Bad Harzburg | Aussichtsreich auf dem Burgberg |
Im Harz, da ist es wunderschön, da steht ein Köhlerhaus und ist eine Reise wert
Reichskanzler Fürst Bismarck´s markige Worte: „Nach Canossa gehen wir nicht!“, das sagte Reichskanzler Fürst Bismarck im deutschen Reichstag am 14.05.1872, als ein Vorschlag von Kaiser Wilhelm zur Besetzung eines Gesandten bei der päpstlichen Kurie vom Papst abgelehnt wurde. Dahin will ich auch gar nicht, sondern nur an den Rand des 485 Meter hohen Burgberges von Bad Harzburg, um die schöne Aussicht zu genießen. Und ebenda steht die 1877 errichtete Denksäule mit dem genannten Spruch. Sehr weit geht der Blick ins Harzvorland, irgendwo in der Mitte verlief mal die innerdeutsche Grenze. Es ist strahlender Sonnenschein (noch), an anderer Stelle eröffnet sich der Blick auf Bad Harzburg, auf die Therme, die Eislaufbahn, schöne alte Häuser, drei hässliche Blocks aus den ´70er Jahren und auf die B4, die (leider) mitten durch die Stadt geht. Weiter oben wandert der Blick auf die Berge des Harzes bis hin zum Brocken. Auf den Burgberg kommt man nur zu Fuß in etwa 30 Minuten oder mit der schon 1929 errichteten Seilbahn, die seither mehr als 25 Millionen Gäste transportiert hat. Die Gondeln fassen 18 Reisende und in 3 Minuten ist man oben und steht auf historischem Grund seit dem 8. Jahrhundert. Da stand der Überlieferung nach die Statue des sächsischen Götzen Krodo, der heute als Nachbildung aus Metall am Rande steht.
Der wehende Rockschoß steht für die Luft, sein Korb für die Erde, das Rad in der Hand für die Sonne und der Fisch unter seinem Fuß für das Wasser, also für die vier Elemente. Erklärt hat das der kompetente Bergführer Horst Woick, der mir nun auch die Historie des Burgberges näher bringt. Kaiser Heinrich IV., jener König der 1077 den Gang nach Canossa zu Papst Gregor VII. antrat, um sich zu unterwerfen und seinen Kirchenbann zu lösen, ließ 1065 hier eine Burg errichten, die aber schon 1074 von den Sachsen wieder zerstört wurde. Barbarossa ließ sie 1180 wieder aufbauen und machte sie zur Reichfestung, im Pulverturm wurden die Reichsinsignien aufbewahrt. Kaiser Otto IV. starb 1218 in der Burg, die 1650 schon wieder abgerissen wurde. So gibt es heute nur noch die Grundmauern und andere Reste zu sehen, um die sich engagiert der Förderverein Historischer Burgberg kümmert.
Aussichtsreich auf historischem Boden
Nach so viel Geschichte kümmere ich mich nun um die reale Gegenwart und ein ganz neues Gebäude: „Plumbohms Aussichtsreich Gast- und Logierhaus auf dem Burgberg“ der Familie Junicke. Das wurde 2014/15 nach historischen Vorlagen der 1840er Jahre erbaut, hat 11 gemütliche 5-Sterne-Bio-Suiten, jede ist ein wenig anders eingerichtet und bieten viel Platz mit sehr viel Wohlfühl Atmosphäre. Da verbringt man gerne ein paar ruhige Tage, zumal – wenn die Tagestouristen weg sind - man hier oben ganz alleine ist. Ein natürlicher Schwimmteich und ein Dach Whirlpool sind in Planung. Draußen gibt es für gut 80 Gäste einen Kaffeegarten, drinnen können in der „Guten Stube“, dem „Kaminzimmer“ und dem „Kabinett“ insgesamt 90 Gäste die gute Küche genießen. Der biologische Lebensstil bleibt auch dort dank der regionalen und ökologisch angebauten Lebensmittel erhalten. Ich lasse mich mit regionaler Harzküche inklusive Produkten aus der „Fräulein Heimat Küche“ verwöhnen und genieße ein vorzügliches Mittagessen. Danach wird es offiziell, es findet die Einweihung statt. Der Inhaber erklärt sein Konzept wortreich, der Geistliche wirkt segensreich, die Honoratioren sind zahlreich, die Stimmung ist gut im Aussichtsreich. Draußen hat es sich inzwischen zugezogen, eigentlich will ich gar nicht raus, aber der Bergführer hat noch eine ganz besondere Überraschung für mich, die „Harzsagenhalle“ mit dem erstaunlichen Sagenschrein.
