Mandello del Lario

Die Preise starten bei 9.100 Euro für die V7 Stone. Die V7 Special kostet 1.000 Euro mehr

Mit mehr Kraft ins Jubiläumsjahr: Veränderungen werden bei Moto Guzzi traditionell mit Bedacht vollzogen. Das Werksgelände in Mandello del Lario hat unter modernen Produktionsgesichtspunkten betrachtet nach wie vor einen fast historischen Charme. Auch die Technik ihrer Motorräder passen die Italiener eher gemächlich an die Moderne an: Der Markenbestseller V7 beispielsweise ist seit 2008 in seiner jetzigen Form auf dem Markt. 2012 und 2015 gab es erste Updates, 2017 dann die Einteilung in zwei Modellvarianten Stone und Special. Beiden starten jetzt runderneuert in die neue Saison.

Aus „III“ mach „IV“ lautet die interne Formel. Schon vor der großen Geburtstagssause zum 100. Geburtstag am Comer See im September soll die vierte Generation der V7 eine erste Duftmarke setzen. Wichtigste Neuerung ist der formschöne 850er-Zweizylinder in charakteristischer 90-Grad-V-Bauweise. Er beschert der V7 deutlich mehr Power: Das Spenderorgan aus dem Adventure-Bike V85 TT leistet 65 PS (48 kW) und 73 Newtonmeter Drehmoment. Das ist eine Leistungssteigerung von 25 Prozent beziehungsweise fast 22 Prozent, denn bislang waren es 52 PS und 60 Nm. In der Spitze erreicht die Moto Guzzi V7 jetzt 175 km/h, vorher waren es 170 km/h.

Moto Guzzi V7 by ReiseTravel.eu

Moto Guzzi V7

85 Prozent des maximalen Drehmoments liegen Guzzi-typisch bereits ab 3000 Touren an. Bis 5000 Umdrehungen hängt das Twin-Motor bereitwillig am Gas. Sonor und souverän dreht er von unten heraus. Ein Cruiser mit feinen Manieren. Bei 7.500 Touren schlägt der Begrenzer zu – bei der V7 Special auch optisch: Über das Bordmenü kann der Fahrer eine visuelle Warnung beim gewünschten Drehzahlniveau einstellen. „GEAR“ (Gang) blinkt dann leuchtend-rot auf dem kleinen Borddisplay auf und ermahnt geradezu panisch zum Hochschalten.

Der Sound der V7 verwöhnt auch im Euro-5-Zeitalter: Er ist kehlig, kernig, nie prollig, angenehm präsent. Genau der richtige Ton für so ein klassisches Bike. Die Leistungssteigerung und die gut 100 Kubikzentimeter mehr Hubraum bekommen der schlanken Guzzi gut. Nach fast zehn Jahren Antriebsstarre war die Zeit wahrlich reif, der V7 eine Kraftkur zu verpassen. Guzzis Modelloldie gehört zusammen mit der Triumph Bonneville und BMW R Nine T zu den charakterstärksten europäischen Vertretern ihrer Zunft, hing leistungstechnisch aber hinterher.

Das Fahrwerk ist nach wie vor auf eine eher ruhige Gangart ausgelegt. Lastwechsel macht die V7 zwar gutmütig mit. Tückische Fahrbahnaufbrüche und sonstige Asphaltunebenheiten aber reicht sie trotz der neuen, längeren Stereofedern hinten ohne langes Palaver an die Bandscheibe der Fahrers weiter. Die Federelemente der 40-Millimeter-Frontgabel dürften einen Tick straffer zu Werke gehen. Einstellungsmöglichkeiten gibt es nicht: Die 130 Millimeter Federweg vorn und 120 mm hinten müssen es richten. Was sie in der Regel auch tun.

