Fichtelberg

Sagenhaftes von Wichteln, Wildkräutern und Felsenlabyrinthen

Fichtelberg: Stimmungsvoll und poetisch erhebt sich das Fichtelgebirge wie ein Hufeisen auf bis zu 1.000 Meter. Es gilt als eine der sagenumwobensten Landschaften Deutschlands. Märchen, Mythen und Legenden ranken sich um das „feuchte Gebirge“, das mit seinen raschen Wetterwechseln geheimnisvolle Naturstimmungen hervorbringt.

Woher das Fichtelgebirge seinen Namen, ist nicht verbürgt. Es liegt nahe, dass die vielen Fichten der Grund seien. Doch manche glauben zu wissen, dass das Gebirge einst Vichtelberg hieß, zu jener Zeit, als hier noch das Vieh auf die Weiden getrieben wurde. Andere meinen gar, der Name stamme von den Wichteln, den früher hier ansässigen kleinen Männern, die die Bodenschätze aus dem Gestein der Erde bargen. Zwerge hieß es, seien die kleinen aus Norditalien stammenden Bergarbeiter.

Adrian Roßner hat sie als kleiner Junge in seiner Fantasie alle gesehen - die kleinen Wichtel, die wilden Jäger, schöne Feen, tapfere Ritter oder auch den leibhaftigen Teufel. Die Eltern erzählten ihm die überlieferten Sagen dieser Gegend. Heute lauschen dem Studenten die Besucher aufmerksam, wenn er mit geheimnisvoller Mimik und Gestik auf dem Gipfel des Zeller Waldsteins von der Wunderblume erzählt, von den Schretzelein, den Seelen verstorbener Kinder, vom Kartenspieler auf dem Teufelstisch, vom Reiter ohne Kopf oder vom Spuk im Hof der alten Burgruine, dem „Roten Schloss“. Adrian Roßner und Steffen Schwarz sind sogenannte Genussbotschafter im Fichtelgebirgsverein. „Wir haben beide ein Faible für das Romantische, wenn die Bäume im pfeifenden Wind knarsten, wenn es blitzt und donnert, die Blätter durch die Lüfte wirbeln, oder der Nebel im Morgengrauen aufsteigt und Felsformationen die Gestalt unheimlicher Geister annehmen.

Urkräfte im Felsenmeer

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Steinreich ist das Fichtelgebirge. 90 Prozent aller weltweit vorkommenden Gesteinsarten, darunter Marmor, Basalt, Lehm, Speckstein oder Ton, findet man hier. Fast die Hälfte der Fläche des Fichtelgebirges, 380 Quadratkilometer, besteht aus dem markantesten Stein der Region, dem Granit, für den die Wollsackverwitterung ein typisches Erscheinungsbild ist. Diese Verwitterungsart bewirkt, dass sich das Gestein in Form von gefüllten Wollsäcken stapelt. Dieses Phänomen findet sich besonders im größten Felsenlabyrinth Europas in Wunsiedel. Riesige Felsbrocken sind von Höhlen und Schluchten umrandet. Entstanden durch "wandernde Kontinente" sind die Berge und Felsspalten heute die Heimat von Leuchtmoos, Grasfrosch oder Gartenschläfer. Die Felsenparkrangerin Christine Roth fasziniert die mystische Felsenwildnis. „Da stecken Urkräfte drin. Zu unterschiedlichsten Tageszeiten entdeckt man immer neue Gestalten, die wie große Tiere anmuten, Gesichter von mächtigen Haien oder die Gesichter von Urnasen, die allesamt erst durch den verschiedensten Lichteinfall in Erscheinung treten. Neben den "Drei Brüdern" oder dem sogenannten "Prinzenfelsen" überrascht ein 16 Hektar großes Granitblockmeer, wie es einst auch Johann Wolfgang von Goethe 1820 entdeckte. „...ein Labyrinth, welches ich vor vierzig Jahren mühselig durchkrochen, nun aber durch architektonische Gartenkunst spazierbar und beschaulich gefunden.“

Einst fürchtete man das Felsenmeer und betrachtete es mit Angst und Schrecken. Heute durchstreifen jährlich an die Hunderttausend Besucher den bürgerlichen Landschaftgarten auf den Spuren von Königin Luise und lassen sich in den Bann der über 300 Millionen Jahre alten Granitsteinformationen ziehen.

Der Gebietsbetreuer des Naturparks Fichtelgebirge, Eckhard Kasch, schätzt die Stille der Täler, die Schönheit der dunklen Fichten- und Buchenwälder und die Artenvielfalt dieses Lebensraumes, in dem Auerhahn, Fischadler, Kreuzotter, Luchs, Uhu, Schwarzstorch oder auch Luchse zu Hause sind. „Eine wilde Natur ist doch das, was in jedem von uns steckt, behauptet der junge Mann. „Wir leben sie nur nicht aus“, fügt er augenzwinkernd hinzu. Ihm ist es ein Anliegen, die Tiere, Bäume, Pflanzen, Gräser zu schützen und mit ihnen in gutem Einklang zu sein. „Die Natur braucht uns nicht, sie regeneriert sich von allein. Aber wir brauchen sie, um zu Überleben.

