St.Jakob | St. Jakob im Defereggental |
Eine Reise nach Osttirol ins Defereggental.
St. Jakob im Defereggental: Es sind dieses satte, faszinierte Grün an den Steilhängen, die noch ungemähten Wiesen in einer Blumenfülle von Gelb, Rot, Blau und Weiß, die wie aus der Zeit gefallen scheinen. Weil woanders oft die Monotonie das Grasbild der Landwirtschaft bestimmt. Oben die letzten Reste von Schnee an kantigen Bergstürzen, daneben grasbewachsene Flächen bis zum Gipfel, der einer Pyramide gleicht.
Unten im Tal die St. Jakobskirche, eingerahmt von Häusern aus Fichte und Lärche gebaut. Der Blick ruht auf Gelassenheit, auf einem Rhythmus, den die Jahreszeiten bestimmen: Lange Winter, kurze Sommer, beide aber in intensiver Dichte und berauschender Schönheit. Schließlich befinden wir uns auf knapp 1400 Meter Seehöhe im Defereggental mit dem Hauptort St. Jakob und den beiden Gemeinden Hopfgarten und St. Veit, eines der höchsten Kirchdörfer Österreichs. Wenn man aus Deutschland kommt und die kürzeste Route über Kufstein, Kitzbühel und Mittersill wählt, ist es das zweite Tal nach dem Felberntauerntunnel, das sich rechter Seite abrupt bergan schlängelt und nach 36 Kilometer am Staller Sattel (2059 Meter) endet. Und der bedeutet die Grenze zu Südtirol, die fünf Monate im Jahr dicht ist, weil winterliche Verhältnisse ein Passieren nicht zulassen. Der Ort St. Jakob ruht dann in sich in all seiner Behaglichkeit, nur von den Skifans zusätzlich bevölkert.
Wir besuchten diese Region Anfang Juni, fühlten uns wie Entdecker von Außergewöhnlichem: Schäumende Wasserfälle überall, die in wild reißenden, glasklaren Gebirgsflüssen münden, ein Zirbenwald, den es in diesem Ausmaß nirgends sonst in den Ostalpen gibt und die Jagdhausalm auf knapp über 2000 Meter Höhe. Die Älteste von ganz Österreich und noch von Südtirolern bewirtschaftet. Wer sie wie der Autor mit dem E-Bike besucht, entlang des traumhaften hinteren Defereggentals, vermeint sich in einem kleinen Museum zu befinden, in Jahrhunderte zurückversetzt. In der Hauptsaison ist die Jagdhausalm gefragter Anziehungspunkt, die verschiedenen hausgemachten Knödelgerichte, die Gerstel- und Brennnesselsuppe sind ein Gedicht. Allein dieses Stück unberührter Natur, dessen Einsamkeit der Seele sanftmütige Ruhe verleiht, ist schon eine Reise wert.
Der fast 80-jährige „Sepp“ ist ein Urgestein von St. Jakob, arbeitete meistens auswärts, jetzt genießt er den Lebensabend in „seinem Tal“. Schwärmt von ihm wie ein Kind, „es hat sich in den Jahrzehnten zwar einiges geändert, der Charakter ist aber erhalten geblieben“, freut er sich. Da passe schon der Gemeinderat auf, dass es hier keine Bettenburgen gibt und die Osttiroler Bauweise mit viel Holz beibehalten wird. Ihm gefalle auch, dass die Leute noch Wert auf Tradition legen, was wir hautnah erfahren durften. Die Prozession am Herz-Jesu-Fest war ein großartiger Beweis dafür: Die Mutter Gottes auf der Holzsteige getragen, wehende Banner, Böllerschützen und bunte Trachten, voraus die Musikkapelle von St. Jakob. Die am Abend zum Konzert in der Dorfmitte einlädt, 68 Aktive bereiteten Einheimischen wie Gästen einen für Amateure erstaunlichen konzertanten Genuss. Später dann mächtige Bergfeuer als Kreuze oder Friedenszeichen, in die Hänge gebrannt aus Ketten von Lichtern,- mystische Helle in mittlerweile dunkler Nacht.
Karina, die nette Dame vom Tourismusbüro in St. Jakob, macht uns noch mehr mit dem Wasser vertraut, das im Tal als Lebenselixier gilt, es wird eigens ein Heilwasser hergestellt, das Leiden lindern hilft. „Sie müssen den Wassererlebnisweg kennenlernen, der gleich hinter unserem Ort beginnt und in die Nähe des Kirchleins Maria Hilf führt“. Wir befolgen den Rat, wandern vom steten Rauschen der Schwarzach begleitet in eine unberührte Welt.
Was macht das Defereggental und Osttirol noch so anziehend?. Die Nähe zu Südtirol, ein Ausflug über den Stadler Sattel in das Herz der Dolomiten in weniger als zwei Stunden, zum Bergsteigerdorf Kals nahe des Großglockners quasi ein Katzensprung, ins mediterran anmutende Lienz samt historischer Altstadt auch nur eine Fahrt von 40 Minuten. Und wenn man mal dort ist, die acht Kilometer zum Tristacher See lohnen, wieder so ein Kleinod von steiler Wand und Wald idyllisch umgeben. Osttirol insgesamt ist ein Eldorado für jedes Lebensalter, für Bergsteiger, Wanderer, den einfachen Spaziergänger, jedes Tal mit ganz eigenem Charakter. Und der Biker und die Motorradfans fühlen sich hier besonders wohl, wegen der unbegrenzten Möglichkeiten und der nicht endend wollenden Serpentinen.
Wir wollen im Winter wieder kommen, denn dann locken Schneesicherheit, viele Pisten und Loipen. Der Frühling an der Schwelle zum Sommer hat uns begehrlich auf ein Wiedersehen gemacht.
ReiseTravel Service
Die Pension Angela in der Dorfmitte von St. Jakob ist ein besonders guter Tipp zum Schlafen. Zum Einkehren empfehlenswert: Das Café Tyrol in St. Jakob, der Berggasthof Pichler in St. Veit und das Alpengasthaus Oberhaus gleich neben dem Zirbenwald im Patschertal. www.defereggental.org
Ein Beitrag mit Foto für ReiseTravel von Horst Wunner.
Unser Autor arbeitet als Journalist und lebt in Altenplos in Bayern.
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