Ulm | Conrad Dietrich Magirus |
Im Zeichen des Ulmer Münsters steht die Firma Magirus
150 Jahre Magirus: Wir schreiben das Jahr 1864. In Ulm legt Conrad Dietrich Magirus den Grundstein für das Unternehmen, das seinen Namen trägt und heute weltweit für Feuerwehrfahrzeuge aus Deutschland steht. In diesen Tagen wird in Ulm das 150-jährige Firmenjubiläum gefeiert – vor allem auch von und mit Feuerwehrleuten sowie mit allerlei alten Lastwagen.
Magirus ist Kommandant der von ihm in Ulm gegründeten Freiwilligen Feuerwehr. Bei den Brüdern Eberhardt, einem Schmied und einem Wagner, lässt er 1864 von ihm selbst konstruierte Feuerwehrspritzen und Leitern fertigen. Im April 1867 inseriert er die Produkte erstmals in der Deutschen Feuerwehrzeitung. Seine im Jahre 1872 entwickelte Zweirad-Schiebleiter, auch als „Ulmer Leiter“ bekannt, kann auf bis auf 14 Meter Steighöhe ausgeschoben werden, drei Jahre später folgt die Patent-Leiter. Im Jahre 1881 beginnt Magirus neben seinem Wohnhaus mit der Herstellung von Feuerwehrgeräten. Auch seine Söhne Heinrich, Hermann und Otto arbeiten in der Firma mit. 1893 wird die erste Drehleiter mit einer Steighöhe von 25 Metern vorgestellt, ausgestattet mit einem Drehturm.
Conrad Dietrich Magirus stirbt am 26. Juni 1895 in Ulm. Noch kurz vor seinem Tod versetzt er seine Angehörigen mit zukunftsweisenden Plänen in Erstaunen. „Ihr könnt sagen, was ihr wollt. Wir müssen die Ersten sein, die unsere Feuerspritzen und Leitern auf diese Stinkkästen montieren. Wir dürfen nicht die Letzten sein.“ Und so geht es dann auch folgerichtig ab 1903 für das Unternehmen in eine völlig neue Ära. Die Feuerwehrgerätefabrik C. D. Magiers präsentiert die erste selbstfahrende Dampf-Feuerspritze. Bereits ein Jahr darauf bestellt die Freiwillige Feuerwehr in Budapest eine Autospritze mit Benzinantrieb. Eine Steighöhe von 26 Metern hat die 1906 gebaute Auto-Drehleiter auf einem benzinbetriebenen Morris-Fahrgestell.
Am 11. Juli 1911 wird die Feuerwehrgerätefabrik C. D. Magirus OHG in eine mit 1,5 Millionen Mark Kapital versehene Aktiengesellschaft umgewandelt. In Ulm wird für den Bau von Werk II ein Grundstück erworben. Im Jahre 1916 entsteht eine Automobil-Drehleiter, alle Leiterbewegungen – auch die Drehbewegung – werden vom Motor angetrieben. Im gleichen Jahr – dem Todesjahr von Heinrich Magirus, Sohn des Firmengründers – wird das erste Lkw-Fahrgestell von Magirus entwickelt. Der 3C geht ein Jahr darauf als Drei-Tonnen-Fahrgestell mit einem 40 PS leistenden Motor in Produktion. Das Firmenlogo, ein M mit dem stilisierten Turm des Ulmer Münsters, entsteht.
Die Fertigung von Omnibussen startet 1919, ein Jahr darauf firmiert das Unternehmen als Magirus Feuerwehrgeräte GmbH. Mit einer Steighöhe von 38,4 Metern ist die 1931 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Berlin gezeigte Auto-Stahl-Drehleiter die höchste der Welt. Obendrein startet Magirus den Bau von Dieselmotoren. 1936 kommt Magirus als Werk Ulm zur Klöckner-Humboldt-Deutz AG. Im Zweiten Weltkrieg wird das Werk I fast zur Hälfte zerstört, Werk II gar zu 85 Prozent.