„Genussvoll ins Gras beißen“

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Auf den Tischen Pusteblumen in winzigen gläsernen Käseglocken konserviert. Schlanke lange Zweige des japanisches Knöterich schmücken die Fenster des Wildkräuterhotels Schönblick. Mit einem Arm voller Natur kommt die Inhaberin Jutta Hecht-Heussinger morgens von den Wiesen. „Ich bin selbst ein Urgewächs. Wildkräuter sammeln ist für mich eine Art Meditation. Man muss sich nicht erklären, kann Altes zurücklassen. Die Natur ist unser stärkster Verbündeter. Aus ihr entspringt immer etwas Besonderes, wie im Leben. Man muß nicht ständig Neues erfinden, sondern nur achtsam aufheben, was uns geschenkt wird“, sagt Jutta Hecht-Heussinger.

Sie besann sich auf längst vergessene Kräuter aus der Region und brachte, was im Fichtelgebirge gerade Saison hat, auf die Speisekarte. Jutta Hecht-Heussinger gründete die Initiative „Essbares Fichtelgebirge“. Darauf setzt auch Tochter Fritzi. Mit Herz und Liebe für ihre Heimat kocht sie das „Essbare Fichtelgebirge“. Die natürlich wilde Küche mit regionalen Produkten präsentiert sie pfiffig und außergewöhnlich. Die zertifizierte Wildkräuterköchin lässt sich von den heimatlichen frischen Kräutern inspirieren. Verfeinert klassische Gerichte mit frischen Kräutern. Salate mit einem prachtvollen Blütenarrangement, dem leuchtend gelben Löwenzahn, Giersch, weiße Gänseblümchen, und zartrosa Wiesenschaumkraut.

Auch Bernhard Raab gehört zu den 16 zertifizierten Wildkräuterköchen. Die Neugrüner Gasthof-Pension „Zum Loisl“, etwas abgeschieden, umgeben von Fichtenwäldern, gemischt mit schönen Laubholzarten, ist ein Kleinod im Fichtelgebirge, ein kulinarisches Ereignis. Ein Traum. Der 35-jährige Koch setzt den Schwerpunkt seiner Küche auf Wildgerichte aus eigener Zucht und Jagd, die er mit frischen Kräutern auf vielfältige Weise zubereitet. „Quendel macht sich gut auf Rehrücken“, so seine Erfahrung. Schon früher, als er mit den Eltern Heu ausfuhr, spürte er bereits den tollen Geschmack von diesem, seinem Lieblingskraut. „Beim Pflücken auf der Wiese wird mein Geist freier. Und dann überlege ich schon, wie könnte ich es auf der Karte kreieren.“

In der gesamten Region des Fichtelgebirges verteilt, finden sich Hotels, Pensionen und Gaststätten wo die „wilden“ Köche ihre Gäste mit leckeren, heimischen Kräutergerichten verköstigen. Über 1000 verschiedene wild wachsende Kräuter und Blüten wie Giersch, Bärwurz oder Hirschholunder säumen das Wiesenbild des Fichtelgebirges und werden zu hochwertigen Kreationen wie fränkischen Kartoffelpralinen, Hirschholunderkonfekt, Wiesenkräutersalat mit Löwenzahnöl, Fichtelgebirgsforelle oder Sauerbraten mit Lebkuchensoße.

Der Roggen - das Gold der Region

Den würzigen Soßenkuchen stellt seit über 100 Jahren die Lebkuchenmanufaktur Leupoldt in Weißenstadt her, der unabdingbar für echten fränkischen Sauerbraten ist. Auch hochwertige Vollkornbrote und Pumpernickel werden in Weißenstadt traditionsbewusst produziert. Roggen war einst das Hauptbrotgetreide im Fichtelgebirge. Es sicherte die Brotversorgung der heimischen Bevölkerung, da es auf den kargen Böden ertragreich gedeihen konnte. Deshalb bezeichnet man den Roggen auch als das „Gold der Region“, das zur Attraktivität des Fichtelgebirges gehört.

Diese Gegend hier ist die Schönste, die ich auf der ganzen Reise gefunden habe, urteilte schon Ludwig Tieck 1793, als er das Fichtelgebirge bereiste. Und auch Jean Paul setzte der attraktiven Landschaft mit dem Wald, den Heidelbeeren, Felsen, Flüssen oder Bergruinen in seinen Romanen „Siebenkäs“ und „Der Komet“ ein poetisches Denkmal.

ReiseTravel Service

Anreise mit dem Auto: Autobahn A9 bis Ausfahrt Bad Berneck / Himmelkron, Bayreuth oder Marktschorgast oder Autobahn A 93 bis Ausfahrt Hof, Wunsiedel oder Marktredwitz mit Anschluss an die Bundesstraßen B303 und B15.

Mit dem Zug: Eisenbahnknotenpunkte Marktredwitz oder Bayreuth mit Anbindung an Eger, Regensburg, Nürnberg, München, Hof, Dresden, Leipzig, sowie regionale Bahnhöfe Neuenmarkt-Wirsberg, Münchberg, Selb und Mitterteich.

Wildkräuter-Hotel Schönblick - Gustav-Leutelt-Strasse 18, D-95686 Fichtelberg

Tourismuszentrale Fichtelgebirge e.V. - Ferdinand Reb, Gablonzer Straße 11, D-95686 Fichtelberg, Tel +49-(0)9272-96903 62

Ein Beitrag mit Foto für ReiseTravel von Christel Sperlich

Christel Sperlich ReiseTravel.euFernsehjournalistin Christel Sperlich entdeckt gern die ungewöhnlichen Geschichten hinter dem Abenteuer Reisen

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