Stubai | Almabtrieb im Stubaital |
Einen Tag lang sind die Kühe die Superstars. Wo? Beim Almabtrieb im Stubaital
Almabtrieb: Einen Tag lang sind die Kühe die Superstars. Wo? Beim Almabtrieb im Stubaital. Zum Dank für die unfallfreie Zeit am Berg werden die Tiere für die Heimkehr ins Tal kunstvoll geschmückt. Sie bekommen eine große festliche Glocke umgeschnallt, die am bestickten Lederhalsband befestigt ist. Auf dem Kopf tragen sie einen kunstvollen Kopfschmuck. Nur wenn das Jahr gut war, das heißt, wenn der Almsommer für Mensch und Tier ohne tödliche Unfälle verlaufen ist, nur dann darf gefeiert werden. Schon bereits ab der Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die Kühe geschmückt zurück in ihre Ställe für den Winter getrieben. Das Schmücken sollte beim Abtrieb vor bösen Geistern und Dämonen schützen.
Vorbereitungen zum Almabtrieb
Gerd Pfurtscheller vom Millerhof in Neustift, Johanna Krösbacher von der Grawa Alm und Werner Zittera von der Tschanelair Alm organisieren den Almabtrieb. „Zuerst wird das „Zuig“ geholt“, erklärt Gerd Pfurtscheller. Das Zuig, das sind Zirben- und Vogelbeeren-, Mostbeeren- und Preiselbeerzweige, aus den Bergen. Am nächsten Tag werden daraus die Kränze und Gestecke für den Kopfschmuck der Kühe und auch für die Ziegen von Andrea Pfurtscheller gebunden. Außerdem flicht sie Silberdisteln, Erika und Sonnenblumen mit in die Kronen. Die Vorbereitungen laufen bei der Familie Pfurtscheller und Zittera auf hohen Touren, Bauernbrote und Kuchen werden gebacken und Striezl und Stubaier Krapfen werden vorbereitet. Der Almabtrieb findet traditionell immer am 3. Samstag im September am Namenstag des St. Bartholomäus dem Namenstag des Heiligen Michael statt. Doch das genaue Datum hängt vom Wetter ab und ob es noch genug Gras auf den Almen gibt.
Almabtrieb im Stubaital
Start ist um neun Uhr an der Graba-Alm. Die Sonne scheint und es ist warm und trotzdem merkt man am Stand der Sonne, dass sich der Sommer dem Ende zuneigt. Es wird langsam Zeit, dass die Kühe für den Winter in den Stall im Tal kommen, denn ab September kann es so hoch oben schon mal schneien. Zuerst bekommen die Kühe für den Almabtrieb die großen Festtagsglocken angelegt und marschieren talwärts. Dann kommen die Kühe, Ziegen und Schafe von der Tschangelair Alm dazu und alle gehen nach Volderau auf eingezäunte Weiden. In der Volderauer Alm machen die Treiber erst mal Brotzeit, es gibt Bratwurst und dazu Bauernbrot und ein frisches Bier. Gut gestärkt werden den Kühen die Kränze aufgebunden oder wie die Einheimischen sagen die Kühe werden „aug’bischelt“. Peter Zittera, der Sohn vom Hotel Hoferwirt und Tiroler Wirtshaus Hoferwirt und ein paar Freunde fangen mit unendlicher Geduld und Ruhe eine Kuh nach der anderen ein und binden ihnen den Schmuck auf den Kopf. Die älteren Kühe kennen die Prozedur schon und grasen gleich danach weiter. Die jungen Kühe dagegen machen Bocksprünge und versuchen das Aufbinden zu vermeiden und die Kränze wieder loszuwerden. Auch ein paar Ziegen bekommen einen Kopfschmuck. Dann wird das Gatter aufgemacht und die Kühe, Ziegen und Schafe gehen auf der Straße Richtung Neustift. „Enzian“ die braune Tuxer Kuh führt den Zug an, sie hat einen besonders großen und schönen Kopfschmuck, der wie eine Krone geflochten ist und in der Mitte ein Kreuz hat mit einer Silberdistel. Mit dem Kreuz wird weiter um den Schutz des Himmels gebeten. Auto- und Busfahrer müssen sich in Geduld üben, denn die Kühe haben Vorfahrt.
Am Ortseingang von Neustift hört man schon von Weitem die das Geknalle der Peitschen der Goaslschnalzer. Das Geprassel der Peitschen wird als Echo von den Bergen widergegeben. Vor dem Hotel Fernau steht ein Tisch auf dem Säfte und Süßigkeiten angeboten werden, die für die Zuschauer und für die am Almabtrieb teilnehmenden kostenlos ist. Der Zug mit den Kühen trifft ein und die Goaslschnalzer führen jetzt den Zug an, sie bleiben immer wieder mal stehen und lassen die Peitschen knallen. Dann kommen die jungen Schuhplattler die „D’aunkogler“, die festlich in Dirndl und Lederhose gekleidet sind. Sie führen kleine geschmückte Wagen mit sich. Auf einem Wagen sind Hühner, auf einem anderen ein ausgestopftes Murmeltier und auf einem dritten sind Kürbise. Die Kürbisse symbolisieren die Erntezeit.
