Berlin

Joachimsthal – mal mit, mal ohne „h“ – in Berlin ist manches möglich

Lieb gewonnene Schreibfehler: Der im brandenburgische Landkreis Barnim gelegene Ort Joachimsthal hat heutzutage um 3.300 Einwohner und im Berliner Bezirk Charlottenburg Wilmersdorf ist eine Straße nach dem Ort benannt. Diese besagte Straße hat eine Länge von knapp 680 Metern. Sie führt von der Hardenbergstraße am Bahnhof Zoo vorbei, geht an der Kantstraße entlang, führt vom Kurfürstendamm über die Lietzenburger Straße bis an die Grenze des Ortsteils Wilmersdorf. In Wilmersdorf weist diese Straße noch eine Länge von 80 Metern auf, sodass die Gesamtlänge 750 Meter beträgt.

Joachimsthal oder JoachimstalBekannt ist die Straße auch dadurch, das hier der aus den Reihen der SPD stammende und 1871 geborene Reichspräsident Friedrich Ebert am 28. Februar 1925 in einem Sanatorium verstarb. Heute steht an dieser Stelle ein Geschäftshaus. Eine Gedenktafel erinnert an den Prominenten, der hier die letzten Augenblicke seines Lebens verbrachte. Bekannt ist die Straße bis heute auch durch das jüdische Gebetshaus. Die „Zentrale Orthodoxe Synagoge“ befindet sich hier, vor dem Gotteshaus stehen immer bewaffnete Polizeibeamte.

Das ganz außergewöhnliche an dieser Straße ist die Schreibweise, obwohl der Ort Joachimsthal geschrieben wird, ist die Berliner Schreibweise Joachimstal, das „h“ fehlt, das besagte „h“ fehlt auch beim „Joachimstaler Platz“, der an der Joachimstaler Straße liegt und eine Verkehrskanzel beherbergt, die unter Denkmalschutz steht.

Seit 1887 trägt diese Straße den Namen und hatte bei Namensgebung das „h“ mit sich geführt. Ende der 20er, Anfang der 30er Jahre, das genaue Datum können selbst Heimatforscher nicht mehr benennen, fehlte das „h“ ganz bewusst.

Hintergrund dieser Korrektur war eine Konferenz von Sprachwissenschaftler der deutschen Sprache, die 1901 stattgefunden hatte. Damals wurde beschlossen, auf ein „t“ solle kein „h“ folgen, somit fehlte fortan das „h“ in der Joachimst(h)aler Straße. Belegt ist, das damals sowohl Geschäftsleute als auch Anwohner gegen die Umbenennung bzw. gegen die Streichung des „h“ sich aussprachen. Die Sprachwissenschaftlerkonferenz 1901 hatte ausdrücklich gesagt: Eigennamen seien von der Streichung „h“ wenn „t“ vorausgeht nicht betroffen.

Die „Schaperstraße“ mündet von der Joachimstaler Straße ab und führt zur „Freien Volksbühne“. In einem Hinweisschild unterhalb des Straßenschildes wird der Name Schaper erklärt. Sie erinnert an den ehemaligen Leiter des „Joachimsthalischen Gymnasiums“, Karl Julius Heinrich Schaper. Hier hat also das besagte Joachimsthal das „h“ in der Schreibweise.

2013 kam Bewegung in diese Angelegenheit. Kommunalpolitiker aus Jochimsthal sprachen beim Bezirksamt Charlottenburg Wilmersdorf vor und baten um Korrektur.  Anfang 2014 sagte Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD) zu, für eine Veränderung: Also Korrektur der Korrektur, werde demnächst das Bezirksparlament und dann das Bezirksamt sorgen. www.joachimsthal.de - www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf.de

ReiseTravel Fact: Die letzten Monate der Joachimstaler Straße scheinen gekommen zu sein. Sprechen sich die Bezirksverordneten des Bezirks demnächst für die Wiedereinführung des „h“ aus, bekommt die Straße ihre bereits 1887 gegebene Schreibweise zurück. Große Sorgen müssen die Anwohner und Geschäftsleute nicht haben. Briefe und Pakete finden den Empfänger, ob die Straße nun das „h“ hat oder nicht. So können Anwohner auch berichten, das umgekehrt, wenn also Briefe und Pakete schon seit Jahren das altbewährte „h“ in der Anschrift führten, kamen die Sendungen zuverlässig an.

Ein Beitrag mit Foto für ReiseTravel von Volker T. Neef.  

Volker T. Neef ReiseTravelUnser Autor berichtet aus der Bundeshauptstadt und ist in Berlin wohnhaft.

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