Berlin

Am 3. Oktober 1969 wurde das DDR Farbfernsehen eingeführt, ein 2. Programm eröffnett und der TV Turm Berlin Alexanderplatz eingeweiht!

TV Turm Berlin Alexanderplatz über 50 Jahre alt

In Farbe: Am 3. Oktober 1969 um 20 Uhr startete der Deutsche Fernsehfunk in der DDR sein 2. Programm in Farbe. Nach einer Ansprache des Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht strahlte der neue Sender ein 100minütiges Unterhaltungsprogramm aus.

Dieser Tag war ein Wendepunkt und markanter Meilenstein in der Fernsehgeschichte: Es wurde ein 2. TV-Programm eingeführt und das technische Zeitalter von Farbfernsehsendungen eröffnet. Dieser Auftakt fand europaweit Beachtung.

Die DDR war somit weltweit das 8. Land mit Farbfernsehen. Im Rahmen einer „Intervision“ Übertragung wurde das Showprogramm von zahlreichen Ländern übernommen.

Eine der zahlreichen Ankündigungen in den Medien lautete für Freitag 3. Oktober 1969 20.00 Uhr: Der Deutsche Fernsehfunk sendet für Intervision die Farbsendung: Grüße – Gäste – Gratulanten – Eine heitere Revue zur Eröffnung des II. Fernsehprogramms. Durch das Programm führen Jessy Rameik und Rolf Herricht.

Der Grundtenor: „Mit gespannten Erwartungen schauen viele Bürger der Eröffnung des II. Programms des Deutschen Fernsehfunks entgegen. Eine Farbsendung, die mit ihrer optimistischen Grundhaltung im doppelten Sinne repräsentativ für den Zeitpunkt ihrer Ausstrahlung ist. Die Liste der Mitwirkenden gibt Auskunft darüber, dass die Einladung der Gestalter dieser Sendung bei Solisten und Ensembles aus unserer Republik und dem mit uns befreundeten Nachbarstaaten mit Freude angenommen wurde, sodass Jessy Rameik und Rolf Herricht bei ihrer Vorstellung der Gratulanten wohl kaum etwas über Herkunft und Beliebtheit unserer Gäste zu sagen brauchen.“

Am 1. Oktober 1969 ab 10 Uhr wurden die ersten TV Aufnahmen auf dem TV-Turm Berlin Alexanderplatz, in dessen „Tele-Café“ und noch ein paar Etagen höher bei freier Sicht, gefertigt.

TV Turm Berlin Alexanderplatz by ReiseTravel.eu

Dieser neu errichtete TV-Turm sollte nun alle DDR TV Programme ausstrahlen und gleichzeitig „Neues Wahrzeichen der Hauptstadt“ werden. Um 15 Uhr wurde die Ansprache des Staatsratsvorsitzenden, im Gebäude des Staatsrates, aufgezeichnet.

Grüße Gäste Gratulanten - Einführung Farbfernsehen in der DDR

Historie & Memoires sind nachgefragte Themen – Erinnern Sie sich noch?

In den Feedback Mails an die ReiseTravel Redaktion lautet oft die Frage:

Wie war das damals, wer machte wann was?

ReiseTravel bat den Autor und Regisseur Gerald H. Ueberscher um nähere Informationen:

Wie war das damals, im Oktober 1969?

Eine gute Frage. Ich war jung, lernte viel und intensiv in der Fernsehunterhaltung und im Show Business. Besonders auf dem Gebiet der Unterhaltungskunst ist das künstlerische „Handwerk“ von besonderer Relevanz.

Das Zeitalter „Farbfernsehen“ in der DDR begann am 21. Mai 1969 mit einem „Farbtest“. Die Deutsche Post, Studiotechnik Fernsehen, verfügte über einen ersten Farb-Übertragungswagen und das war eine Sensation. Nach einer Phase der Vorbereitung zur „Einführung von Farbfernsehsendungen“, die besonders im politisch-ökonomischen Bereich angesiedelt war, folgten redaktionelle Planungen vom Bereich Unterhaltung und in Verbindung mit Deutsche Post Studiotechnik Fernsehen.

Bereits im April reisten wir in einer kleinen Gruppe nach Moskau, in das dortige Fernsehstudio Ostankino, ein Lehrgang von zehn Tagen. Hier standen mehrere Farb-Ü-Wagen und wir wurden in die neue Technik eingewiesen. Etwa 70 Fernseh-Mitarbeiter aus sozialistischen Ländern waren zur Schulung angereist. Es waren sehr informative Tage, auch lernte ich Moskau aus einer anderen Perspektive kennen. Damals stand ich am Anfang meiner beruflichen Karriere.

