Berlin

Clärchens Ballhaus

Ein Stück altes Berlin: Wer Berlin besucht, besucht bestimmt auch die Synagoge in der Oranienburger Straße mit ihrer weithin leuchtenden goldenen Kuppel. In der Auguststraße, einer Seitenstraße vor der Synagoge befindet sich „Clärchens Ballhaus“, das täglich ab 10.00 Uhr geöffnet ist und warme Küche bis 23.30 Uhr anbietet, vor allem die Berliner „Spezialitäten“: Bockwurst, Bulette und Kartoffelsalat. Allerdings ist dann noch lange nicht Schluss. Es wird „geschwoft“ bis in den frühen Morgen. Schließlich heißt es ja auch „Ballhaus“.

Clärchens Ballhaus ist eine Institution seit 1913 als die Kaltmamsell Clärchen zusammen mit ihrem Lebenspartner Fritz Bühler das Haus eröffnete. Allerdings fiel Fritz Bühler schon ein Jahr darauf im Ersten Weltkrieg an der Westfront. Clärchen Haberland lebte bis 2003. Inzwischen hatte ihre Stieftochter Elfriede Wolff das Lokal übernommen und ab 1979 ihr Sohn Stefan Wolff zusammen mit seiner Frau Monika. Das Haus in der Auguststraße überstand als Familienbetrieb die Wirren der Zeit und auch die Deutsche Demokratische Republik. 2005 erfolgte ein Besitzerwechsel. Jetzt sind Christian Schulz und David Regehr die Hausherren. Auf einem Hinterhof gelegen, kommen nach wie vor die Stammgäste aus allen Himmelsrichtungen, sogar aus Frankfurt (Oder), Fürstenwalde oder Brandenburg. Getanzt wird jeden Abend auf der etwa 100 qm großen Tanzfläche im Untergeschoß. Jeden Abend steht ein anderer Tanz im Mittelpunkt: Salsa, Tango Swing oder Chacha. Freitag und Samstag spielt eine Live-Tanzkapelle. Hier tanzen junge Leute, Ehepaare, ältere Herren, die Anschluss suchen, und Freundinnen, die sich miteinander amüsieren. Schon Alfred Döblin ließ in seinem Roman „Berlin Alexanderplatz“ seinen Franz Biberkopf in Clärchens Ballhaus zum Tanz gehen. Heinrich Zille hatte einen Stammplatz und zeichnete; Otto Dix malte das heute noch für die Werbung des Hauses verwendete Plakat.

Über eine schmale Treppe ist der in der ersten Etage gelegene Spiegelsaal zu erreichen, wo Empfänge und Feste, Konzerte, Theateraufführungen und Lesungen stattfinden. Große Spiegel an den Wänden gaben dem Saal seinen Namen. Sie sind jedoch dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen, blind und rissig zeugen sie noch von einstiger Eleganz. Von den goldenen Stuckleisten sind lediglich Bruchsstücke vorhanden, die Saaldecke weist große Wasserflecke auf, nur ein einziger Kronleuchter spendet diffuses Licht, dass bei Veranstaltungen durch Kerzenschein eine geheimnisvolle Ergänzung erhält. Der Spiegelsaal in „Clärchens Ballhaus“ ist unverändert und unrenoviert, trotzdem prächtig und einmalig in Berlin. Der Besucher wird allerdings stark an die Ballade „Des Sängers Fluch“ von Ludwig Uhland erinnert: „Die Mauern liegen nieder, die Hallen sind zerstört, noch eine hohe Säule zeugt von verschwundner Pracht; auch diese, schon geborsten, kann stürzen über Nacht“. Das wollen wir jedoch nicht hoffen. 

Ein Beitrag für ReiseTravel von Edelgard Richter / Dela Press.

Edelgard Richter ReiseTravelEdelgard Richter berichtet aktuell zum Thema: B & B intern

 

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