Allzu forsch wird eh kein V7-Käufer seine Maschine bewegen. Gleiten ist das Guzzi-Rasen. Bei nur einer Bremsscheibe vorn – immerhin mit 320 mm Durchmesser – sicher eine weise Herangehensweise. Die Verzögerung der Brembo-Anlage ist adäquat, der Verbrauch moderat: 4,9 Liter auf 100 Kilometer gibt Moto Guzzi an. Das kam bei den Testfahrten im Hinterland von Rom auch ganz gut hin. Die meisten Tester lagen beim recht ambitionierten Testride durch Lazio bei 5,3 bis 5,5 l/100 km.

Optisch ist sich die Moto Guzzi V7 natürlich treu geblieben: Ein klassischer Roadster mit auffällig ausgeformtem Tank. 21 Liter passen hinein. Das ist Klassenrekord und ermöglicht rein rechnerisch 400 Kilometer ohne Tankstopp. Die Seitenteile haben die Designer neu gezeichnet, die Sitzbank modifiziert, das hintere Schutzblech coupiert. Das Reifenprofil darunter wächst auf 150/70 an bei 17 Zoll großen Rädern. Das Vorderrad rollt weiterhin mit Reifen der Dimension 100/90 auf einem 18-Zoll-Rad. Beide V7-Versionen gibt es auf Wunsch auch mit 48 PS.

Die eher „moderne“, puristische V7 Stone richtet sich primär an urbane Fahrer. Die Ausstattung ist auf der Höhe der Zeit: Voll-LED-Scheinwerfer, Tagfahrlicht im Design der Guzzi-Adlerschwinge, Leichtmetallräder mit sechs Doppelspeichen, mattschwarze Anbauteile samt Auspuffanlage. Ein schöner Designgag: Das LCD-Rundinstrument trägt kecke kleine Flügelchen, in denen die Blinkeranzeige steckt. Besonders hip ist die V7 Stone als Jubiläumsmodell „Centenario“: Tank im Alu-Look, goldenes Markenlogo, braune Ledersitzbank, mattgrüne Kotflügel und Seitenteile. Der Look ist eine Hommage an die Rekordmaschine Moto Guzzi 8 Cilindri von 1955. Alternativ gibt es die V7 Stone in den Farbtönen Orange Rame, Blau Ghiaccio und – ganz alte Schule – Schwarz Ruvido, ebenfalls matt.

Die V7 Special zielt mit ihrem Chromlook eher auf Nostalgiker: Klassische Speichenräder, verchromte Spiegel, Chrombügel am Heck, verchromte Auspuffrohre, dazu zwei analog anmutende Rundinstrumente und statt des modernen LED-Lichts ein normaler H4-Scheinwerfer. Dessen Lichtausbeute kann in keiner Weise mit dem Hightechstrahler der Stone mithalten. Die Lichtausbeute erinnert eher an die Ur-V7 von 1967. Als Farben stehen Blau Formale und Grau Casual zur Wahl. Ganz traditionell.
Die Preise starten bei 9.100 Euro für die V7 Stone. Die V7 Special kostet 1.000 Euro mehr. Für Reiselustige hat Moto Guzzi Anbauteile wie ein großes Windschild und diverse Gepäcktaschen im Zubehörangebot. Die Zuladung des 218 Kilogramm schweren Retro-Bikes (V7 Special: 223 kg) beträgt immerhin 210 Kilo. Nicht schlecht für einen „Oldie“.

Moto Guzzi V7 Stone
Motor: 90°-V2-Viertaktmotor, 853 ccm, luftgekühlt
Leistung: 48 kW / 65 PS bei 6800 U/min
Max. Drehmoment: 73 Nm bei 5000 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 175 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: k.A.
Getriebe: sechs Gänge
Antrieb: Kette
Tankinhalt: 21 Liter
Sitzhöhe: 780 mm
Gewicht: 218 kg (fahrbereit)
Normverbrauch: 4,9 l/100 km
CO2-Emissionen: 119 g/km
Testverbrauch: 5,5 l
Bereifung: 100/90 ZR18 (v.) / 150/70 ZR17 (h.)
Preis 9.100 Euro (zzgl. NK)

Ein Beitrag für ReiseTravel von Ralf Bielefeldt.

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