Von Moskau zurück in Berlin?

Am 12. August 1969 fand in Berlin Adlershof eine Pressekonferenz mit dem Intendanten Heinz Adameck statt, in der dieser über die bevorstehende Einführung des Farbfernsehens berichtete. Im Vordergrund stand die Unterhaltung mit seinen geplanten Sendungen. Deren Titel lauteten: „Melodie mit Philatelie“ ein Spiel mit Briefmarken, „Lampenfieber“ als Operngala aus dem Opernhaus und „Einmal im Jahr“ eine Schlager-Gala aus dem Kulturpalast Dresden, für alle diese Sendungen zeichnete ich mitverantwortlich.

Die Teilnehmer der Pressekonferenz konnten sich ein „Testprogramm“ in Farbe ansehen. So erschien die Ansagerin Erika Radtke in „bunt“, ebenso das „Sandmännchen“ und der TV-Film „Schlager einer großen Stadt“ Moskau wurde vorgeführt. Noch am Abend und vor allem in den folgenden Tagen berichteten die Medien umfassend zum Thema: Einführung 2. Fernsehprogramm in Farbe.

DFF Ankündigung: Grüße Gäste Gratulanten

Grüße Gäste Gratulanten ReiseTravel.eu

Am 3. Oktober 1969 wurde in der DDR Farbfernsehen eingeführt und ein 2. Programm eröffnet.

Wie war die Theorie und wie die Praxis?

Der Weg bis zum 3. Oktober begann bereits am 23. April 1969, da waren die „theoretischen Planspiele“ beendet und ab sofort begann die praktische Tätigkeit, verbunden mit konkreter Umsetzung. Im „Casino“ Adlershof, trafen sich zu einer Besprechung etwa 40 Mitarbeiter, vor allem aus dem Bereich Unterhaltung. Nach einer Stunde waren die weiteren markanten Ziele abgesteckt und Termine festgelegt. Der nun etwas engere Mitarbeiterstab bestand aus 20 Kollegen und nannte sich „Stab Farbe“.

Hauptverantwortliche waren Horst Rentz, Bereichsleitung Unterhaltung und Musik und Komiteemitglied, Werner Fehlig, Leiter der Koordinierungsgruppe und Arthur Nehmzow, Direktor für Produktion.

Ende Mai 1969 wurde das „Studio 1“ im Atelier Berlin Johannisthal als Farbstudio eingerichtet und ein Farb-Ü-Wagen installiert. Sofort erfolgten die erforderlichen Farbtests in Verbindung mit einem eingebauten Szenenbild, als eine Art Dekoration. Weitere Mitarbeiter, aus allen TV-Bereichen, wurden in das Team integriert, alle sollten sich qualifizieren, um danach weitere Farbsendungen zu gestalten. 

In Farbe – das war Neuland?

Ja und absolut! Farbfernsehen war Neuland für alle Mitarbeiter. Es gab, außer dem Moskau Aufenthalt, keinerlei praktische Erfahrungen. Ob Szenenbild, Lichtgestaltung unter Fritz-Rudolf Thiem, über das Schminken in der Maske mit Käthe Kotte oder die Auswahl geeigneter Kostüme bis hin zu jeglicher praktischen Realisierung musste alles sehr gründlich probiert werden.

So waren zu den einzelnen Tests vier Kleindarsteller engagiert. Deren Aufgabe: Sich schminken lassen, unterschiedlichste Kostüme ausprobieren, nach redaktionellen Festlegungen in der Dekoration Agieren und sich viele weitere technische Dinge gefallen lassen. Es waren komplizierte arbeitsreiche Wochen, aber am Ende, lief alles perfekt. Die Mitarbeiter vom „Stab Farbe“ Abteilung Unterhaltung waren hier federführend, Fachberater Farbberatung wurde Dr. Hans Müller.

In diese Vorbereitungsphase fielen auch Außenproduktionen und dies mit dem neuen Farb-Ü-Wagen 1 unter seinem Chef Jürgen Eichhorn. So wurde die „Briefmarkenrevue“ vom 19. bis 30. Juni und vom 7. bis 14. Juli 1969 in der Messehalle 17 in Leipzig, unter der Regie von Bruno Kleberg, produziert. Mitwirkende: Etta Cameron, Thomas Lück, Rolf Kuhl, Irmgard Düren, Monika Hauff und Klaus-Dieter Henkler sowie Musiker und Tänzer. 