Nach drei Pferden mit Reitern folgen schöne alte „Oldtimer“ Traktoren, danach eine Kutsche mit Bläsern, die gute Stimmung verbreiten. „Vroni“, die 16 Jahre alte Kuh von der Tschangelair Alm, wurde bis zum Ortseingang mit dem Auto gefahren, da sie trächtig ist, sie muss nur noch das letzte kurze Stück bis zum Pavillon im Ortszentrum von Neustift gehen. Aufgrund ihres Alters und ihrer Erfahrung ist die Vroni die zweite Kranzkuh, die neben der Kuh „Enzian“ traditionell die Herde zum Stall führt. Die Kühe, Schafe und Ziegen sind die Hauptattraktion im Zug. Am Ende des Zuges werden ein Huhn und eine Gans auf dem Arm getragen. Der Einzug auf dem Dorfplatz in Neustift ist festlich, viele Zuschauer haben sich eingefunden. Manche Kühe werden von den aufgestellten Blumentrögen am Dorfplatz magisch angezogen und fressen im Vorbeigehen genüsslich ein paar Blüten ab. Vor dem Hotel Hoferwirt werden Bonbons an die Kinder und Schnaps an die Treiber verteilt. Dann sind es zur noch ein paar Meter bis zum Ziel, dem Pavillon. Die Kühe, Ziegen und Schafe werden auf eingezäunte Wiesen verteilt und können dort ausruhen und grasen. Jetzt wird gefeiert. Die „Ötztaler Alpenscooter“ spielen auf. An verschiedenen Ständen werden Bier, Weinspritzer, Wasser und Limo verkauft. Doch das Beste sind die regionalen Köstlichkeiten, da gibt es die süßen Stubaier Krapfen, die mit „Mohnschotte“, das ist Mohn mit Topfen, gefüllt sind. Wer es deftig mag, der nimmt die Krapfen, die mit Graukas gefüllt sind. Die Striezl sind aus Hefeteig mit Graukas ausgebacken und werden mit Apfelmus angeboten. Dann gibt es noch Kiachl, die mit Kraut und Preiselbeeren gegessen werden. Klar, Tiroler Gröstl gehört unbedingt auch dazu. Da weiß man gar nicht, was man zuerst probieren soll. Es gibt ein Festzelt und viele Tische im Freien. Auf der großen Bühne des Pavillons tanzen die jungen Schuhplattler „D’Aunkogler“ einen „Boarischen“ Schuhplattler, der kommt nicht aus Bayern, sondern das ist ein bäuerlicher Tanz. Beim Holzhacker-Plattler sägen und hämmern die Buben immer wieder nach ein paar Tanzfiguren auf einen Baumstamm ein, der auf der Bühne liegt. Mit Heurechen und Sensen tanzen die jungen Schuhplattler den Mähertanz. Ja, die Kinder können schon Schuhplattl’n wie die Erwachsenen. Den Kühen werden die Glocken abgebunden und der Kopfschmuck wird entfernt und dann gehen sie in den Stall für den Winter. Die älteren Kühe kennen den Weg schon und gehen zielsicher auf ihren Platz im Stall zu. Und dann wird die Bühne freigegeben und alle dürfen zu der Musik der „Ötztaler Alpenscooter“ bis zum Abend tanzen. Das Publikum ist international, Japaner, Holländer, Italiener, Schweizer und Deutsche feiern den Almabtrieb mit. Dem festlichen Anlass gemäß tragen viele Einheimische und auch einige Gäste Tracht. Im Stubaital wird Tradition bewahrt und gelebt.
ReiseTravel Fact: Wer einmal beim Tiroler Brauchtum hautnah dabei sein möchte, der ist im Stubaital beim Almabtrieb genau richtig. Der Zug mit den festlich geschmückten Kühen ist ein eindrucksvolles Schauspiel. Und das Beste ist, am Ende wird gefeiert, mit Musik, traditionellem Essen und Tanz.
ReiseTravel Service:
Stubaier Gletscher, Mutterberg 2, A-6167 Neustift, Österreich, Tel.: 0043-5226-8141, info@stubaier-gletscher.com - www.stubaier-gletscher.com
Tourismusverband Stubai Tirol, Dorf 3, A-6167 Neustift im Stubaital, Tel.: +43-501881-0, info@stubai.at - www.stubai.at
Hotel Hoferwirt und Tiroler Wirtshaus Hoferwirt, Werner und Angelika Zittera, A-6167 Neustift im Stubaital, Tel.: 0043-5226-2201, info@hoferwirt.at, www.hoferwirt.at
Preis pro Person im Sommer ab 48 Euro mit Halbpension und im Winter ab 58 Euro mit Halbpension
Lage: Neustift liegt etwa 22 Kilometer südlich von Innsbruck im Stubaital.
Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Gabi Dräger.
Unsere Autorin Gabi Dräger zeichnet bei ReiseTravel verantwortlich für die Redaktion Hotels & Restaurants. Ihr Thema sind die Berge. Sie lebt und arbeitet in München. gabi@reisetravel.eu
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