und reicht diesen Reisebericht schließlich 1869 als Dissertation in Rostock ein. Inzwischen US-Staatsbürger, beginnt Schliemanns Karriere als Archäologe 1870 mit den Ausgrabungen des Hügels Hisarlik unweit der Dardanellen im damaligen Osmanischen Reich. Er hat keine Zweifel daran, dass es sich hier um die Überreste der sagenumwobenen Stadt Troja handelt. Noch bevor er die offizielle Grabungsgenehmigung erhält, startet er 1870 erste Sondagen und beginnt 1871 mit regulären Ausgrabungen. Ungeduldig und ohne Erfahrung lässt er eine 800m² große Fläche bis auf 17m Tiefe ausheben, um an die für ihn bedeutenden Schichten zu gelangen. Mit dem heute als „Schliemann-Graben“ bekannten Tiefschnitt zerstört er ein großes Areal unwiederbringlich. Was er 1873 findet, ist jedoch legendär: Der „Schatz des Priamos“, den er mit diesem Namen, dem mythischen König von Troja zuweist. Seine „Sammlung Trojanischer Altertümer“ umfasst über 10.000 Objekte, zu denen neben den bekannten Goldfunden Keramikgefäße, Metallgeräte, Spinnwirtel und diverse andere Kleinfunde sowie Botanikproben gehören.

Auf der Suche nach den griechischen Helden untersucht Schliemann auch die Schauplätze von Homers Geschichten in der Ägäis. 1874 beginnt er mit Sondagen, ab 1876 mit Grabungen in Mykene, um die bei Pausanias erwähnten fünf Königsgräber zu finden. Die Gräber aus dem Gräberrund A, die Schliemann freilegt, sind von unvergleichlichem Reichtum und bis heute von großer archäologischer Bedeutung. Hier glaubt er, Agamemnon gefunden zu haben, in Orchomenos das Schatzhaus des Minyas sowie Überreste des Palastes in Tiryns mit seiner eindrucksvollen Wandmalerei. Dass die Zuordnung der Funde zu den Helden Homers sowohl in Troja als auch an den griechischen Fundplätzen falsch ist, dürfte Schliemann am Ende seines Lebens zumindest geahnt haben. Den Wert seiner Funde schmälert es nicht: Dass Schliemann mit der bronzezeitlichen mykenischen Kultur die früheste Hochkultur Europas entdeckt, wird erst lange nach seinem Tod deutlich.

Matthias Wemhoff - Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte: Schatz des Priamos

Schatz des Priamos Schliemanns Welten

„Das ist der „Schatz des Priamos“ als Kopie. Die Silbervase ist original, darin fand Schliemann den Schatz. Die Vase wurde 1979 von der damaligen Sowjetunion an das Völkerkundemuseum Leipzig in der DDR zurückgegeben. Unerkannt lagerte die Vase bis 1992 in einem Karton“.

Matthias Wemhoff: „Der Begriff des Schatzgräbers und des wüsten Menschen, der alles auf Schnelligkeit macht, ist nicht ganz zutreffend – ich glaube, man wird sehen, dass er jemand ist, der sich als extrem wandlungsfähig in seinem Leben zeigt, der sich auch extrem verändert. Seine ersten Jahre in Troja sind gar nicht zu vergleichen mit seinen weiteren Arbeiten. Es wird deutlich, dass er für die Wissenschaft unglaublich viel gemacht hat."

Der „Schatz des Priamos“ machte Schliemann weltberühmt. Er prozessierte mit dem Osmanischen Reich, um ihn auszuführen. Er beglich die hohen Strafen gleich mehr als doppelt, um weiter zu graben, schließlich durfte er das Gold mitnehmen. 1881 hat er es auf Initiative seines Freundes Rudolf Virchow „dem Deutschen Volke zu ewigem Besitze und ungetrennter Aufbewahrung in der Reichshauptstadt“ geschenkt.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges befindet der Schatz sich in Russland. „Trophäenkunst“, „Beutekunst“ oder „Kriegsbedingte Auslagerungen“ lauten immer noch aktuellen Begriffe.

