Rom

Vespa ist das fahrbare Entlein aus Italien oder ein Cappuccino auf Rädern

Vespa oder Weste: Der Motorroller Vespa kam 1946 auf die Welt, es ist durchaus legitim, von einer sehr „ungewöhnlichen Geburt“ zu sprechen. Das italienische Wort „Vespa“ bedeutet „Wespe“. Der Erfinder dieser „rollenden Wespe“ war der italienische Ingenieur Corradino D`Ascanio, der von 1891 bis 1981 lebte. Eigentlich war er mit der Herstellung von technischen Gerät beauftragt, nämlich mit dem Entwickeln von Hubschraubern, speziell von Kriegshubschraubern. Da der schreckliche Zweite Weltkrieg 1945 beendet war, wollte der Ingenieur nicht so recht an die Zukunft von Kriegshubschraubern glauben. Doch er erhielt von Enrico Piaggio, Spross der 1884 gegründeten italienischen Unternehmerdynastie aus Pontedera, den Auftrag, einen Motorroller zu entwickeln. Der Roller sollte robust sein und einen sparsamen Verbrauch nachweisen. Dazu einfach in der Wartung sein und über damals holperigen Pisten gut und sicher ans Ziel kommen.

Vespa VespaRoll 1946 kam eine Vespa mit 98 Kubikzentimetern Hubraum auf den Markt. Diesen Roller versah die Kundschaft mit dem Spitznamen „Paperino“ - zu Deutsch: Entlein. Von da an machte die Vespa im wahrsten Sinne des Wortes ihre weltweite Runde. Es dauerte nicht lange, bis im Nachkriegsdeutschland das Produkt „Made in Italy“ ihre ersten Freunde gefunden hatte. Da die Modelle im Laufe der Zeit eleganter wurden und es eine breite Produktpalette bis heute gibt, waren sie im späteren Land des Wirtschaftswunders gerne gesehen. Schnell wurde aus dem einfachen Motorroller ein bis heute akzeptiertes Kultobjekt.

Vespa Fahrer sind gesellige Menschen: Denn schon in der Nachkriegszeit trafen sich die Freunde der Vespa und unternahmen gemeinsame Ausfahrten und fachsimpelten. Die ältesten deutschen Clubs sind mittlerweile über 60 Jahre alt. Mehrere regionale Vespa Clubs gründeten 1952 den „Vespa Club von Deutschland“, um ein Clubleben unter einem gemeinsamen Dach aufweisen zu können. Einer der Gründungsmitglieder war J. O. Hoffmann, Inhaber der Düsseldorfer Hoffmann Werke, die ab 1950 bereits in Lizenz von Piaggio Modelle in Deutschland produzierten. Auf der Sitzung 1952 wählten die Anwesenden zu ihrem ersten Präsidenten in der Vereinsgeschichte Ernst August Prinz zur Lippe. Seit 2011 leitet der im Rheinland lebende Wirtschaftsinformatiker Uwe Bödicker die Geschicke des „Vespa Club von Deutschland e.V.“ (VCVD).

Im Sommer 2012 feierten die Vespa Freunde in großem Rahmen ihren 60. Geburtstag und trafen sich zum „1. German Vespa Days“. Der Erfolg war so groß, dass seitdem alle 2 Jahre die „German Vespa Days“ stattfinden. In der westfälischen Stadt Herten traf man sich aktuell auf dem Gelände der „Zeche Ewald“ zu den „2. German Vespa Days“. Hier fanden auch die Turnierläufe zur Deutschen Vespa Turniermeisterschaft statt. Es gibt einen Tagessieger. Gesamtsieger ist, wer in den 4 bis 5 stattfindenden Vespa Treffen, die über ganz Deutschland verteilt sind, am Ende die meisten Punkte auf sich vereinen kann.

Vespa VespaRoll Neben den Fachgesprächen dienten die „2. German Vespa Days“ auch zum Tauschen: So hat einer ein Ersatzteil übrig und tauscht es gegen ein anderes Vespa Ersatzteil, dass er unbedingt benötigt. Die beiden großen christlichen Kirchen nahmen auch an dieser Veranstaltung teil, in einer „Ökumenischen Rollerandacht“ erhielten Fahrer und Maschinen den Segen von „ganz oben.“

Im ReiseTravel Gespräch betonte Präsident Uwe Bödicker „In Deutschland gibt es 152 Vespa Clubs. Am Klischee des Mannes auf 2 Rädern scheint etwas „dran zu sein, ich möchte mich nicht genau festlegen, aber so zwischen 75 bis 80 Prozent der Vespa Fahrer sind Herren“.

Der Präsident führt sein Amt ehrenamtlich. „Im gemeinnützigen Verein sind alle Berufsschichten vereinnahmt. Wir haben Bergleute unter uns genauso wie Ärzte und Hochschulprofessoren. Schließlich fährt man Geschichte, wenn Du auf der Vespa sitzt. Die Fahrer erleben dazu den mediterranen Flair. Viele Spielfilme aus dem Mittelmeerraum haben als Darsteller auch die Vespa engagiert. Es zeigt sich doch heutzutage in der Werbung und das ist ja kein Zufall, sondern Absicht: Eine große italienische Kaffeemarke wirbt mit einem Vespa Fahrer. Dieser legt einen Pausenstopp ein und gönnt sich eine Tasse Cappuccino. Sie können sich ja denken, wir Vespa Freunde sehen solche Plakate und Werbespots im Fernsehen sehr gerne“. Es gibt sogar einen Gruß unter Vespa Fahrern, der da lautet „VespaRoll“. So soll ausgedrückt werden, der Verkehrsteilnehmer möge gut ans Ziel ankommen. „Wir sind auch hilfsbereite Menschen mit einem Ehrenkodex. Bleibt ein Vespa Fahrer mit seinem Roller auf der Autobahn liegen, wegen eines Defekts und steht einsam und verlassen am Standstreifen, halten andere Vespa Freunde an, um zu helfen“. Der Vereinspräsident blickt schon in die nächsten Jahre voraus und kann über internationale Vespa Treffen berichten. 2015 findet das Treffen in Kroatien statt. 2016 in Frankreich und 2017 in Celle in Niedersachsen.

Der Präsident kann unter Beweis stellen, das die Männerdomäne Vespa seinerzeit schon von Damen durchweicht wurde. Auf die Frage, wie er zur Vespa kam, antwortete Uwe Bödicker: „Vor einigen Jahren traf ich eine nette, sympathische Dame, die Vespa fuhr, diese Frau hat mich mit dem Vespa Virus regelrecht infiziert. Seit vielen Jahren ist die besagte Vespa Fahrerin meine Gattin“. www.vcvd.de

ReiseTravel Fact: Vespa Fahren ist eine besondere Freiheit auf zwei Rädern. Das Fahrgefühl lässt die Besitzer nicht mehr los, das belegen Teilnehmer, die aus vielen europäischen Ländern beim Treffen in Herten zu sehen waren.

Ein Beitrag mit Foto für ReiseTravel von Volker T. Neef.  

Volker T. Neef ReiseTravel.euUnser Autor berichtet aus der Bundeshauptstadt und ist in Berlin wohnhaft.

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