Dushanbe | Rahmons Stadt |
In der Hauptstadt von Tadschikistan Dushanbe zeigt sich Wandel und Aufbruch in Zentralasien
Für den Besucher wie auch für ihre Einwohner breitet Dushanbe freundlich die Arme aus, mit vielem Grün der Parks und den breiten Alleen, besonders in der Innenstadt. Die Silhouette vom Hisor-Gebirge schimmert in der Ferne und bildet eine imposante Kulisse. Sie macht auch hier in der Hauptstadt einmal mehr deutlich: Das Territorium von Tadschikistan ist zu mehr als 90 Prozent von Bergen bedeckt. Auch das Lebenselixier Wasser fehlt nicht mit vielen Springbrunnen und der Lebensader von Dushanbe, dem Fluss Varzob, um den sich weitläufige Grünanlagen drängeln. Eine Furt durch den Fluss für die Karawanen auf der Seidenstraße gab den Ausschlag, hier eine kleine Marktsiedlung und Karawanserei zu errichten. Noch um die Wende ins 20. Jahrhundert verloren sich hier drei Dörfer mit wenigen tausend Einwohnern.
Der frühere Marktflecken wird Hauptstadt
Dann läutete der Panzerkreuzer Potemkin in Petersburg mit einem Kanonenschuss die Oktoberrevolution in Russland ein und zugleich auch hier in Zentralasien eine Wende. Die Sowjets des neuen Russlands vertrieben den herrschenden Emir und die Basmachi und gründeten hier eine Sowjetrepublik. Da musste auch eine Hauptstadt her, doch der seit einigen Jahrhunderten bestehende alte Herrschaftssitz, die Festung Hisor, schien wenig tauglich für den Neuanfang. So ging der Marktflecken Dushanbe an den Start, wurde 1929 in Stalinabad umbenannt, um dann nach der Entstalinisierung in der Sowjetunion im Jahr 1961 seinen Namen wieder zurückzubekommen. Heute ist Dushanbe die Hauptstadt mit knapp einer Million Einwohnern der auch international anerkannten P
Die Festung Hisor ist sehenswertes Ausflugsziel
Während sich nun Dushanbe zu einer Hauptstadt mauserte mit Regierungssitz, Ministerium und Opernhaus, erhielt die Festung Hisor, der ehemalige Macht- Sitz der Emire, die Funktion eines attraktiven Ausflugszieles verpasst. Nur 30 Kilometer von Dushanbe entfernt, elegant mit für Touristen preiswerter Taxifahrt zu erreichen, hat sich die Festung mit Imbiss hier und Händlern da zu einem Mekka des modernen Tourismus entwickelt. Sie zählt zu den wenigen noch gut erhaltenen historischen Orten im Land, was sicherlich auch mit der Nähe zur neuen Macht in der Hauptstadt zu tun hat. Schon das Portal bietet einen imposanten frischen Anblick. Schließlich hat es schon mehrere Restaurierungskuren hinter sich. Hinter dem Tor geht es auf eine Anhöhe, die einen Blick auf eine Sport- und eine Reitanlage freisetzt, wo viele Familien mit ihren Kindern herumtollen. Wenn das der Emir noch erlebt hätte. Am Fuße der Festung ist noch ein Stück von der alten Stadt Hisor erhalten. Dazu zählt auch eine alte Koranschule, die Medrese Kuhna, die schon vor 40 Jahren in ein Museum umgewandelt wurde. Hier kann der Besucher noch alte Haushaltsgerätschaften, kunstvoll bemalte Krüge, Bilder und Zeichnungen anschauen. Interessant sind vor allem etwa zwei Dutzend ehemalige Schülerzellen der Koranschule. Im Unterschied zur Klosterzelle in Europa geht es hier zumindest bunter zu. Eine Frau in Landestracht hat die Museumsaufsicht und sehr wenig zu tun. Dagegen ist auf dem großen Vorplatz der Festung ein lustiges Treiben. Ein Händler verleiht Tretautos für Kinder und es gibt jede Menge Verkehr mit stolzen jungen Fahrern.
Glanz und Prunk im Nafruz Palace
Es wird mit Augenzwinkern als das größte Teehaus in der Stadt bezeichnet. Aber in diesem großen Gebäudekomplex „Nafruz Palace“ mit einem künstlichen See, Bowling-Bahnen, Kinos und diversen Restaurants klappert nicht allein Teegeschirr oder werden Plätzchen-Teller serviert. Im zweiten größeren Gebäudeteil, der für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, steht die ganz große Politik auf dem Programm. Für unsere kleine Reisegruppe mit Tourismusmanagern wird eine Ausnahme gemacht. Hier in diesen luxuriösen Sälen und Räumen empfängt Präsident Emomali Rahmon die erstrangigen Spitzenpolitiker beispielsweise der Schanghai-Gruppe, der die Länder China, Indien, Kasachstan, Kirgisistan, Pakistan, Russland, Usbekistan und Tadschikistan angehören, also Xi Jinping aus Beijing und Wladimir Putin aus Moskau sind mit von der Partie. Die Räume und Säle mit ihren Decken und Wänden und dem Inventar an Tischen und Sesseln sind prunkvoll geschmückt. Das beste und teuerste Material war gerade gut genug für die akribisch arbeitenden Kunsthandwerker, die aus ganz Asien herbeigeholt wurden. Da stellt sich schon die Frage, inwieweit ein solcher Aufwand gerechtfertigt ist, um eine Kulisse für Verhandlungen selbst für politische Führer großer Länder zu schaffen. Zumindest sollen hier künftig auch einmal Hochzeiten stattfinden und Hochzeitspaare Einlass finden. Dann werden hier die ultimativ schönsten Hochzeitsfotos geschossen.