Mit der Fertigung von Tanklöschfahrzeugen startet 1948 der Wiederaufbau des Unternehmens und seiner Produktionsstätten. Satte 52 plus zwei Meter Steighöhe markieren 1951 den Spitzenwert für die höchste Drehleiter der Welt, die wieder mal aus Ulm stammt. Der 10.000ste Lkw aus der Fertigung in der Nachkriegszeit verlässt das Werk, die Produktion der legendären Magirus-Deutz Rundhauber läuft an: Als S 3500 in der 3,5-Tonnen-Klasse und als S 6500 in der Gewichtskategorie von 6,5 Tonnen. Für die luftgekühlten Antriebsaggregate musste kein voluminöser Kühler unter der Motorhaube versteckt werden, so wird die Rundhaube zum stilistischen Merkmal der Fahrzeuge. Wie beim Käfer gilt auch beim Lkw: Luft kocht nicht, Luft friert nicht. Die Motoren sind von minus 40 bis plus 60 Grad Celsius einsatzbereit. Dennoch sprechen manche Zeitgenossen, die mit den Magirus unterwegs sind, nicht von luft-, sondern eher von lärmgekühlten Motoren. Dennoch erlangen vor allem die Lkw von Magirus nach dem Zweiten Weltkrieg für den Wiederaufbau Deutschlands große Bedeutung, insbesondere im Bausektor, aber auch im Fern- und Verteilerverkehr.
Zum 100-jährigen Jubiläum von Klöckner-Humboldt-Deutz übernimmt der Konzern im Jahre 1964 das Firmenlogo von Magirus als Warenzeichen. Ein Jahr später präsentiert Magirus den Arbeitskorb für Drehleitern, der an die Leiterspitze eingehängt und bis zu 170 Kilogramm tragen kann. Ab 1968 bestimmt die Generation der Frontlenker-Fahrzeuge bei Magirus das Erscheinungsbild. Im Jahre 1969 entsteht im Industriegebiet Donautal bei Ulm ein neues Lkw-Werk, dort ist noch heute der Firmensitz beheimatet.
Schweres Gerät aus Ulm, das sind die „deutschen Bullen“, die Laster von Magirus-Deutz. Im Jahre 1974 bekommen die Ulmer einen Riesenauftrag aus der damaligen Sowjetunion: Beim Klassenfeind werden 10 000 Lkw geordert, angetrieben mit luftgekühlten Dieselmotoren. Die „Bullen“, als die das Unternehmen seine Lkw damals vermarktet, werden beim Bau einer gigantischen Eisenbahnlinie, der gut 3.000 Kilometer langen Baikal-Amur-Magistrale in Sibirien, eingesetzt.
Die Iveco Nutzfahrzeug AG - Iveco steht für Industrial Vehicles Corporation - wird von Fiat und KHD im Jahre 1975 gegründet. Magirus wird aus der KHD-Gruppe gelöst und zur Magirus-Deutz AG umgewandelt. Schließlich firmiert die Magirus-Deutz AG im Jahre 1983 zur Iveco Magirus AG um. Die neue Generation von Feuerwehr-Fahrzeugen in Frontlenker-Bauweise folgt ein Jahr später. 1989 begeht Magirus, zusammen mit rund 50.000 Besuchern beim Tag der offenen Tür, sein 125-jähriges Firmenjubiläum.
Die Umstellung von luft- auf wassergekühlte Motoren erfolgt 1993, auf Basis des Iveco Eurocargo wird die neue Generation von Brandschutz-Fahrzeugen unter dem Namen Eurofire der Öffentlichkeit vorgestellt.
ReiseTravel Fact: Satte 43 Tonnen wiegt der Super Dragon x8 Evolution, den Magirus im Jahre 2008 an die US-Army nach Mannheim ausliefert. An Bord sind 12.500 Liter Wasser, 1.500 Liter Schaummittel und eine Tonne Löschpulver. Vier Jahre darauf zeigt Iveco Magirus die Flughafen-Löschfahrzeuge Dragon x6 und Dragon x8. Das Werk in Ulm-Donautal wird zum Brandschutz-Kompetenzzentrum ausgebaut. Rund 40 Millionen Euro werden nach 2012 und der Einstellung der Lkw-Produktion in den Umbau des Ulmer Werks zum Produktionsstandort für Feuerwehr-Fahrzeuge investiert. Auf vier Montagestraßen baut Magirus dort jetzt Löschfahrzeuge für den Einsatz in aller Welt. Mehr als 1.700 Mitarbeiter sind heute dort beschäftigt. Am 28. September 2013 wird die neue Montagehalle für Löschfahrzeuge offiziell übergeben. Seit 2013 sind die Ulmer überdies Teil des Industrieverbundes CNH - Case New Holland.
Ein Beitrag für ReiseTravel von Gerhard Prien.
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