Dazwischen wurde die Farbsendung „Lampenfieber“ vom 1. bis 6. Juli 1969 im Opernhaus Leipzig produziert und in Form einer öffentlichen Veranstaltung aufgezeichnet. Ein rätselvoller Theaterbesuch mit Rolf Krickow und unter Regie von Manfred Spitz traten auf: Elisabeth Breuel, Edgar Wählte und das Gewandhausorchester Leipzig, um nur einige zu erwähnen.

Grüße Gäste Gratulanten

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Probenplan vom 09. 09.69 Produktionsnummer 2221-0101 und 2222-0101. 

Ein kreativer Weg?

Ja, der Weg zur „Erstsendung“ war kreativ, aber auch lang. Eine erste redaktionelle Besprechung fand am 18. Juli 1969 statt und ab 9. August 1969 erfolgten die ersten Farbtests im Jofa Studio 1 in Berlin Johannisthal. Am 10. September 1969 war „Bauabnahme“ – hier wurde geprüft, ob alle eingesetzte Technik perfekt installiert war.

Am nächsten Morgen um 9.30 Uhr begann die Produktion: „Alle an der Produktion beteiligten Mitarbeiter Deutscher Fernsehfunk und Studiotechnik Fernsehen müssen persönlich anwesend sein. Alle nicht zur Produktion gehörenden Kollegen haben sich vorher beim Aufnahmeleiter zu melden“. (Probenplan 09. 09.69 Produktionsnummer 2221-0101 und 2222-0101)

"Nach einer Begrüßung aller an der Produktion Beteiligten durch den 1. Aufnahmeleiter Gerald Ueberscher gab Dramaturg und Redakteur Just Wagner ein Statement zum Anliegen der Sendung ab, gefolgt von kurzen Ansprachen von Otto Holub und Ulrich Rulf, Regisseure der Sendung, zur künstlerischen Umsetzung“, stand später im Protokoll.

Wegen der politischen Brisanz dieser Produktion folgte die obligatorische Wahl FDGB-Vertrauensmann, Jürgen Bratzke Beleuchtungsmeister und die Wahl SED-Gruppenorganisator für den Zeitraum der Produktion bis zur Sendung, Wolfgang Baumbach, Produktionsleiter.

Um 10 Uhr starteten die ersten Proben mit den agierenden Mitwirkenden. Die Aufzeichnungen waren am 30. September 1969 beendet. Am 1. und 2. Oktober 1969 erfolgte der Schnitt sowie eine erste Abnahme.

Gleichzeitig erfolgten am 1. Oktober 1969 ab 10 Uhr die erforderlichen Aufnahmen auf dem TV-Turm Berlin Alexanderplatz in dessen „Tele-Café“ und noch ein paar Etagen höher bei freier Sicht, gefertigt. Dieser neu errichtete TV-Turm sollte nun alle DDR TV sowie Radio Programme ausstrahlen und gleichzeitig „Neues Wahrzeichen der Hauptstadt“ sein. Um 15 Uhr wurde die Ansprache des Staatsratsvorsitzenden, im Gebäude des Staatsrates, aufgezeichnet.

Dem folgte am 2. Oktober 1969 um 15 Uhr die Abnahme der Sendung. Anwesend waren außer den Verantwortlichen der Produktion jede Menge „Chefs“ aus allen Bereichen des Fernsehfunks. Natürlich spielte hier das Erlebnis „Fernsehen in Farbe“ eine relevante Rolle. Fast alle Teilnehmer hatten vorher noch nie eine Sendung in Farbe gesehen. Alle staunten und waren echt begeistert. Um 17 Uhr gab es das OK, die Sendung wurde als gut befunden und war „Abgenommen“. Freude kam auf. Alle aus dem „Stab Farbe“ sowie die Akteure und „Macher der Sendung“, waren zufrieden und vor allem erleichtert.

Zum Zeitpunkt der „Einführung Farb-Fernsehen“ gab es im Handel noch nicht ausreichend Farb-TV-Geräte zu kaufen, die Produktion in Staßfurt war zwar angelaufen, konnte aber den enormen Bedarf der Nachfrage nicht decken. Doch der „Stab Farbe“ war pfiffig. Am 3. Oktober 1969 wurden in der Kantine Regattastraße 277 Berlin Grünau, Bereich Unterhaltung, drei Farbfernseher aufgestellt. Hier verfolgten etwa 50 Mitarbeiter die Premiere. Danach gab es Standing Ovation. 

Keine Probleme?