Denkmäler erzählen Geschichten
In der Stadt Dushanbe erzählen auf Spaziergängen die aufgestellten Denkmäler wie anderswo auch ihre spannenden Geschichten. Im Zentrum von Dushanbe liegt der Dusti-Platz, übersetzt Freundschafts-Platz. Unübersehbar ist das 13 Meter hohe Somoni-Denkmal, das vor einem über 40 Meter hohen Bogen steht und die Hauptsymbole des tadschikischen Staates trägt: Eine goldene Krone und ein mit sieben Sternen geschmücktes Zepter. Ismoil Somoni, der in der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts lebte, ist der Begründer des mittelalterlichen Staates der Dynastie der Samaniden. Ursprünglich stand an dieser Stelle ein bronzener Lenin, der im September 1991 vom Sockel gestürzt wurde. An seiner Stelle wurde eine Statue von Abulqosim Firdavsi, dem persischen National-Dichter des 10. Jahrhunderts, aufgestellt und der Platz in Ozodi-Platz oder Freiheits-Platz umbenannt. Nach neun Jahren eines blutigen Bürgerkriegs und Tadschikistans Streben nach einer deutlicheren nationalen Identität sollte dann schließlich Ismoil Somoni hier seinen Ehrenplatz erhalten. Das Somoni-Denkmal wurde 1999 zur Feier des 1000-jährigen Bestehens des Samanidenstaates errichtet und der Platz selbst erhielt den einladenden Namen „Freundschafts-Platz“. Das Firdavsi-Denkmal zog um in den neugestalteten Firdavsi-Park im Südwesten Dushanbes. Somoni steht nunmehr hoch und stolz für die Unabhängigkeit von Tadschikistan und ist damit eine ähnliche Identifikationsfigur für die Tadschiken wie Amir Timur für die Usbeken.
Hinter dem Somoni-Denkmal führt eine Fontänen Kaskade zu einem weiteren Wahrzeichen - der 45 Meter hohen Stele der Unabhängigkeit, die mit dem Emblem Tadschikistans geschmückt ist. Das Denkmal wurde 2011 zu Ehren des zwanzigsten Jahrestages der Unabhängigkeit Tadschikistans errichtet.
Der Präsidentenpalast liegt gut umzäunt ganz in der Nachbarschaft des Dusti-Platzes. In den früheren Sitz des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Tadschikistans zog vor 28 Jahren der heutige Präsident Rahmon ein. Wie zu erfahren, verfügt seine Demokratische Partei im Parlament über 52 der insgesamt 63 Sitze. Also Mehrheits-Verhältnisse für die Regierenden so ähnlich wie im Bundestag, allerdings mit deutlich weniger Abgeordneten-Sitzen. Rahmon sitzt bis zur nächsten Wahl so fest im Sattel wie die Herrscher Timur und Co. auf den Pferden ihrer Denkmäler. Danach soll sein 34jähriger Sohn schon in den Startlöchern stehen.
Ein Volkspark im Botanischen Garten
Unbedingt sehenswert ist auch der Botanische Garten der Stadt, den der Besucher auch vom Rudaki-Prospekt erreicht. Er wurde vor rund 90 Jahren auf 30 Hektar angelegt und gehörte zu den ältesten botanischen Gärten der früheren Sowjetunion. Lange Zeit stand er unter der Verwaltung der Akademie der Wissenschaften. Heute wurde der Garten in einen Volkspark zur Freizeit und Erholung umgewandelt und untersteht direkt der Präsidialverwaltung. Neben vielen verschiedenen Pflanzenarten und einem Rosengarten gibt es zahlreiche Kinderspielplätze, viele Pavillons und weite Rasenflächen unter schattigen Bäumen, die von Großfamilien mit Decken und Picknickkörben belegt werden. Die Gründer des Botanischen Gartens würden sich sicherlich über diese Nutzung auch freuen.
Der liegende Buddha der alten Seidenstraße
Während in den letzten Jahrzehnten viele seiner Artgenossen in Afghanistan durch islamische Fundamentalisten zerstört wurden und in die Schlagzeilen kamen, erging es glücklicherweise dem Buddha in Dushanbe anders. Er ist Anfang der 60er Jahre in einem ehemaligen buddhistischen Kloster in Ajina Teppa im Süden von Tadschikistan ausgegraben worden. Mit seiner Länge von über zwölf Metern (!) soll er der längste Terrakotta-Buddha auf der Welt sein. Er trägt diesen Titel mit gelassener Fassung, schließlich ist er beschildert als „Liegender Buddha“. Sein zu Hause ist jetzt das Nationale Altertum-Museum. Sehr viel Mühe hat sich ein Team von Restauratoren und Altertumsforschern aus der Eremitage von St. Petersburg, unterstützt durch die Shumei Culture Foundation aus Japan, mit seinem aus vielen Dutzend Teilchen zusammengesetzten Gesicht gegeben. Es wirkt auf den Besucher sehr gelassen, glücklich entrückt, so souverän und voller Leichtigkeit. So als ob der Ton-Riese seine Betrachter bestärken will, Land und Leute in Tadschikistan und ganz Zentral-Asien zu entdecken und näher kennenzulernen.
Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Ronald Keusch.
Unser Autor ist freier Journalist mit dem Schwerpunkt Tourismus, er lebt und arbeitet in Berlin.
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