Matthias Wemhoff Schliemanns Welten

Der homerischen Welt und der Archäologie bleibt Heinrich Schliemann bis zu seinem Tod 1890 in Neapel treu. Arbeit und Privates vermischt sich: Seinen Athener Stadtpalast, das eigens gestaltete „Iliou Melathron“, stattet er üppig mit Motiven der antiken Kunst sowie seinen archäologischen Funden aus, sein Mausoleum lässt er nach dem Vorbild klassisch-griechischer Architektur errichten und sein Leben gleich den griechischen Heldentaten auf einem der Friese verewigen. International anerkannt, muss Schliemann auf die wissenschaftliche Anerkennung in Deutschland weiter warten. Erst die Förderung durch Rudolf Virchow, Mitbegründer der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte und des Museums für Völkerkunde (heute Ethnologisches Museum), verhilft Schliemann schließlich zu positiverer Rezeption in seiner Heimat. Virchow ist 1881 auch Schliemanns Schenkung der Sammlung Trojanischer Altertümer nach Deutschland und die Verleihung der Berliner Ehrenbürgerschaft zu verdanken. Heute gehört die berühmte Sammlung zu den herausragenden Beständen des Museums für Vor- und Frühgeschichte, nur die goldenen Objekte aus den Schatzfunden werden bis heute in Russland zurückgehalten und im Pushkin Museum in Moskau präsentiert.

Das von Schliemann zu Lebzeiten selbst geförderte Image als Held und Visionär prägte noch lange dessen Bild in der Öffentlichkeit, bis in den 1970er-Jahren Widersprüche in seinen Schriften ihm den Ruf als Betrüger und Phantasten einbrachten. Erst in den letzten Jahrzehnten sorgte eine historisch-kritische Rekonstruktion dafür, dass Schliemanns Wirken verstärkt vor dem Hintergrund der vielfältigen Facetten seiner Persönlichkeit erschlossen wurde. Sein Nachlass umfasst über 50.000 Dokumente, die in der Athener Gennadius-Bibliothek aufbewahrt werden. Neben Massen an Tagebüchern, Reisedokumenten, Briefen, Fotografien, Rechnungen und Publikationen, die nun nach und nach auch digitalisiert zur Verfügung stehen, stellen auch die 17 Sprachen – u. a. in Englisch, Französisch, Russisch, Arabisch, Farsi und Altgriechisch – in denen Schliemann kommunizierte, die Forschung bis heute vor Herausforderungen.

Auf Basis der aktuellen Forschungsergebnisse ist die Sonderausstellung daher bewusst in zwei Bereiche unterteilt und präsentiert gleichwertig Schliemanns biografische und archäologische „Welten“. Neben herausragenden Objekten aus zahlreichen Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin – darunter das Ethnologische Museum, das Museum für Asiatische Kunst, das Kunstgewerbemuseum, das Münzkabinett, die Kunstbibliothek, sowie die Antikensammlung und das Ägyptische Museum und Papyrussammlung – runden internationale Leihgaben aus der Eremitage St. Petersburg oder dem Katsigras Museum in Larissa die Ausstellung ab. Von herausragender Bedeutung sind Exponate aus dem Nationalmuseum Athen: Spektakuläre Goldschmiedearbeiten aus den sogenannten Königsgräbern von Mykene und Fragmente der Wandmalereien aus Tiryns bilden die Höhepunkte des archäologischen Teils.

„Schliemanns Welten“ wird unter der Projektleitung von Matthias Wemhoff, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte, kuratiert von Marion Bertram, Bernhard Heeb, Susanne Kuprella, Benjamin Wehry und Anton Gass.

Die Ausstellung wird gefördert durch das Kuratorium Preußischer Kulturbesitz, die Stiftung Deutsche Klassenlotterie und den Hauptstadtkulturfonds.

Zur Ausstellung erscheint eine Publikation im E. A. Seemann Verlag, 320 Seiten, 250 farbige Abbildungen, Hardcover, ISBN 978-3-86502-480-0, Preis 28 Euro.

Museumsinsel Berlin, James-Simon-Galerie, Bodestraße, D-10178 Berlin. www.smb.museum

Reise Tipp. Besuch von Troja in der Türkei: Troja – Trojanisches Pferd – Trojaner.  

Ein Beitrag für ReiseTravel von Gerald H. Ueberscher.  

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