Podgorica

Unterwegs auf Fahrradsattel und Pferderücken im Norden von Montenegro

Die kleine Republik Montenegro auf der Balkanhalbinsel hat nur etwas mehr als 600.000 Einwohner und eine Flächenausdehnung so groß wie Schleswig-Holstein. Der internationale Tourismus hat die Küsten-Landschaften Montenegros mit der Bucht von Kotor und dem malerischen Budva schon lange entdeckt. Doch das Land an der Adria hat noch viel mehr als seine bezaubernden 72 Kilometer langen Strände und historisch mediterrane Küstenorte zu bieten. Es lohnt, die gebirgsreiche Landschaft mit ihren großen Naturparks, romantischen Seen und tiefen Schluchten im Norden des Landes zu besuchen.

Inmitten der Schwarzen Berge

Als Ausgangspunkt für den Weg in die Bergregionen ist der kleine Ort Kolašin mit 3000 Einwohnern auf einer Höhe von 850 Metern gut gewählt. Immer gemächlich mit dem Minibus bergauf, bestaunt der Besucher schon bald die Sichten in den Bjelasica Bergen und im Nationalpark Biogradska Gora. Die Fahrt geht vorbei an Wäldern, zumeist mit Tannen-, Kiefern- und Ahorn-Bäumen, die dem Land Montenegro seinen Namen gaben. Der serbische und montenegrinische Name „Crna Gora“ – Schwarzer Berg – ist abgeleitet vom venetianischen Monte Negro, eine Reminiszenz an die dichte, dunkle Bewaldung des Landes.

Montenegro

In den Bergen Montenegros – die Sinjajevina-Hochebene

Der Nationalpark Biogradska Gora macht diesem Namen alle Ehre – hier befindet sich einer der letzten Urwälder Europas. Inmitten des Waldes liegt idyllisch der Biogradsko See, der auf einem drei Kilometer langen Wanderweg umrundet werden kann. Demgegenüber dominieren im nicht einmal 20 Kilometer entfernten Sinjajevina Gebirge große Bergweiden, gesäumt von schroffen Kalksteinfelsen.

„Im Norden von Montenegro gibt es mehr als 20 Gipfel mit über 2000 Metern Höhe“, beschreibt unsere Tourleiterin Ksenija Mijovic nicht überraschend im akzentfreien Deutsch die Bergkulisse. Die mit ihrer Familie in Budva lebende staatlich geprüfte Fremdenführerin ist in Deutschland aufgewachsen. Die Geschichte der Nationalparks geht auf eine lange Tradition in Montenegro zurück, erzählt Ksenija. König Nikola I. richtete diesen 18 Quadratkilometer großen Park im Jahr 1878 ein, nur sechs Jahre nach Gründung des ersten Nationalparks der Welt, des Yellowstone-Parks in den USA. Solche transatlantischen Anregungen lässt man sich gern gefallen.

Aufsatteln zum Ritt in den Bergen

Aber die Bergwelt lässt sich nicht nur in Wanderschuhen oder auf Fahrrädern erkunden, sondern auch auf dem Rücken von Pferden. Mirko und Andjela Šćepanović verfügen über ein kleines Pferdegestüt mit 20 Tieren, das von den in- und ausländischen Touristen gern besucht wird. Dann heißt es aufsatteln - nicht nur für gestandene Reiter.

Montenegro Pferde

Ausritt in den Bjelasica-Bergen

Auch die Anfänger können auf den zahmen Pferden einen einstündigen Ausritt unternehmen und dabei den wunderbaren Blick auf die Bergwelt genießen.

Hausmannskost im Norden Montenegros

Die nächste Station ist der kleine Ort Mojkovac mit seiner alten Steinbogenbrücke über den Fluss Tara. Die Tara, der längste Fluss in Montenegro, prägt die ganze Region. Sie hat über Jahrtausende eine stellenweise bis zu 1300 Meter tiefe Schlucht in das Felsgestein gegraben und bildet damit einen der längsten und tiefsten Canyons der Welt.

Hier bieten Slavenka und Goran Rabrenović auf ihrem Hof ländliche Gäste-Quartiere an und servieren ihre einheimische authentische Montenegriner Küche. Zur Hausmannskost gehören zum Beispiel der Schichtkäse, der als frischer Rahm von der Kuhmilch abgeschöpft und mehrmals geschichtet und gefaltet wird, Blätterteig-Pasteten Pita Gibanica, gefüllt mit Brennnesseln und Käse, und natürlich Montenegros Nationalgericht Ispod sača, im Topf oder traditionell im Erdofen geschmortes Kalb- und Lammfleisch mit Kartoffeln, Zwiebeln, Karotten, Knoblauch. Und zum standesgemäßen Abschluss gibt es den Loza, einen Traubenschnaps aus dem Süden von Montenegro.