Harz Sagen Schrein
Die Goslarer Künstler Eduard und Franz Bergmann (Vater und Sohn) schufen das Kunstwerk und die Halle 1928 bis 1932. Das Projekt verschlang die für die damalige Zeit unglaubliche Summe von 30.000 Goldmark. In künstlerisch hochwertiger und detailverliebter Arbeit schufen die Künstler 125 Skulpturen aus Marmor, die die 14 Szenenfenster bevölkern und die Harzer Sagenwelt zu Leben erwecken. Besonders erwähnenswert auch aus der Sicht des Restaurators und der Denkmalpflege ist die enorme konzeptionelle Arbeit. Die Harzsagenhalle blieb etwa ab den 1960er Jahren über Jahrzehnte geschlossen, die Anlage verfiel, bis es zur Wiedereinweihung im August 2014 kam. In einigen Fällen ist es heute nicht leicht nachzuvollziehen, welche Sage Vater und Sohn Bergmann inspiriert haben mag. Viele Sagen kommen in Varianten in verschiedenen Orten vor, zu anderen lässt sich heute kaum noch etwas finden. In solchen Fällen stützen sich die Darstellungen auf einem Tondokument: Es ist ein Mitschnitt der letzten Führung, in deren Rahmen Charlotte Lison selbst die Sagenwelt und die Intentionen ihres Mannes erläutert. Fasziniert schaue ich mir das sagenhafte Ensemble mit 125 filigran gestalteten Marmorfiguren in fantastischer Kulisse an. Das könnte man stundenlang tun, immer wieder finde ich interessante Einzelheiten.
Winterlicher Bummel durch Bad Harzburg
Draußen hat sich Wind zum Sturm entwickelt, aber der Bergführer will mich noch durch Bad Harzburg führen, dunkle Wolken künden Niederschlag an. Wir gehen durch die Fußgängerzone, eingerahmt von mächtigen Kastanien. Auf dem Jungbrunnen in der Stadtmitte gibt es springenden Pferde und lustige Gnome. Zahlreiche Geschäfte bieten mit viel Rabatt an, allerdings zeigt sich auch einiger Leerstand, leider ist das Geschäft mit den Spezialitäten vom Harz schon geschlossen. Cafés und Restaurants laden mit Sonderangeboten zum Verweilen ein. Das kleine Flüsschen im Kurpark, wo Rasen betreten ausdrücklich gewünscht wird, die Radau, macht ihrem Namen so gar keine Ehre. Die Bad Harzburger Sole-Therme mit Sauna-Erlebniswelt wäre jetzt mit dem schönen warmen Wasser eine attraktive Alternative oder vielleicht die Spielbank Bad Harzburg? Es hat angefangen zu schneien, wir schauen uns noch einige schöne alte Häuser, z. T. aus Holz und Villen aus der Gründerzeit an. Insgesamt scheint die Stadt irgendwo in der Zeit stehen geblieben zu sein, vielleicht liegt es auch am Januar, der so gar keine Saison ist. Unterkunftsmöglichkeiten gibt es viele, von der einfachen Pension bis hin zum guten Hotel.
Plumbohms Bio-Suiten-Hotel in Bad Harzburg
Und da zieht es mich jetzt hin, es ist wirklich kalt geworden. Ich wohne im „Plumbohms Bio-Suiten-Hotel“ der Familie Junicke, eben die vom Aussichtsreich oben auf dem Burgberg, auf den ich am Abend noch einmal hinauf will. „Plumbohm“ steht übrigens für „Pflaumenbaum“. Das Hotel fällt schon von außen auf, die Fassade ist ein Wortmuseum, bedeckt mit Worten, die aus der Mode gekommen sind, wie: Fracksausen, Hagestolz, Heiermann, Katzentisch, Sonntagsstaat, Wiegenfest usw. Im Hotel gibt es zu deren Erklärung ein Faltblatt. Mein Appartement ist schön eingerichtet, großzügig geschnitten, viel Eichenholz, natürliche Lehmfarben, einen gefüllten Bücherschrank und einen (!) Plattenspieler mit einem Stoß Langspielplatten, allerdings ist die Auswahl schon arg Retro. Ich mache den Kaminofen mit Feuerholz an, schön entspannend ist das, für die Sauna im Wellness-Bereich auf der Dachterrasse reicht die Zeit aber leider nicht, ich fahre wieder mit der Seilbahn zum Burgberg hinauf. Inzwischen tobt ein profunder Schneesturm und die Seilbahn schwankt auf dem Weg nach oben, die paar Meter zum Aussichtsreich werden zum Kampf mit den Elementen.
Party mit Zapfanlage
Jetzt ist Party angesagt, das Eröffnungsbuffet ist grandios, alles sehr delikat und einfallsreich, wenn das im täglichen Betrieb später so bleibt, ist es auch ein Weiteres anziehendes Highlight. Endlich Gelegenheit, die süffigen Biere des Harzes auszuprobieren, oder den Sekt und die Weine vom Kloster Pforta Landesweingut Saale Unstrut, auch die Spirituosen locken. Der Raucher muss vor die Tür in den Schneesturm, der Windfang schützt etwas. Und er wird auch belohnt, da steht eine kleine Zapfanlage und auf Knopfdruck füllt sich das Glas mit dem regionalen Kräuter-Halb-Bitter. „Schierker Feuerstein“, so oft man will. Die letzte Seilbahn zurückgeht gegen 22 Uhr, auf dem Weg dahin durch den nun dichten Nebel wirkt alles so geheimnisvoll, lief da nicht gerade die „Weiße Frau vom Burgberg“ vorbei, oder klapperte „Krodo“? Woran das wohl liegen mag?
Info Möglichkeiten: www.plumbohms.de/aussichtsreich - www.plumbohms.de - www.bad-harzburg.de - www.harzsagenhalle.de
Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Wolfgang Grüner
Unser Autor Wolfgang Grüner ist freier Journalist für Touristik, Kulinarik und Musik und lebt in Köln.
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