Leider ja. Alle Sendungen wurden „Vorproduziert“, nach den Proben per Teak oder bei öffentlichen Programmen mit Publikum meist in zwei Teilen, aufgezeichnet. Dieser interne Ablauf verlief fast immer reibungslos. Problem war die MAZ-Technik. Per Richtfunk oder Kabel wurde alles nach Berlin Adlershof gesendet, hier erfolgte die Aufzeichnung in einem abgeschlossenen Raum. Dieser Raum war mehrfach gesichert und kein „unbefugter“ Mitarbeiter fand Eingang. Auch waren diese „MAZ-Kollegen“ unter Leitung von Volker Brüstel nicht unbedingt allen persönlich bekannt. Dieser Umstand führte oft zu Komplikationen, man konnte die erfolgte Aufzeichnung nicht direkt Ansehen, musste dem MAZ-Personal Glauben schenken. Bei der Bearbeitung konnte auch kein mechanischer Schnitt erfolgen, alle „Mavi-Bänder“ waren importiert und es gab nur drei Aufzeichnungsgeräte überhaupt.

Ein relevantes Hauptproblem: Es waren nicht ausreichend Magnetbänder vorhanden. Diese Bänder kamen aus dem westlichen Ausland, kosteten viel Geld, in Form von Devisen, und jede Produktion war angehalten „nicht zu viel Aufzeichnen“.

Da diese Magnetbänder Mangelware waren, gab es natürlich zahlreiche Probleme, vor allem ab Anfang 1970. Ab diesem Zeitpunkt wurden fast alle MAZ Bänder mit Originalsendungen wieder gelöscht und danach für aktuelle Produktionen neu benutzt.

"Wir sind zwanzig, zwanzig Jahre alt" und der Song "Jetzt beginnt die herrliche Zeit" waren populäre Hits des Jahres 1969, auch die DDR wurde damals 20 Jahre alt!

Grüße Gäste Gratulanten – Jessy Rameik und Rolf Herricht moderieren das Eröffnungsprogramm am 3. Oktober 1969  

Jessy Rameik + Rolf Herricht Gruesse Gaeste Gratulanten ReiseTravel.eu

(Die Sendung wurde im westlichen Ausland aufgezeichnet. Aus Lizenz Gründen darf ReiseTravel diese nicht ausstrahlen.)

Grüße Gäste Gratulanten - Ihr Fazit?

Die Einführung des Farbfernsehens fand in einer freudig erregten Atmosphäre statt und war wohl für alle Mitstreiter im „Stab Farbe“ und den beteiligten Künstlern ein nachhaltiges Erlebnis von bleibender Erinnerung.

Im Bereich Unterhaltung wurde ich sofort für alle Produktionen „In Farbe“ eingesetzt. Es folgten die Sendungen „Grüße aus Moskau“, „Einmal im Jahr“, später die Sendereihe „Autogramm“ mit Gerry Wolf und danach mit Gisela May. Dann fragte Produktionsleiter Teddy Bergmann an: „Schätze der Oper“, sollte ich übernehmen. Wieder einmal etwas Neues, eine Farbsendung aus dem Wörlitzer Park bei Dessau. Später noch eine Sendung aus der Stadthalle Görlitz. Farbfernsehen war damals schon beeindruckend. Ein neues Zeitalter der Technik hatte begonnen. In der heutigen digitalen Welt ist dies schwer verständlich. Doch 1969 wurden dafür auch die technischen Grundlagen geschaffen. Wer kann schon sagen: Ich war dabei! 

Vielen Dank für das Gespräch und die Informationen!

Christina Aue, Geschäftsführerin Berlin Fernsehturm, begrüßt die ReiseTravel User im Restaurant des Turmes in 207 Meter Höhe:

Der Berliner Fernsehturm ist das höchste Gebäude Deutschland.

In nur 40 Sekunden bringen die Hochgeschwindigkeitsaufzüge die Gäste auf 203 Meter Höhe in die Panorama Etage. Von hier oben bietet sich ein fantastischer 360 Grad Blick in die Ferne, bei guter Sicht bis zu 80 km weit.

TV Turm Aleyanderplatz Panoramastrasse 1a, D-10178 Berlin - www.berlinerfernsehturm.de

Sehr geehrte ReiseTravel User, wir wünschen Ihnen beim Lesen und Ansehen viel Freude. Natürlich verbunden mit der Bitte: Historie & Memoires – Erinnern Sie sich? Wenn ja, so hoffen wir, schreiben Sie uns: Ihre eigenen Erinnerungen. Gern werden wir diese veröffentlichen. Vielen Dank.

Ein Betrag für ReiseTravel von Su Kramer. (Foto Archiv Ueberscher)

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