Unterwegs im Nationalpark Durmitor

Ein besonderes Schmuckstück im Norden von Montenegro ist der Nationalpark Durmitor mit dem Schwarzen See (Cerno jesero). Umgeben vom dunklen Nadelwald wird der See in smaragdgrüne Farbe getaucht. Ein attraktiver Wanderweg führt rund um den See. Insgesamt wurden hier 163 Vogelarten gezählt und mit etwas Glück sind Wildgänse und sogar ein Luchs zu beobachten. Das Kontrastprogramm zu den leichten Wanderungen rund um den Schwarzen See ist eine Klettertour auf den Sattel der Götter. Er liegt auf 2500 Metern Höhe und muss auf einem steilen steinigen Pfad erklommen werden. Die Anstrengung wird mit einem bezaubernden Ausblick auf die Bergwelt belohnt.

Agrar-Tourismus mit Eigenversorgung

In dieser Bergregion befindet sich das kleine Städtchen Žabljak auf 1500 Metern Höhe, die höchst gelegene Kleinstadt Montenegros. Hier liegt auch der elf Hektar große Familien-Bauernhof von Zoran und Vera Pavićević, die sich mit ihrem ökologischen Landbau auf vier Hektar Anbaufläche sowie der Tierhaltung mit einigen Kühen, Schafen, Schweinen und Hühnern ganz dem Agrar-Tourismus verschrieben haben. Stolz verweisen sie auf die 23 Bio-Zertifikate für ihre Produkte. Ihre Gäste in den insgesamt zehn Wohneinheiten wissen es zu schätzen, dass sie hier ausschließlich aus der Eigenproduktion der Familie Pavicevic versorgt werden, mit wenigen Ausnahmen wie Kaffee und Zucker. Die Himbeeren und Blaubeeren werden im nahen Wald gesammelt.

Das Saiteninstrument Gusle gehört zum Haushalt

Die Tradition wird hier hochgehalten, wenn Bio-Bauer Zoran ein altes Musikinstrument herbeiholt, und seinen Gästen an der Tafel mit hausgemachten Speisen etwas vorspielt, auf einer Gusle. Dieses alte slawische Saiteninstrument hat sich seit Jahrhunderten in Form und Spielweise fast unverändert erhalten. Sie besitzt nur eine Saite und einen kunstvoll geschnitzten Kopf. Zorans Instrument ist mit einer Wildziege verziert, sie erinnert in dieser kargen Graslandschaft der Berge an die Hirtentradition. Zu einer rhythmischen melancholischen Musik wird eine Version eines klassischen Heldenepos vorgetragen, eine Volkspoesie, die seit dem Mittelalter auf diese Weise von Generation zu Generation weitergegeben wurde.

Mittelalterlichen Grabsteine Kulturerbe der UNESCO

Auf dem Weg durch die Berge stößt der Besucher auf außergewöhnliche und spannende historische Spuren. Dazu gehören zweifellos die Stećci, mittelalterliche Grabsteine aus dem 12. bis 16. Jahrhundert. Die monolithischen Blöcke aus weißgrauem Kalkstein sind unterschiedlich dekoriert. Sie zeugen von den engen Verbindungen der Menschen aus den heutigen Ländern Montenegro, Serbien, Bosnien und Herzegowina sowie Kroatien, die damals wie auch heute in kulturellen Traditionen verbunden sind. Wegen ihrer herausragenden kulturellen Bedeutung wurden gleich drei Grabstätten im Jahr 2016 als Kulturerbe der UNESCO anerkannt, eine davon liegt ganz in der Nähe von Žabljak.

Hotel mit eigener Räucherkammer für Schinken

Das Touristenzentrum Vučje liegt im Herzen der montenegrinischen Berge auf einer Höhe von 1370 Metern. Hier soll der Urlauber das ganze Jahr mit der perfekten Kombination aus unberührter Natur, Abenteuer und Komfort auf seine Kosten kommen. Im Winter ist es ein angesagtes Skigebiet, in den übrigen Jahreszeiten zieht es Wanderer, Reiter und Radtouristen an. Und Sternengucker - die Region gehört zu den sogenannten Dark Sky Places, die einen ungehinderten Blick in den Himmel versprechen, weitab von den Lichtern der Zivilisation. Ein Höhepunkt der Kulinarik ist das exklusive Schinkenangebot und das hat einen naheliegenden Grund. Auf dem Gelände des Touristikzentrums ist ein großes Schinkenlager mit Räucherkammer und einem Trockenlager eingerichtet, das die Region versorgt und natürlich auch zuallererst die eigenen Gäste.

Mit dem E-Bike am Skadar-See

Überall in Montenegro gibt es Angebote für Biker, mit Ausleihstationen für E-Bikes und Fahrrad-Werkstätten für die Touristen.

Montenegro E-Bikes

Mit dem E-Bike am Skadar-See

Eine Tour führt die zu einem der Sightseeing Höhepunkte im Südosten von Montenegro - zum Skadar-See. Er ist der größte See auf dem Balkan, der größere westliche Teil des Sees gehört zu Montenegro, der östliche zu Albanien. Der See ist mit seinen Feuchtgebieten ein Vogelparadies und eine Fahrt mit dem E-Bike durch die verträumten Dörfer und malerischen Landschaften spart nicht mit sensationellen Ausblicken auf das Wasser.

Naturweine auf zwei Hektar Rebfläche

Wer in der Nähe des Skadar-Sees unterwegs ist, sollte es nicht versäumen, die kleinen Weinberge und -felder zu besuchen. Im Weingut Jablan nahe von Rijeka Crnojevića werden wir von dem Winzerehepaar Angelika und Borislav Jablan mit einem Granatapfel-Saft empfangen. Das Gut wird bereits in vierter Generation bewirtschaftet. Schon seit einigen Jahren hat sich das Winzerpaar auf seiner kleinen, nur zwei Hektar großen Rebfläche auf Naturweine spezialisiert. Die Weinreben sind 30 und 50 Jahre alt. Die Winzer gehen mit dem Anbau einen biodynamischen Weg, d.h. ihre Weine besitzen eine EU-Zertifizierung. Sie produzieren zwar nur zwischen 1500 und 5000 Flaschen, aber die Nachfrage nach dieser bescheidenen Produktion ist groß, da sie auch auf internationalen Weinmessen erfolgreich bestehen konnte.

Tourismus spielt wichtige Rolle im Land

Wenn der Tourist seinen Urlaub im Norden von Montenegro plant, hat er nicht nur die hier erwähnten familiären Quartiere auf Bauernhöfen, Appartements auf Weingütern oder in Touristik-Zentren zur Auswahl. Es erwarten die Gäste auch viele Hotels mit internationalem Anspruch. Dazu zählen das 4-Sterne Swissôtel in Kolašin mit schicker Holz-Fassade, Schwimmbad und SPA oder das im Zentrum von Podgorica neu eröffnete 4-Sterne Kings Park Hotel mit Fitnessraum.

Der Tourismus spielt in Montenegro eine entscheidende Rolle. Durch ihn werden vor allem in den Küstenregionen immerhin mehr als ein Fünftel des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet. Künftig sollen die Tourismuszahlen sogar noch erhöht werden. In den Bergregionen im Norden und Osten des Landes ist dafür noch viel Platz.

Auf historischen Spuren in Podgorica

Ein Bummel durch Montenegros Hauptstadt Podgorica, mit rund 150.000 Einwohnern auch größte Stadt des Landes, ist eine historisch interessante Entdeckungsreise. Da stehen Denkmäler, die an den Fürsten und ersten König von Montenegro, Nikola I. erinnern und nicht weit entfernt ein Uhrenturm, der die jahrhundertelange Herrschaft der Osmanen ins Gedächtnis ruft. Und mittendrin geben sich christliche, osmanische und moderne Stilrichtungen der Architektur die Klinke in die Hand, da eine mittelalterliche Festung, dort eine Moschee, hier das verglaste Appartement-Gebäude und daneben eine orthodoxe Kirche.

Podgorica Montenegro

Orthodoxe Auferstehungskathedrale in Podgorica

Im Stadtzentrum gibt es an der Millennium-Brücke über den Fluss Morača verträumte Plätze mit Bänken. Nicht weit entfernt in einem Park zeigt ein Denkmal den russischen Liedermacher Wladimir Wyssozki und ein anderes den in bekannter Pose in Uniform mit umgehängtem Mantel nachdenklichen Josip Broz Tito, dessen Namen die Stadt im damaligen Jugoslawien 46 Jahre lang trug.

Der Schwiegervater Europas Nikola I.

Betrachtet man die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Montenegriner und Serben und der Bewohner anderer Balkanländer, so sind für den Besucher viele Fakten und Zusammenhänge schon erstaunlich. Die Amtssprachen Montenegros sind laut der Verfassung aus dem Jahr 2007 Montenegrinisch, Serbisch, Bosnisch, Albanisch und Kroatisch. Zahlungsmittel ist der Euro, obwohl Montenegro nicht Mitglied der EU ist.

Unsere Tourleiterin Ksenija erläuterte beim Rundgang durch Podgorica mit den vielen historischen Spuren, dass ihr König Nikola I. auch etwas ironisch als Schwiegervater Europas betitelt wurde. Denn er hatte fünf seiner Töchter an die Königshöfe verschiedener europäischer Länder verheiratet – ein kluges diplomatisches Kalkül. Den Völkern in Europa könnte bis in die heutigen Tage viel Elend erspart werden, wenn in der Politik die Diplomatie dominieren würde. Eine Erkenntnis, die nicht zuletzt die deutschen Touristen mit nach Hause nehmen sollten.

Die Reise wurde von der nationalen Tourismus Organisation von Montenegro organisiert www.montenegro.travel

Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Ronald Keusch

Ronald KeuschUnser Autor ist freier Journalist mit dem Schwerpunkt Tourismus, er lebt und arbeitet in Berlin. www.keusch-reisezeiten.de 

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